Zerstörter Traum vom Ruhm
Haare. Es war, als lege sie damit alle Erschütterung ab. »Du wirst zunächst 10.000 Mark bekommen, um die beiden anderen Frauen auszuzahlen. Über unsere 4.000 Mark reden wir auch noch! Diese große Summe aber kannst du dir nur leihen.«
»Wer leiht einem gestrandeten Schriftsteller und kleinen Drogisten 10.000 Mark? Keine Bank, keine Kasse – niemand!«
»Es gibt Privatmänner, die Geld verleihen. Ich werde für dich bürgen!«
»Du?« Poltecky wollte auf Erna zulaufen, aber mit einer energischen Armbewegung wehrte sie ihn ab.
»Keine Rührszenen, Franz! Und keine falschen Töne! Ich bin irgendwie über alles hinweg. Du hast es schnell und schmerzvoll gemacht, hart, brutal, ehrlich. Es war vielleicht gut so. Nun sollten wir nüchtern sein und auf alle Gefühlsduseleien verzichten. Also – ich würde für dich bürgen bei einem privaten Geldverleiher. In Bonn kenne ich einen. Subelkian heißt er. Ein Armenier, der mit Teppichen handelt. Aber größere Geschäfte macht er mit seinen Gläubigern. Er nimmt wahnsinnige Zinsen – aber er hat Zeit. Je später man zurückbezahlt, um so länger schluckt er Zinsen. Zu ihm werden wir gehen.«
»Zu einem Halsabschneider?«
»Es geht so oder so um deinen Hals!« sagte sie grob. »Es ist nur ein Hinauszögern.«
Arkan Subelkian lebte zwischen seinen Teppichen, als sei er selbst schon ein gewebtes, buntes Muster.
»Einen Teppich, die Herrschaften?« fragte er. »Oder eine Brücke? Ich habe einen entzückenden Keshan bekommen! Ein Sammlerstück!«
Erna Vorwerck holte tief Atem.
»Wir wollten Sie privat sprechen, Herr Subelkian«, sagte sie.
»Geld?« fragte Subelkian knapp. Er musterte Poltecky.
»Ja.« Poltecky sah ihn offen an. »Ich bin in einer Zwangslage, Herr Subelkian. Ich hoffe fest auf Ihre Hilfe.«
»Wer hat Sie an mich verwiesen?«
»Ich nenne ebensowenig Namen wie Sie«, sagte Erna Vorwerck. »Mir ist bekannt, daß Sie Geld verleihen. Ich bin vom Auswärtigen Amt.«
»Ich weiß«, lächelte Subelkian. Ernas Kopf zuckte hoch.
»Sie kennen mich?«
»Ich habe nur gesagt: Ich weiß. Es ist mein Nebenberuf, viel zu wissen.« Subelkian sah Poltecky mit den Augen eines Adlers an. Poltecky biß sich auf die Unterlippe. Dieser Blick geht durch das Mark, empfand er. Er ist gefährlich trotz seiner lächelnden Hülle. Er schneidet dir die Gurgel durch, wenn und wann er will. Er hat den Blick einer Schlange, von dem das Kaninchen gelähmt wird.
»Vertrauen gegen Vertrauen«, sagte Subelkian nach seiner scharfen Musterung zu Poltecky. »Sie wollen Geld von mir – und ich will wissen, wozu! Wieviel ist es überhaupt?«
»10.000 Mark«, sagte Erna schnell an Polteckys Stelle.
»Angst haben Sie nicht.« Subelkian lächelte mild. »Für eine solche Summe unternehme ich sonst eine Seelen- und Gehirnwäsche. Aber da Sie nichts sagen, sondern nur das Fräulein spricht, müssen Sie sehr im Druck sein. Erzählen Sie mir, was mit Ihnen los ist.«
In kurzen, knappen Worten schilderte Poltecky die Erlebnisse der vergangenen Wochen.
»Jetzt wissen Sie alles, Herr Subelkian«, sagte er dann gepreßt. »Sie sind mein einziger Ausweg.«
»Die bösen Menschen.« Subelkian schüttelte den Kopf. »Ich möchte Ihnen gern helfen. Sie waren ehrlich zu mir. Ich zweifle nicht einen Augenblick an der Wahrheit Ihrer Geschichte. Aber ich habe soviel Geld nicht hier im Haus. Kommen Sie doch bitte in meine Privatwohnung. Nach Honnef. Höhenweg 11. Morgen um 20 Uhr. Allein!«
»Allein?« fragte Erna argwöhnisch. Subelkian nickte mehrmals.
»Ja. Allein! Ich muß mit Herrn Poltecky das Interne allein aushandeln. Ich halte es nicht anders. Wer etwas von mir wünscht, muß sich meinen Gepflogenheiten anpassen. Sie verstehen …«
»Ich bin seine Cousine.«
»Und wenn Sie die Zwillingsschwester wären – ich möchte allein mit Herrn v. Poltecky die Bedingungen festlegen.«
»Ich bin um 20 Uhr bei Ihnen in Bad Honnef«, sagte Poltecky fest. »Wir werden uns einigen.«
Erna Vorwerck wartete in Bad Honnef im Kurhaus-Restaurant, während Poltecky Arkan Subelkian auf dem Höhenweg 11 besuchte.
Das Haus Nr. 11 war eine moderne flache Villa mit Glaswänden, Sonnenterrassen und einem einzigartigen Blick auf das Siebengebirge und den im Abenddunst breit und silbern dahinfließenden Rhein.
Subelkian saß in einer Hollywoodschaukel auf der mit Marmorplatten belegten Terrasse und trank einen eisgekühlten Tomatensaft, den ein stummer Diener in weißen Pluderhosen und kurzer roter Filzjacke
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