Zerstörter Traum vom Ruhm
sein? Er wußte doch, daß die Firma geplatzt war.«
»Er hat mir sogar Bilder der ersten Szenen gebracht.«
»Dann hat er Sie herrlich betrogen. Verzeihen Sie, wenn ich Ihnen das so grob sage. Es tut mir leid, mein Fräulein. Aber dieser Herr Herwig Walker sitzt seit drei Tagen im Untersuchungsgefängnis, und im Vorzimmer von Kriminaloberinspektor Baumann drängen sich die Gläubiger und Betrogenen wie vor der Kasse eines Fußballstadions. Lesen Sie denn keine Zeitungen?«
»Nein. Ich war nicht in Hamburg. Ich war …« Sie sprach nicht weiter, sondern legte den Hörer zurück.
Franz hatte es gewußt – er hatte es die ganze Zeit gewußt! Irgendwo mußte er die Bilder hergestellt haben, um sie damit zu täuschen. Auch die Fahrt an den Rhein war eine Lüge. Alles, alles war Lüge gewesen – nur die 7.000 DM waren eine Realität, und sie waren verloren. Endgültig verloren. Walker hatte Franz um dieses Geld betrogen, und Franz hatte sie um ihre ganzen Ersparnisse betrogen. Es war eine Welle von Betrug, die über Martina hereinbrach.
Sie legte den Kopf auf die Arme und weinte.
Aber dieses Weinen befreite sie nicht. Es trieb sie in eine Ratlosigkeit hinein, aus der sie keinen Ausweg mehr wußte.
Um ganz sicher zu sein, fuhr sie hinaus nach Blankenese. Das ›Filmatelier‹ war zu einer Großwäscherei geworden. Martina brauchte gar nicht die Halle zu betreten. Ein großes Schild über der breiten Rolltür schrie es ihr entgegen, als sie den Weg hinabkam.
Sie setzte sich an den Rand des Weges auf einen hohen Baumstumpf und starrte vor sich hin.
So klar sie alles sah, so sehr wehrte sie sich dagegen, in Franz einen Lumpen zu sehen. Es war unmöglich, daß ein Mensch, der so lieb sein konnte, so gemein handelte. Er hatte von Liebe gesprochen, sie wollten heiraten, sie hatte ihm alles gegeben, nicht nur ihre sauer ersparten 7.000 DM.
Martina Schneewind fuhr nach Hamburg zurück. Im Polizeipräsidium ließ sie sich bei Oberinspektor Baumann melden und wurde, als sie von Poltecky sprach, sofort vorgelassen.
Ernst Baumann saß hinter einem dicken Aktenberg und erhob sich, als Martina eintrat.
»Sie sind mit Herrn v. Poltecky bekannt?« fragte er.
»Ich bin seine Braut.« Martina setzte sich und legte die Hände gefaltet in den Schoß. »Wir wollten noch dieses Jahr heiraten.«
»Warum sprechen Sie in der Vergangenheit? Hat sich da etwas geändert? Ich frage nicht aus Neugier, sondern rein dienstlich, Fräulein Schneewind.«
Martina hob hilflos die Schultern. Sie war dem Weinen sehr nahe und schluckte, um überhaupt sprechen zu können.
»Ich kann das alles nicht verstehen«, stammelte sie. »Herr v. Poltecky hat mir sogar Bilder der ersten Drehtage gezeigt. Jetzt ist er am Rhein. Dort sollen die Außenaufnahmen stattfinden. Er schreibt begeistert davon. Ich verstehe das alles nicht.«
Kriminaloberinspektor Baumann drückte seine Zigarette aus. »Das ist ja ein tolles Ding! Verzeihen Sie den Ausdruck. Ihr Bräutigam, der Betrogene, spielt vor Ihnen mit Walker mit! Er belügt Sie, er läßt Fotos herstellen, er fährt an den Rhein – und hinter allem steht nichts. Gar nichts! Die Filmfirma war ein Betrug, der Betrüger sitzt sicher bei uns in einer kleinen Zelle – aber Ihr Bräutigam spielt weiter Film! Es ist nicht zu fassen! Wir suchen ihn zur genauen Schadensfeststellung – und was macht er? Anstatt als Betrogener mit den anderen Sturm zu laufen, baut er eine tolle Kulisse auf, vor der er Ihnen ein Theater vorspielt! Warum bloß? Schließlich sind 14.000 Mark keine kleine Summe.«
»7.000 Mark, Herr Oberinspektor. Ich habe ihm 7.000 Mark gegeben.«
»Aber er hat bei diesem Walker 14.000 Mark eingezahlt.«
»14.000 Mark?« Martina Schneewind wischte sich völlig verwirrt über die Augen. »Das kann doch nicht sein. Er hatte kein anderes Geld als … Er hat mir erzählt, daß er …«
»Vielleicht haben wir hier den Schlüssel seines merkwürdigen Komödienspiels.« Kriminaloberinspektor Baumann stand auf und kam um den Tisch herum. »Woher kommen die Briefe?« Er legte der starr auf dem Stuhl sitzenden Martina die Hand auf die Schulter. Sie zuckte unter der Berührung zusammen, als habe man sie geschlagen. »Woher kommen die Briefe?«
»Der Poststempel ist Bad Godesberg.«
»Ich werde sofort mit der Godesberger Polizei in Verbindung treten. In einer Stunde vielleicht schon wissen wir, was man uns hier vorspielt. Entschuldigen Sie mich eine Minute.«
Ernst Baumann telefonierte von einem Nebenzimmer
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