Zerstörter Traum vom Ruhm
aus mit der Polizeistation in Bad Godesberg. Was er erfuhr, ließ ihn in ehrliche Verblüffung fallen. Die Polizei am Rhein sagte nämlich kurz und klar:
»Lieber Herr Kollege, über Franz v. Poltecky können wir im Augenblick keinerlei Informationen geben. Wir haben den strikten Befehl vom Bundesverfassungsschutz, keinerlei Auskünfte über Poltecky hinausgehen zu lassen. Handelt es sich um eine Straftat?«
»Nein«, antwortete Ernst Baumann gedehnt. »Wir suchen ihn als Zeugen.«
»Das hat Zeit, bis der Verfassungsschutz Poltecky freigibt. Stellen Sie alles, was mit ihm zusammenhängt, solange zurück. Ende.«
»Ende«, sagte Baumann. Nachdenklich kam er in sein Zimmer zurück. Martina saß noch immer auf dem Stuhl, so wie er sie verlassen hatte.
»Haben Sie eine Ahnung, daß Ihr Bräutigam sich politisch betätigte?« fragte er Martina und setzte sich wieder.
»Franz? Politisch? Nein – er hat nie darüber gesprochen.«
»Hat er keine Andeutung gemacht? So in Richtung Abwehr?«
»Abwehr?« Martina sah Ernst Baumann verständnislos an. »Wie soll ich das verstehen?«
»Es ist alles sehr geheimnisvoll um Ihren Bräutigam«, sagte Oberinspektor Baumann nachdenklich. »Am besten ist, Sie gehen nach Hause und warten ab. Das ist alles, was ich Ihnen sagen kann: warten, abwarten! Herr von Poltecky wird sich schon melden. Rein privat nur darf ich Ihnen sagen, daß ich mich auch nicht mehr auskenne.«
Martina Schneewind brauchte nicht lange zu warten. Poltecky hatte sich bereits gemeldet, als sie ihre kleine Appartementswohnung betrat und den Etagenbriefkasten öffnete. Ein Brief lag darin. Poststempel Bad Godesberg.
Sie trug ihn, als sei er klebrig, mit den Fingerspitzen in die Wohnung und legte ihn auf den Tisch. Dann wusch sie sich die Hände und saß eine ganze Zeit vor dem länglichen Kuvert. Sie hatte Angst, es zu öffnen. Sie hatte wahnsinnige Angst, neue Lügen zu lesen, neue Liebesbeteuerungen, neue unverständliche Geheimnisse und nicht zu beantwortende Fragen.
Endlich schlitzte sie das Kuvert auf und entfaltete den Briefbogen. Die Anrede ›Mein liebster Liebling‹ erzeugte Übelkeit in ihr. So hatten alle Briefe begonnen – und alle waren Lügen.
Dann las sie weiter. Poltecky schrieb begeistert vom sonnigen Rhein, von dem Fortgang der Dreharbeiten, von seinen Plänen für neue Drehbücher, von der Kameradschaft unter den Darstellern und erzählte sogar einige Anekdoten, die sich bei den Filmaufnahmen ereignet haben sollten.
»In 14 Tagen sind wir wieder in Hamburg«, schrieb er. »Dann geht's zu den Innenaufnahmen ins Atelier. Wenn ich jetzt so alles überblicke, kann ich sagen: Wir haben unser Geld gut angelegt.«
Das war die größte Frechheit. Martina zerknüllte den Brief und warf ihn in die Ecke des Zimmers.
»Lüge! Lüge! Lüge!« rief sie, als könne es Franz v. Poltecky hören. »Was soll ich bloß tun? Was soll ich tun?«
Als sie sich beruhigt hatte, fuhr sie wieder in die Stadt.
Der Schulrat, dachte sie. Vielleicht kann mir der Schulrat helfen. Irgend jemanden muß ich doch finden, der mir einen Rat geben kann.
In ihrer Tasche hatte sie alle Briefe Polteckys.
Joe Dicocca kam in das große Zimmer. Sein breites Gesicht glänzte zufrieden. Poltecky saß am Fenster und aß Sandwiches mit Schinken. Dazu trank er Whisky mit Sodawasser. Sein Gipsbein lag langgestreckt auf einem weichen Sessel.
»Nun?« sagte er zu Dicocca und kaute weiter. »Hat Erna Sie angeschmiert? Wenn Sie mich den Felsen hinunterwerfen wollen, warten Sie noch zehn Minuten. Dann bin ich satt. Und es kugelt sich schneller.«
»Dein Girl ist Zucker!« Dicocca setzte sich neben Poltecky auf den Mosaiktisch. »Sie hat uns Meldungen geschickt, die unbezahlbar sind. Deine 14.000 Mark kriegst du, sobald wir die zweite Information haben.«
»Erna hat tatsächlich …«
»Sie hat, Junge. Sie hat Durchschläge gebracht, die einem die Hosen herunterreißen! Wenn ihr so weitermacht, könnt ihr euch in Lugano eine Villa hinzaubern lassen! Dein Mädel ist Gold wert.«
»Sie ist total verrückt!« schrie Poltecky. Er wollte aufspringen, aber das Gipsbein untersagte alle schnellen Reaktionen. Dicocca wieherte wie ein junges Pferd.
»Sie ist klüger als du. Und sie liebt dich! Wie man einen Idioten lieben kann, wird mir immer ein Rätsel bleiben – aber sie tut's eben! Und da sie einmal mitgemacht hat, wird sie auch weiter mitmachen. Jetzt gibt es kein Zurück mehr.«
»Sauhund!«
»Wenn auch.« Dicocca zuckte mit den
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