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Zerteufelter Vers (German Edition)

Zerteufelter Vers (German Edition)

Titel: Zerteufelter Vers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Verner
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sie noch hatte! Keines von beiden änderte etwas am Resultat. Aber eine andere Wahl besaß sie nicht. Zumindest war es eine Wahl; auch wenn es ihr nicht gefiel. Würde Gloria sich für Ersteres entscheiden, konnte sie auch schon jetzt Lebewohl sagen. Denn dann hörte sie auf, zu kämpfen. Und genau das war das Leben: Ein Kampf!
    Hier schien kein Platz mehr für Gefühlsromantik zu sein. Das Leben war nicht so – weder gerecht, noch schön oder hässlich. Das Leben war – wie Kirt es sagte – die Sache eines jeden selbst. Entweder sie legte sich hin und wartete auf den Tod… oder Gloria zeigte ihm die Stirn! Noch nicht einmal die mächtigsten Engel beeinflussten das Schicksal – das hatte Gloria sich gemerkt. Es gab nur sie… und die Art und Weise, wie sie mit ihrem Leben, ihrem Schmerz und ihrer Angst umging. Wenn sie also kämpfen würde, nahm Gloria sich das, was ihr zustand – ihr Leben!
    Wild entschlossen, wenn auch traurig und voller Angst, traf Glorias Blick Kirts. Doch Kirt sah nicht so aus, als wäre er zu dem gleichen Resultat gekommen wie sie. All sein Mut schien fortgeschwemmt; all seine Kraft verflossen. Sein Anblick hätte ihr Angst einjagen können, aber so war es nicht. Gloria wusste, was sie zu tun hatte und es fühlte sich auf eine subtile und irrsinnige Weise akzeptabel an… Denn es fühlte sich wieder menschlich an. Menschlicher, als es sich in den gesamten letzten Monaten gezeigt hatte: Es ging um nichts Übersinnliches; nichts, was sie Neues sehen oder erkennen musste. Hier ging es einfach nur darum, sich entweder aufzugeben oder dem Tod in den Arsch zu treten!
    Gloria war nur ein kleines Licht. Der Tod, das Geheimnis der Welten und alles um sie herum hingegen erschienen mächtig; doch darum ging es nicht mehr. Gloria hatte akzeptiert, dass das Leben anders spielte, als man es sich dachte. – Mit Leib und Seele, genauso wie es das Buch ihr einst riet. Damals war sie noch nicht so weit gewesen und auch bis vor ein paar Minuten hegte sie die Hoffnung, dem Tod mit Kirt zusammen entfliehen zu können. Aber nun lagen die Karten endgültig auf dem Tisch… Sie hatte keinen Joker mehr in der Tasche!
    Gloria sah Kirt an. Die Stärke in ihr verwirrte ihn zusätzlich und Gloria hätte sich gewünscht, sie wären Seelen, damit er besser verstand, was in ihr vorging… Damit sie ihm einen Teil davon hätte abgeben können. So abstrus es auch klingen mochte: Die Tatsache, dass Kirt plötzlich fassungslos vor ihr stand und nicht wusste, was er tun sollte, gab ihr eine innere Besonnenheit; eine Klarheit. Kirt schaute sie fassungslos an. »Warum hast du mir nichts davon erzählt?« »Du hast doch gesagt, du weißt, was das Buch schreibt?!« Kirt schüttelte den Kopf. »Ich weiß alles, was das Buch schreibt, aber dass du jetzt schon sterben würdest – das wusste ich nicht! Normalerweise sterben Menschen viel später!«
    Er wirkte außer sich. Man merkte Kirt an, dass ihm alles aus den Fingern glitt. Sonst hielt er das Ruder fest in seinen Händen – aber zum ersten Mal erschien dies plötzlich nicht mehr so. »Wann?!« Gloria schaute in seine glühend blauen Augen. »Am 14. Dezember.« Dieses Mal war sie es, die monoton und trist klang. Doch so war das wahrscheinlich, wenn die Wahrheit bitter in dem Irrglauben gemeinsamen Glücks bohrte: Von jetzt auf gleich zerriss das Buch damals ihr Leben in Stücke – Kirt ging es nun nicht anders. Der Gedanke erschien völlig fehl am Platz, aber Gloria spürte erst jetzt, wie sehr Kirt sie wirklich liebte.
    Sie hatten nie darüber geredet, aber sie gehörten wahrhaft zusammen. Nur sie beide: Sie hatten sich gefunden und hielten einander fest. Doch die Wahrheit und Konsequenz des Buches hing über ihnen. Wenn der Tod nach Gloria griff, wurde auch Kirts Leben fortgerissen.
    »Warum?!« Gloria sah Kirt an, doch auch er wusste keine Antwort. Es brauchte etwas Zeit, bis er die Sprache wiederfand, aber der Inhalt seiner Worte erschien trostlos – genauso wie die Leere, die sich in ihm ausbreitete: »Die Menschen wollen immer wissen, warum .« Sein Blick wirkte ausdruckslos und traurig. Er schaute Gloria plötzlich in die Augen und suchte nach Worten. »Ich habe mich stets über Menschen lustig gemacht. Ich habe das Leben immer als Abschnitt betrachtet, nie als einzigartiges, kostbares Gut.« Gloria hörte ihm zu und verstand nicht, worauf er hinaus wollte. »Du bist das einzige Wesen in meinem Leben, das mich vom Gegenteil überzeugt hat und ich war dir dankbar

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