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Zerteufelter Vers (German Edition)

Zerteufelter Vers (German Edition)

Titel: Zerteufelter Vers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Verner
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Aussichtslosigkeit schien spürbar. Noch schlimmer: Bis jetzt war Kirt immer derjenige, der jeder Lebenslage trotzte… Der immer den richtigen Weg kannte und wusste, was zu tun war. – Jetzt schien Gloria es zu sein, die sich aufraffte und schließlich ein Gespräch mit ihrem Vater anpeilte…
    Es half nichts, länger eine heile Familie zu mimen. Die einzige Möglichkeit: Sie mussten wieder weg aus Weimar; nur würde Gloria dieses Mal nicht abhauen, sondern mit seinem Segen gehen – den er ihnen hoffentlich gab! Es war halb fünf Uhr morgens. Gloria und Kirt gingen in die Küche und tranken einen Kaffee. Mit ihm zusammen sah sich Gloria bislang dazu im Stande, alles um sich herum zu vergessen – aber jetzt? Er war mit Sorgen behaftet, hatte Angst, sie zu verlieren und das Schlimmste: Kirt machte keine Anstalten, auf einen anderen Ausgang ihres scheinbar besiegelten Schicksals zu hoffen.
    »Das Buch lügt nicht. So etwas hat es nicht nötig.« Kirt hörte sich bitter an und Gloria griff nach seiner Hand. »Du hast mir immer noch nicht erzählt, was das Buch überhaupt genau ist.« Kirts blauen Augen wirkten zum Glück immer noch ausdrucksstark, obgleich sie nicht mehr so strahlten. Alles an ihm war schön und Gloria küsste ihn zärtlich. Wieder und wieder küssten sie sich, aber dieses Mal besaßen seine Küsse einen Hauch von Abschied. Jede Sekunde, die verging, war eine zu viel. Kirt hielt inne und schaute Gloria an. »Das Buch hat kein Eigenleben oder so was.« Er schmunzelte bitter und sprach weiter: »Es hat alles einen Sinn. Nur dein Tod – der macht keinen Sinn!« Gloria wagte es nicht, etwas zu sagen. Vielmehr hoffte sie, dass er weitersprach und ihr eventuell ein neues Geheimnis verriet.
    »Ich habe nie darüber nachgedacht, wie schwer es für Menschen ist, den Tod zu akzeptieren. Blutengel können das besser nachempfinden, weil sie mehr Zeit mit Menschen verbringen.« Kirt dachte nach und sah Gloria an. »Wir haben nicht mehr viel Zeit für uns. Und wenn du gehst, dann gehst du für immer.« Gloria fragte sich augenblicklich, was Kirt tun würde, sobald ihr Todestag vergangen war. Am liebsten hätte sie ihn tausend Dinge auf einmal gefragt, aber tatsächlich stellte sie ihm keine einzige Frage. »Willst du noch in Weimar bleiben?«
    Kirt schaute Gloria abwartend an. Ihre Antwort dazu lag auf der Hand. Wie sie dies allerdings ihrem Vater erklären sollte, wusste Gloria nicht. »Ich möchte nur mit dir zusammen sein, mehr nicht. Aber Anfang Dezember will ich mich noch ein letztes Mal von meinem Vater verabschieden.« Kirt nickte. Einerseits besaß Gloria das Gefühl, als wären sie und Kirt noch enger zusammengerückt. Andererseits entfernten sie sich mit dem Herannahen ihres Todestages weiter von einander als jemals zuvor: Gloria ging mittlerweile anders mit dem Thema Tod um, als zu Beginn. Kirt hingegen setzte sich allem Anschein nach das erste Mal überhaupt damit auseinander.
    Während ihr Vater noch schlief, putzte Gloria die Tische und Kirt räumte auf. Die Küche offenbarte einen einzigen Saustall und sie brauchten sage und schreibe eineinhalb Stunden, um alles wieder herzurichten. Gloria wurde angst und bange, wenn sie daran dachte, ihren Vater zu verlassen. Sie brauchte einen guten Aufhänger, aber nichts schien plausibel genug, um ihre Abreise zu rechtfertigen. Es kam also, wie es kommen musste:
    Glorias Vater stand nichts ahnend aus dem Bett auf und ging nach unten, wo bereits alles blitzblank sauber war. Gloria und Kirt saßen in der Küche; ruh- und rastlos. Die schlechte Stimmung lag greifbar in der Luft. »Guten Morgen.« Glorias Vater schaute sich um. »Ihr habt ja schon alles aufgeräumt.« Anstelle eines freudigen Lachens sah er nur angestrengte Gesichter, was ihn augenblicklich verstummen ließ.
    Gloria traute sich nicht, aufzublicken. Ihr Vater schaute in die Runde und holte drei Gläser aus dem Schrank. Die Suche nach einer Flasche Mineralwasser endete im Kühlschrank und Herr Truhst goss jedem einen Schluck ein. Er sah jedoch nicht so trübselig aus, als würde er ahnen, was Gloria ihm mitteilen wollte und das machte das Thema nicht leichter. »Was wollt ihr mir sagen?!« Die Stimme ihres Vaters klang nüchtern und Gloria hob ihren Blick vom Boden, um ihm in die Augen zu schauen. Doch bevor sie etwas erwidern konnte, ergriff Kirt bereits das Wort.
    »Gloria würde gerne die Schule beenden und ein Studium in Düsseldorf beginnen. Wir wussten bislang nur nicht, wie wir es dir sagen

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