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Zerteufelter Vers (German Edition)

Zerteufelter Vers (German Edition)

Titel: Zerteufelter Vers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Verner
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die Mienen der anderen Menschen – im Kopf den Impuls, einer vehementen Wahrheit ins Auge blicken zu müssen!
    Wie fremdgesteuert suchte ihr Blick nach der Frau – und sie fand sie. Einige hielten sich erschrocken die Hand vor den Mund, andere knieten bei ihr und versuchten hilflos etwas zu tun. Aber Gloria wusste, dass es zu spät sein würde! Wie in Trance schaute sie in ihr Gesicht. Hätte Gloria nicht doch zu ihr in den Laden gehen sollen?
    Ihr wurde speiübel! Wäre Gloria auch nur einen Tick schlauer gewesen, würde diese Frau vielleicht noch leben. Verzweiflung stieg in ihr empor. Sie hörte, wie jemand sagte, dass die Frau noch atmete und augenblicklich zog ein anderer sein Handy aus der Tasche, um einen Krankenwagen zu rufen. Andere Menschen waren ebenfalls verletzt – ein Mann sogar schwer. Der Lastwagenfahrer saß schockiert abseits der Leute. Das ganze Szenario wirkte unecht. Als sei sie gar nicht richtig da, schaute Gloria den Rettungskräften dabei zu, wie sie die Frau versorgten. Doch sie wusste: Es würde nichts mehr helfen!
    Die meisten Personen standen unter Schock. Ein kleines Mädchen, das Gloria bislang nicht aufgefallen war, weinte bitterlich. »Kommen Sie…« Ein Mann fasste Gloria sanft am Arm. Panisch drehte sie sich um und wusste nicht, was sie tun sollte. Es war ein Polizist. Ihr Vater ließ bestimmt nach ihr suchen…
    »Was haben Sie denn? Haben Sie Schmerzen?« Gloria hörte ihn nur gedämpft, als ihr plötzlich ein quälender Gedanke durch den Kopf schoss: Sie hatte versagt! Mehr noch: Sie war die einzige, die es vorher wusste und sie hatte nichts unternommen! Zugegeben – es zu verhindern, war schwierig. Aber wie einfältig konnte man überhaupt sein? Hatte Gloria etwa allen Ernstes geglaubt, der Tod würde in fünf Meter Entfernung vorher noch einmal freundlich winken, so dass sie genügend Zeit gehabt hätte, etwas zu unternehmen?! »Hören Sie…« Das war erneut die Stimme des Polizisten, der sie am Arm festhielt und sie sachte zu einem der Polizeiwagen führte. »Nein!« Gloria blickte ihn panisch an. »Lassen Sie mich!« Sie riss sich von ihm und spurtete plötzlich los, als müsste sie um ihr Leben laufen – immer schneller, immer weiter. Gloria rannte ganze Straßenzüge entlang, ehe sie schließlich nicht mehr konnte und ihre Lungen hilflos nach Luft rangen. Sie hatte versagt, einfach nur versagt!
     

5 Ohne jeden Cent
    Gloria war geschockt! Traurigkeit, Fassungslosigkeit und schiere Verzweiflung machte sich in ihr breit. Alles kam wieder hoch: Der Tumult am Unfallort, die Männerstimme, die sich genauso angehört hatte, wie damals, als man ihr erzählte, was passiert war… Sie hatte es doch vorher gewusst – dass etwas Furchtbares geschehen würde. Aber Gloria glaubte allen Ernstes, etwas dagegen ausrichten zu können!
    In dieser Nacht konnte Gloria nicht schlafen. In der nächsten auch nicht. Stattdessen machte sie im Laufe der Nachmittage immer mal die Augen zu. Sie grübelte; über das Buch, über den Tod und über die Rolle, die sie innehatte. Was sollte sie nur tun? Das Buch zeigte sich weiterhin voll mit Daten. Doch Gloria wollte nicht erneut um das Leben eines Menschen kämpfen und versagen. Es schien unmöglich zu sein, einen Unfall wie jenen zu verhindern. Schließlich konnte sie nicht um die Ecken sehen. Und um ein Haar hätte es Gloria selbst erwischt – der pure Reflex, zur Seite zu hechten, rettete ihr das Leben!
    Die Zeit verging und ihren letzten Euro hatte Gloria schon ausgegeben. Jegliche Zeitung, die Gloria aus dem Müll fischte, druckte das ab, was sie schon Tage zuvor gelesen hatte. Eines schien klar: Das Buch war ein Teufelsding und es behielt Recht mit dem, was es von der Zukunft verriet. Das musste Gloria erst einmal verkraften. Ihr war elend zumute. Durch den Unfall hatte Gloria sich an den Händen und am Kinn Schürfwunden zugezogen. – Ihre letzten Wunden waren gerade erst verheilt. Einen Job besaß sie noch immer nicht, dafür aber unerträglichen Hunger. Als Gloria sich gar nicht mehr zu helfen wusste, tat sie schließlich das, was sie sich vorher nie zugetraut hätte: Sie postierte sich in der Nähe einer Schule und zockte einen 13-jährigen Jungen ab!
    Gloria bedrohte ihn nur mit Worten, aber das reichte aus. Wie durch ein Wunder konnte sie ihm 25 Euro abnehmen. Es tat ihr entsetzlich leid und sie konnte ihr Handeln schon im gleichen Moment nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren, aber andererseits war sie unendlich dankbar, endlich

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