Zerteufelter Vers (German Edition)
wieder Geld zu besitzen! »Sorry, es tut mir wirklich leid, aber ich brauche die Kohle!« Mit diesen Worten machte sie sich aus dem Staub und rannte verschämt in die Altstadt.
Als erstes würde sie sich etwas zum Essen holen; am besten einen Döner, denn davon wurde man wenigstens satt. Gesagt – getan; lecker!
Voll auf das Fladenbrot fixiert, blickte sie plötzlich in ein Gesicht mit strahlend blauen Augen. Für den Bruchteil einer Sekunde hätte sie diese Augen sogar hübsch gefunden, würden sie nicht zu einem Typen gehören, der sie in jener Nacht mit zwei Freunden abzockte! Zu allem Überfluss verschluckte Gloria sich. Und noch während sie den lahmen Versuch startete, ihm aus dem Weg zu gehen, rempelte Gloria so ungeschickt gegen eine Frau, dass die Hälfte ihres Döners auf deren Jacke und die andere auf dem Boden landete. Sie hätte ausrasten können! Warum jetzt noch weglaufen? Dieser Typ würde nun sein blaues Wunder erleben. Gloria schritt auf ihn zu, ehe sie zum moralischem Kreuzzug ausholte – hätte sie nicht im gleichen Moment den Text vergessen. Statt eines intelligenten, verbalen Hagels platzten nur noch abgedroschene Schimpfwörter aus ihr heraus. »Warum verfolgst du mich? Und was grinst du überhaupt so dämlich, du Super-Arschloch!«
Während sich die Frau hinter ihr noch immer über ihre versaute Jacke beschwerte, fuhr Gloria herum und beschimpfte auch diese auf eine Weise, wie sie sich selbst nicht kannte. Der blonde Unbekannte entschuldigte sich höflich bei der Frau. »Tut mir leid, eigentlich war es meine Schuld.« Verdutzt blickte Gloria ihn an: »Ja, allerdings!« Die Leute sahen schon zu ihnen hin. Gloria wusste nicht, wie ihr geschah, als er ihr plötzlich die Hand auf den Rücken legte und sie aus dem Szenario heraus an den Rand der Fußgängerzone führte. Was bildete sich dieser Sonstwer überhaupt ein?!
Der Typ sah sie missmutig an. »Warum gehst du eigentlich so hoch? Es hat dir doch keiner was getan!« »Wie bitte?« Gloria rang nach Luft. Das war jawohl die Spitze. Sie war so wütend, dass sie gar nicht wusste, was sie ihm als erstes vor den Latz knallen sollte. »Ich hatte 180 Euro, verdammt. Und ich hab´ seit Tagen nichts gegessen!« Gloria wirkte so aufgebracht, dass es sie nicht einmal interessierte, was er dieses Mal von ihr gewollt hatte. Sie schaute ihn düster an.
»Und warum…« Gloria wurde plötzlich so selbstsicher, wie sie es schon Ewigkeiten nicht mehr gewesen war. »Warum verfolgst du mich auf Schritt und Tritt, hä?« »Nicht auf Schritt und Tritt. Ich hab´ dich nur grad zufällig gesehen und da dacht´ ich mir, ich schaue mal vorbei.« Eingeschnappt stand Gloria vor ihm. In Wahrheit trauerte sie ihrem sauer verdienten Döner hinterher. Kaum vorstellbar, dass dieser Typ ihr beim letzten Mal so viel Angst eingejagt hatte! Sein Blick musterte sie. Gloria gewann allmählich wieder ihre Selbstbeherrschung zurück.
»Hast du dich langsam mal wieder beruhigt?« Trotzig schaute sie ihn an. Er besaß strahlend blaue Augen, dazu eine ungewöhnliche Frisur; blonde Haare. Insgesamt wirkte er sehr maskulin, war groß und mit Sicherheit durchtrainiert. Der Kerl trug eine blaue Jeans und ein T-Shirt. »Du hast mich um mein Essen gebracht!« Er zog die Augenbrauen hoch, den Kopf ungläubig nach vorn gestreckt. »Um deinen Döner?« Er konnte ein Lachen nicht zurückhalten und blickte ungläubig zur Seite, ehe er sie erneut ansah. »Hast du Hunger?«
Natürlich, aber das würde sie ihm nicht sagen. Immerhin besaß sie wenigstens noch ein bisschen Stolz. Nachdem von Gloria keine Antwort kam, schüttelte er belustigt den Kopf, ging an ihr vorbei und nahm direkten Kurs auf den Dönerladen. Gloria blickte ihm irritiert hinterher. Sie trat nervös auf der Stelle, bis er wiederkam. Sein blödes Grinsen hätte sie ihm am liebsten sonst wohin gehauen, als er ihr ohne zu fragen einen neuen Döner in die Hand drückte. »Zufrieden?«
Mit einem Mal wurde ihr diese Aktion peinlich. Gloria entschied sich, schweigend in das Fladenbrot zu beißen. Er betrachtete sie amüsiert und ließ sie zu ihrer Zufriedenheit in Ruhe essen. Über den Rand des Dönerpapiers luchsend, schaute Gloria ihm dabei zu, wie er sein Handy aus der Tasche zog und anfing, eine SMS zu schreiben. Schnell blickte Gloria in eine andere Richtung, als er sie ansah. Den halben Döner hatte sie runter, aber den ganzen schaffte sie nicht. Gloria wickelte das Fladenbrot ins Alupapier und stopfte es in ihren
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