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Zerteufelter Vers (German Edition)

Zerteufelter Vers (German Edition)

Titel: Zerteufelter Vers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Verner
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Nacht gezerrt hatte. Der Alptraum war real – lebendig und unerbittlich! Gloria setzte die Wasserflasche erneut an ihre Lippen und versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen – unmöglich! Das Wissen um das, was irgendwann, irgendwie heute geschehen würde, schlug ihr ins Gesicht; nackt und unaufhörlich. Das war die Hölle – nicht länger das Leben. »Noch schlimmer kann es nicht werden«, Glorias Stimme hörte sich fremd und zermartert an; jetzt sprach sie sogar schon mit sich selbst! »Ich dreh´ noch am Rad!« Gloria warf die vom Schweiß kalte Bettdecke beiseite und stand auf. Ihre Augen suchten fast schon automatisch nach der aufgeschlagenen Buchseite – leer – ohne verzierte Schlangenlinien. Wieder begannen die Gedanken durch Glorias Kopf zu hetzen – unaufhörlich… Getrieben von dem hundertprozentigen Wissen um ihren Tod.
    Es war kalt und ungemütlich; die Wohnung so leer und einsam. »Verdammt, jetzt reicht´s!« Gloria tigerte durch die kargen Räume. Überall verstreut lagen ihre Klamotten auf dem Boden. Sie musste etwas unternehmen. Gloria hätte auch Amok laufen können – alles wäre egal gewesen! – Nur nicht dieses stupide Warten… Rumsitzen und nichts tun. Gloria fuhr sich durch die Haare. Kurzerhand packte sie allen Kram zusammen, den sie in die Finger bekam und stopfte es in ihren Rucksack. Auf eine abstruse Weise fühlte sie sich an den Tag erinnert, als alles begonnen hatte: Der Tag, an dem sie vor rund einem halben Jahr Hals über Kopf von zu Hause abgehauen war. Heute hingegen würde alles enden! Gloria steckte noch eine Flasche Wasser in ihren Rucksack, das Buch ganz zuletzt oben drauf und verließ die Wohnung. Sie würde einen Scheißdreck tun und sich verbarrikadieren: Das hatte sie aus Jansens Prophezeiung und der der jungen Frau gelernt. Das Leben suchte sich schon seinen Weg… Der Tod auch!
    Draußen war es so kalt, dass sich ihr Atem in Nebel verwandelte. Sie sog die Kälte ein, die ihr die Lunge fast gefror. Es war weit unter null Grad. Gloria ließ die schwere Haustür hinter sich zufallen und schnürte ihren Rucksack enger auf den Rücken; vor ihr nichts als Dunkelheit, gespickt von dem subtilen Licht der Straßenlaternen. Es war wie ein Marathon und Sprint zugleich: Gloria rannte, so schnell sie nur konnte. Weiter und weiter durch unendlich langen Straßen. Weiter durch Häuserblöcke, die sie nicht kannte – weiter ins Nichts; getrieben von dem einzigen, sehnlichsten Wunsch – Kirt noch ein allerletztes Mal zu sehen.
    Als ihr irgendwann die eisige Kälte so stark in die Brust stach, dass sie nicht mehr konnte, wurde sie langsamer… ließ sich auf den Asphalt sacken. Was sollte noch kommen? Wie sollte sie noch kämpfen? Ein Blick auf ihr Handy verriet: Es war kurz vor vier Uhr nachts. Warum hatte sich alles gegen sie verschworen? – Gegen sie und Kirt… Es fühlte sich so an, als säße der Teufel persönlich auf ihrer Schulter und nagte ihr die letzte Hoffnung aus der Seele. »Fuck!« Glorias Stimme hörte sich fremd und unwirklich an. Ihre Nerven lagen blank. Noch einmal wiederholte sie sich – nur lauter… bis sie schließlich so laut brüllte, wie es nur ging: »Fu – u – ck!«
    Gloria atmete tief durch. Zittrig suchten ihre Finger nach dem Handy in ihrer Tasche. Ihr erschien es egal, ob es mitten in der Nacht war. Sie drückte auf die Wahlwiederholung und wartete auf das Freizeichen. Es klingelte lange und Gloria rechnete damit, dass jeden Moment die Mailbox ansprang, als sich eine dunkle Männerstimme meldete. Keine Frage – sie hatte den Polizisten aus dem Schlaf gerissen, der sich verwirrt meldete: »Ja…?«
    Gloria hatte vorher nicht darüber nachgedacht, was sie sagen würde… »Gloria Truhst… Hallo.« Schlaftrunken versuchte der Polizist sich zu konzentrieren, während Gloria durch die Straße laufend nach einem Schild Ausschau hielt, das ihr einen Wink davon gab, wo sie sich befand. Wenn eines auf der Hand lag, dann, dass ihr einziger Weg zu Kirt über diesen Mann führte! »Wissen Sie eigentlich, wie spät es ist?!« Gloria überhörte seine Anschuldigung und ergriff das Wort: »Wollen Sie wissen, was passiert ist oder nicht?!« Auf der anderen Seite wurde es still.
    Sie kam schon fast ins Straucheln, ob es wirklich so eine gute Idee gewesen war, diesen Kerl ein zweites Mal anzurufen, als dessen raue Stimme von neuem erklang: »Wo sind Sie jetzt?« Gloria hielt inne. Sie stand allein inmitten irgendeiner einsamen Straße – irgendwo, wer

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