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Zerteufelter Vers (German Edition)

Zerteufelter Vers (German Edition)

Titel: Zerteufelter Vers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Verner
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Gloria verwarf diesen naiven Gedanken: Bestimmt nicht, sonst hätte er sich keinen Spaß daraus gemacht, ihr nach der Überfall-Nacht weiterhin Angst einzujagen. Kirt wartete auf eine Antwort.
    »Ich hab´ mich nur gefragt, warum du mir hilfst.« Sie sah ihn fragend an und nahm einen Schluck Mineralwasser. »Nimm´s doch einfach so hin.« Er lächelte. Für ihn war die Sache damit erledigt. »Habt ihr mir eigentlich ganz gezielt aufgelauert?« Kirt schaute von seinem Handy auf, das er gerade aus der Hosentasche gezogen hatte. »Nein…« Er überlegte kurz. »Eigentlich bist du uns nur zufällig in die Arme gelaufen.« Sie nickte. »Seid ihr immer so brutal?« Kirt verzog das Gesicht. Es war offensichtlich, dass er nicht über dieses Thema reden wollte. »Waren wir das?« »Ja – aber hossa!« Er zuckte mit den Schultern und antwortete nicht.
    Es trat eine lange Schweigerunde ein und Gloria schweifte mit den Gedanken ab. Sie musste unbedingt herausfinden, ob die Verkäuferin einen Einzelfall darstellte und wenn ja, warum? – Oder ob Gloria auch noch anderen Menschen auf diese seltsame Weise in ihr Inneres sehen konnte? Zu gern würde sie das Buch aufschlagen und nachsehen, ob sich darin ein neuer Text befand. Gloria hätte wetten können, dass etwas zu finden war, was mit der Aktion von vorhin in Verbindung stand.
    »Sei besser froh, dass nur wir es waren, die dir das Geld aus den Rippen geleiert haben. Ich glaube nicht, dass Kitty sonderlich brutal zu dir war. Da gibt es ganz andere…« Gloria sah Kirt überrascht an, als er fortfuhr: »Zum Beispiel die Typen im Hofgarten!« Ach ja – die mysteriösen Unbekannten, vor denen er sie angeblich beschützt hatte. Gloria überlegte, wie viel sie für bare Münze nehmen konnte von dem, was er ihr sagte.
    Sie warteten auf ihr Essen und Gloria hielt es nicht mehr aus, auf die Folter gespannt zu werden: Sie schnappte sich ihren Rucksack und entschuldigte sich zum WC. In der Toilettenkabine angekommen, holte sie das Buch aus der Tasche. Schnell blätterte Gloria die richtige Seite auf. Nichts – da stand nichts Neues; keine Erklärung, rein gar nichts! Das einzige, was nach wie vor die Seiten prägte, waren die Todesdaten einzelner Menschen – datiert auf den morgigen Tag. Viele waren es nicht; ganze drei Personen. Gloria suchte nach der Todesursache.
    Ein alter Mann würde morgen von einer schweren Krankheit erlöst werden. Er war laut Datum schon 86 Jahre alt; ein schönes Alter, keine Frage. Wenn man sein Leben gelebt hatte, war der Tod okay. Er gehörte nun mal zum Leben dazu. Schlimm erschien es, wenn der Tod unverhofft einen jungen Menschen traf. – So wie bei dem zweiten Mann: Er war gerade mal 32 und hinterließ drei Kinder sowie seine Ehefrau. Gloria las den Text unter der Anzeige durch: »Wir wissen nicht, was wirklich geschehen ist. Wir kennen nicht den Grund. Warum musstest du nur von uns gehen? In Liebe, Deine…« Jetzt waren alle Verwandten und Bekannten aufgereiht. Gloria stutzte.
    Diese Anzeige las sich wie eine Verzweiflungstat. Eine warme Idee durchsprudelte sie: Selbstmord! Das war perfekt: Gegen einen Lastwagen, der aus heiterem Himmel um die Ecke bog, konnte sie nichts ausrichten. Aber jemanden davon abhalten, sich selbst etwas anzutun, wenn man genau wusste, dass er es vorhatte – das lag im Bereich des Möglichen! Gloria schaute noch einmal zur Sicherheit auf das Datum, das von einem schwarzen Kreuz verziert war. Die Adresse stand ebenfalls dabei. Morgen würde ein Familienvater versuchen, sich das Leben zu nehmen. Aber Gloria wusste schon jetzt davon und es lag in ihren Händen, die Familie und vor allem den Mann vor diesem traurigen Ende zu bewahren!
    Gloria klappte das Buch zu. Sie wirkte motiviert bis in die Haarspitzen. Noch dazu besaß sie eventuell die Chance, zu wissen, was in diesem Mann vorging. – Zumindest wenn ‹das Sehen› bei ihm genauso funktionierte wie vorhin bei der ängstlichen Frau. Vielleicht lag es auch daran, dass sie Angst gehabt hatte. Eventuell mussten die Leute gewisse Voraussetzungen mit sich bringen, bevor Gloria auffassen konnte, was in ihnen vorging. Eines lag jedenfalls auf der Hand: Das Buch war nicht normal und sie auch nicht mehr! Da draußen wartete ein Typ auf Gloria, der einfach toll aussah und – ob sie es sich nun eingestand oder nicht – den sie über das Normale hinaus mochte…
    Eigentlich war das seltsam, denn immerhin hätte sie ihn viel eher hassen sollen! Gloria stopfte das Buch zurück in den

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