Zerteufelter Vers (German Edition)
entsetzlich weh sogar! Sie spürte jeden Muskel und wollte gar nicht wissen, wie sie womöglich aussah. Als Gloria versuchte, sich hochzurappeln, stach ihr ein vernichtend brennender Schmerz in die Brust. Sie ließ sich augenblicklich wieder auf den Boden sinken und versuchte ihre Lage abzuschätzen.
Rundherum befanden sich Sandgruben und Gestein; soweit man das in dem Dämmerlicht erkennen konnte. Sie lag in einem mit Gras bewachsenen Hang zwischen Büschen und Abfall und versuchte sich mühevoll, auf die Seite zu drehen. Welcher Tag war heute? – Sonntag! Heute würde Kirt wegfahren. Gloria atmete flach ein und aus. Ihre Situation schien aussichtslos. Der einzige, der ihr jetzt noch hätte helfen können, wäre er! Gloria blieb noch eine ganze Weile so liegen und grübelte nach. Sie wog alle Möglichkeiten gegeneinander ab, doch es gab ja eh nicht viele. Kirt bildete ihren einzigen Ausweg und sie fasste den Entschluss, ihn ein letztes Mal aufzusuchen.
Egal, wie sehr es auch schmerzte – Gloria biss die Zähne zusammen und zog sich an einem großen Stein hoch. Mühevoll setzte sie die Füße voreinander und steuerte eine Richtung an, von der sie glaubte, am ehesten unter Zivilisation zu gelangen. Gloria mühte sich ab. Mit festem Willen setzte sie immer wieder den einen vor den anderen Fuß. Wo war sie hier? Sie hatte keine Ahnung. Gar nicht weit entfernt – eine Kreuzung…
Gloria konnte sich nicht erinnern, ob es ihr jemals so dreckig ergangen war wie jetzt. Ihr Kopf fühlte sich schwerer an als Blei und ihre Beine trugen sie nur durch den festen Willen, nicht zusammensacken zu wollen. Allmählich verschwand sogar der Wunsch, in Düsseldorf zu bleiben. Sie brauchte einen Arzt! Und wenn das bedeutete, dass ihr Trip damit zu Ende war, dann sollte es wohl doch so sein.
Gloria schleppte sich zur Kreuzung und erspähte den Straßennamen. Tränen liefen ihr übers Gesicht: Sie hatte solche Schmerzen, dass sie diese gar nicht einzuordnen wusste. Im Grunde genommen tat alles weh. Gloria setzte sich an ein Gebüsch und tastete mit der Hand nach ihrem Portemonnaie. Hier hatte sie die Taxikarte hineingesteckt, die ihr der Fahrer gegeben hatte, als sie zur Kinopremiere fuhren. Gloria wurde schon wieder schlecht und die Kopfschmerzen gaben ihr den Rest. Sie rief sich ein Taxi und ließ ihre Hand mit dem Handy darin auf den Boden sacken. Das Spiel schien aus zu sein und vielleicht war es gut so.
Gloria wirkte müde und sie überlegte, in dem Buch nach einem neuen Gedicht zu sehen, aber darauf pfiff sie. Gloria war von der Straße aus nicht gut einzusehen. Achtete man nicht darauf, dass jemand an diesem Gebüsch lehnte, so fiel sie gar nicht auf. Das war auch gut so, sonst würden wahrscheinlich der Reihe nach Leute anhalten. Gloria döste vor sich hin und blickte auf, als sie ein Taxi erspähte, das im Begriff war zu wenden. Mühsam rappelte sie sich hoch und winkte. Zum Glück hatte sie der Taxifahrer gerade noch gesehen.
Mit entsetztem Blick schaute er Gloria an und stützte sie. »Du meine Güte!« Gloria ließ sich von ihm in den Wagen helfen. Sie sah mit Sicherheit wüst aus. Schnell lief der Fahrer um das Taxi herum und stieg ein. »Ich fahre dich sofort ins Krankenhaus.« »Nein!« Glorias zaghafter Protest ließ ihn nicht erweichen. »Ich fahre nirgendwo anders hin als zum Krankenhaus.« Gloria wurde böse. Sie drehte sich zu ihm und der Fahrer sah sie mitleidig an, als Gloria plötzlich in seine Seele eintauchte! Es traf sie wieder mit einer unsagbaren Wucht, die sie aufs Neue erstaunte. »Was ist – um Himmels Willen passiert?« Der Taxifahrer sprach kein gutes Deutsch. Gloria widmete sich seinen Erlebnissen: Sie sah, dass er eine Tochter besaß und dass er erst seit einem Jahr in Deutschland lebte. Der Mann versuchte seitdem Fuß zu fassen; alles nur seiner Familie zuliebe. Am liebsten würde er heute als morgen seine Sachen zusammenpacken und wieder nach Hause nach Griechenland fahren.
Gloria schaute ihn müde an. »Hören Sie mir genau zu, ich sage es nur einmal.« Der Taxifahrer schien überrascht zu sein von ihrem plötzlich so ernsten Tonfall. Das Sprechen strengte Gloria sehr an: »Ich weiß, dass Sie sich in Deutschland nicht wohlfühlen. Ich weiß, dass das Leben zu kurz ist, um an Orten zu verweilen, die einem nicht lieb sind. Und ich weiß auch, dass Ihre Tochter ‹Estia› heißt.« Der Taxifahrer trat auf die Bremse und sah sie entgeistert an. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
»Ich bin
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