Ziegelgold - Das Geheimnis von Kleiborg (German Edition)
bläulich schimmerte. Alex genoss die ländliche Idylle und atmete tief ein.
Pastor Schmidt ging auf die Rückseite der Kirche und schloss eine massive Eichentür auf. Ein kühler Hauch kam den beiden entgegen. Alex musste sich kurz im Dunklen zurecht finden, als der Pastor auch schon die zweite Tür aufgeschlossen hatte und das Licht anmachte. Sie standen in einem kleinen Büro. In der Mitte stand ein Schreibtisch mit einem PC und einem altmodischen Monitor. Hinter dem Schreibtisch befand sich ein dunkles Holzregal mit alten und abgegriffenen Büchern. Pastor Schmidt warf seinen Schlüsselbund schwungvoll auf den Schreibtisch und ging zu dem Regal.
„ Wie alt war denn dein guter E.H. 1936?“ fragte er Alex. Dieser hatte den leicht ironischen Unterton nicht überhört. Gute Frage, dachte er, darüber hat er sich noch gar keine Gedanken gemacht. Warum hatte Tim auch nicht daran gedacht, wunderte er sich. „Mh, älter als 16, jünger als 70“, gab er verlegen als grobe Schätzung an. Pastor Schmidt sah man an, wie er sich mit Mühe ein Grinsen verkneifen musste. „Aha, äußerst präzise Antwort. Na, dann hast du jetzt eine Menge Arbeit.“ Der Pastor nahm acht schwarze Bände aus dem Regal, die er Alex mit einem lauten Knall auf den Tisch packte. Der aufgewirbelte Staub nahm den beiden für einen Moment den Atem. Das kann ja lustig werden, dachte Alex seufzend.
„ Okay, ich werde dir jetzt erklären, wie die Kirchenbücher aufgebaut sind. Ich muss mich aber auf dich verlassen, dass du sie sorgfältig behandelst. Es handelt sich um äußerst wichtige Dokumente der Kirchengemeinde.“ Pastor Schmidt sah Alex eindringlich an, der sofort eifrig zustimmend nickte. „Also, da gibt es zunächst einmal das Taufbuch. Da sind die Daten der Geburt und der Taufe eines Kindes, sowie seiner Eltern und Paten aufgezeichnet. Ferner gibt es das Heiratsbuch. Dort sind die Daten der Eheschließung der beiden Ehepartner, und meistens auch der Eltern und Trauzeugen aufgezeichnet. Zum Schluss gibt es noch das Sterbebuch. Da stehen sämtliche Todes- und Begräbnisdaten unserer Gemeinde drin. Wenn dein geheimnisvoller Mann 1936 schon 70 war, muss er bereits 1866 geboren worden sein. Wenn er aber erst 16 war, muss er 1920 geboren sein. Das heißt, du musst die Kirchenbücher von 1866 bis 1920 untersuchen.“ Alex stöhnte leise. Der Pastor lachte. „Ach, das schaffst du schon. Du hast Glück, dass die Pastoren die Eintragungen auch früher schon in lateinischer Schrift aufgezeichnet haben. Du müsstest die Eintragungen also gut lesen können.“
Nachdem der Pastor ihm erklärt hat, dass er auch die Sterbebücher durcharbeiten müsste, um fest zu stellen, ob ein „Verdächtiger“ bereits vor 1936 verstorben sein könnte, verabschiedete er sich. „So, viel Spaß! Und wenn du fertig bist, bring mir bitte den Kirchenschlüssel vorbei.“ Der Pastor zog fröhlich die Tür hinter sich zu und Alex war allein mit acht dicken Büchern über hundertfünfzig Jahre Kirchengeschichte. Wenig motiviert sah er sich die Buchrücken an:
VII. Band Getraute 1839 - 1876
IX. Band Getaufte 1865 - 1890
X. Band Gestorbene 1863 - 1893
XI. Band Getraute 1877 – 1905
XII. Band Getaufte 1891 – 1924
XIII. Band Gestorbene 1894 – 1916
XIV. Band Getraute 1906 – 1975
XV. Band Gestorbene 1917 - heute
Er hatte sich Papier und Bleistift aus dem Schreibtisch gesucht und fing an, sämtliche männliche Namen aufzuschreiben, die die gesuchten Anfangsbuchstaben hatten. Knapp 2 Stunden später, es war kurz vor sieben, rieb Alex sich die müden Augen. Er hatte die ersten beiden Bände bereits durchgearbeitet und kam auf sechs Namen. Warum hatte der Mensch aus dem Tagebuch auch keine Initialen wie X.C. oder so, dachte Alex des öfteren, als er die alten Eintragungen durcharbeitete. Das hätte die Suche deutlich einfacher gemacht. Kurz nach halb neun machte er dann Schluss. Zum einen, weil er um neun zu Hause sein sollte, zum anderen, weil er absolut keine Lust mehr hatte, nach vier Stunden auch noch eine weitere Minute in dem muffigen Kirchenbüro zu verbringen. Er hatte die Bände VII, IX, XI, XII und XIV konzentriert durchgearbeitet und konnte sich nicht vorstellen, dass Tim bei der Übersetzung des Tagebuches einen ähnlich hohen Aufwand betrieben hatte.
Seine Namensliste wuchs auf neun 'Verdächtige'. Manche Namen tauchten gleich mehrfach auf, erstmalig bei der eigenen Taufe, später bei Hochzeiten oder als Paten bei Taufen. Bei manchen Namen standen
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