Ziegelgold - Das Geheimnis von Kleiborg (German Edition)
die Berufe daneben, die Alex auch mit in die Liste eintrug. Zum Schluss rechnete er noch aus, wie alt die Personen im Oktober 1936 waren. Tim wird Augen machen, dachte Alex. Zufrieden betrachtete er das Ergebnis seiner Arbeit.
Drei Ziegeleiarbeiter standen auf der Liste. Das musste aber gar nichts heißen, überlegte er. Die Ziegelei war früher der größte Arbeitgeber in der Gegend. Außerdem waren bei einigen Männern keine Berufsangaben verzeichnet. Morgen kommen die Sterbebücher bis 1936 dran, dann wird die Liste sicher etwas kürzer, hoffte Alex und streckte sich mit einem lauten Gähnen. Sein knurrender Magen erinnerte ihn unmissverständlich daran, dass er seit Stunden nichts mehr gegessen und seit dem Kaffee bei Pastor Schmidt auch nichts mehr getrunken hatte. Er faltete sorgfältig seine Liste zusammen und steckte sie in eine verdeckte Tasche seiner Jacke. Laut knarrend schloss er die Kirchentür hinter sich zu und lief in die kalte und dunkle Nacht über den Friedhof zum Pastorenhaus. Eine Schwarm Fledermäuse flatterte aufgeregt aus dem alten Kirchturm. Nachdem er kurz geklingelt hatte, öffnete Lena, die Tochter des Pastors, und nahm ihm kommentarlos den Schlüssel ab. Bevor Alex auch nur ein Wort sagen konnte, fiel die schwere Holztüre fünf Zentimeter vor seiner Nase krachend ins Schloss. Kopfschüttelnd drehte er sich um und machte sich auf den Heimweg. Als der Vollmond für einen Moment durch die geschlossene, bleigraue Wolkendecke hervorschien, wurde das kalte Mondlicht für den Bruchteil einer Sekunde von der Friedhofsmauer reflektiert. Alex lief ein frostiger Schauer über den Rücken und beschleunigte seine Schritte.
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12
Montag 21:20 Uhr
Zu Hause angekommen schickte Alex Tim noch eine kurze SMS und sah sich mit seinem Vater eine Tuning-Sendung an, in der ein alter rostiger Ford Taunus in ein chromglänzenden Renner verwandelt wurde. Sein alter Herr war als Oldtimerfan natürlich völlig begeistert von der Sendung und kam gar nicht auf den Gedanken, seinen Sohn zu fragen, was er ganzen Tag gemacht hatte. Sie unterhielten sich noch etwas über Autos, bis Alex um elf todmüde ins Bett fiel.
Es war eine windige Herbstnacht. Die dunklen Wolken hatten sich fast alle verzogen und der Vollmond leuchtete das Schlafzimmer von Alex fast komplett aus. Der Wind zerrte die letzten Blätter von den Bäumen und der Schatten des großen Kirschbaumes tanzte gespenstisch auf Alex' Bettdecke. Das Rauschen der Bäume übertönte völlig die verdächtigen Geräusche des splitternden Holzes der Terrassentür, so das keiner im Haus merkte, wie die Tür langsam zurückgeschoben wurde.
Lautlos stiegen zwei vermummte Männer in das Wohnzimmer ein und sahen sich um. Beide trugen schwarze Sturmhauben und lederne Handschuhe. Sie bewegten sich mit äußerster Vorsicht durch den leeren Raum und ignorierten die teuren Multimedia-Geräte in der Schrankwand. Selbst der Laptop von Alex' Vater in der Küche schien sie nicht zu interessieren. Leise gingen die beiden Männer in den vorderen Flur. Sorgfältig durchsuchten sie an der Garderobe sämtliche Taschen und Jacken. Da sie anscheinend nicht fanden, was sie suchten, gingen sie langsam die Treppe hoch, die ins erste Obergeschoss führte. Den ersten Schritt kommentierte die Holzstufe mit einem leisen Knarren. Schlagartig blieben die Männer stehen und horchten, ob sich im Haus etwas regte. Von oben war aber nur das regelmäßige Schnarchen von Alex' Vater zu hören. Die Einbrecher setzten ihre Schritte jetzt betont langsam auf die äußersten Seite der Holzstufen. Sie rollten den Fuß sanft ab und nahmen nur noch jede zweite Stufe. Mit der Geräuschlosigkeit von zwei Katzen erreichten sie das Obergeschoss.
Im Flur blickten sie sich um. Die Tür des Elternschlafzimmers war geschlossen, aber Alex' Tür war nur angelehnt. Langsam öffneten die Männer die Tür und gaben sich per Handzeichen stumme Kommandos. Während der eine im durch den Vollmond ausgeleuchteten Zimmer Alex' Kleidung gründlich untersuchte, durchwühlte sein Mitstreiter den Schreibtisch. Danach zogen sie sämtliche Schubladen aus der Kommode, ohne dass auch nur ein Geräusch zu hören war. Offenbar fanden sie nicht, was sie suchten. Sie verständigten sich lautlos mit hektischen Gesten. Einer der Männer nahm langsam seinen Rucksack ab und zog einen Baseballschläger heraus. Der andere Mann sah ihn eindringlich an. Das Mondlicht glitzerte in seinen kühl-blauen Augen, die durch die schmale
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