Ziegelgold - Das Geheimnis von Kleiborg (German Edition)
sich dagegen kaum bewegen, so eng war es auf der Rücksitzbank. Alex' Vater witzelte immer, in solchen Autos dürfe man sich nicht anschnallen, denn dann dächten alle Leute, man hätte einen Rucksack auf. Alex lachte kurz still vor sich hin.
„ Na, Jungs, wo wollt ihr denn so früh schon hin?“, fragte Tante Lotte neugierig. „Wir sind mit Marianne verabredet“, antwortete Tim spontan. Als die schwerhörige Dame nicht reagierte, brüllte Alex noch einmal „WIR SIND MIT MARIANNE VERABREDET“. Über Tante Lottes Gesicht huschte ein Lächeln. „Marianne, so ein hübscher alter Name. Zu meiner Zeit hat man sich aber Abends zum Tanz verabredet und nicht morgens um neun.“
Um das peinliche Gespräch zu beenden, fragte Alex, was denn Tante Lotte so früh in Emden zu erledigen hätte. Das erwies sich allerdings als Fehler. Denn zunächst erhielten sie einen Kurzvortrag über die positiven Auswirkungen von Aqua-Arobic auf diverse weibliche Problemzonen, dann folgten stichpunktartig die Lebensläufe der sieben älteren Damen, die gemeinsam mit ihr den Kurs belegten. Dann folgten die Schilderung der sagenhaften Karrieren deren Enkelkinder bei der Volksbank, Lidl und wo sonst noch. Als sie dann noch anfing, die Problemchen der entsprechenden Haustiere anzusprechen, hatten sie glücklicherweise das Verwaltungsgebäude von Menken und Dirks erreicht.
„ Schade“, murmelte sie enttäuscht, „wir habe uns doch gerade so schön unterhalten.“ Alex und Tim quetschten sich aus dem Fond des Kleinwagens. Das Vorkippen des Beifahrersitzes quittierte Phillip mit einem lauten Knurren. „Danke für' s Mitnehmen“, rief Alex zum Abschied und knallte die Tür zu. „Puh“, stöhnte Tim, „was müssen wir denn für dieses Abenteuer noch alles auf uns nehmen?“ Die Jungen mussten herzlich lachen.
Frau Steinwald war pünktlich auf die Minute. Sie stieg aus ihrem weißen Golf GTI aus und sah alles andere als omamäßig aus, wie Alex und Tim aufgrund des Alters angenommen hatten. Sie machte sogar einen richtig sportlichen Eindruck. Frau Steinwald trug eine schwarze NorthFace-Jacke und eine schwarze Kappe mit dem Werder-Bremen-Logo, was sie in Alex Augen sofort sympathisch machte.
Sie kam bestimmt auf die Jungen zu und begrüßte beide mit festem Handschlag. „Ich muss zugeben, dass ich etwas erstaunt bin. Ich habe weit ältere Gesprächspartner erwartet“, sagte sie mit einem Lächeln. „Wenn sich jemand für Vorgänge aus den Dreißiger Jahren interessiert, ist die Person meistens mindestens so alt wie ich.“ Sie nahm die Mütze ab und schüttelte ihr silbernes Haar. „Was wollt ihr denn nun genau wissen?“
Alex erzählte ihr von dem Tod des Ziegeleibesitzers Henk Deependaal vor über siebzig Jahren und das das Verbrechen wahrscheinlich etwas mit einem ganz bestimmten Auftrag zu tun hätte. Und diese Spur führte sie direkt zum Baustoffhändler Menken und Dirks. „Die Auftragsbestätigung datierte vom 16. August 1936“, schloss er seinen kurzen Bericht. Frau Steinwald nickte. „Okay“, sagte sie dann nach einer Weile, „dann wollen wir mal gucken, was wir finden. Vielleicht kann ich euch ja weiter helfen. Das hört sich jedenfalls nach einer sehr interessanten Story an.“
Sie ging den Jungen voraus in die nüchtern gestaltete Eingangshalle der Firma. An den Wänden hingen Muster von verschiedenen Klinkersteinen und Dachziegeln. Schon wieder Backsteine, dachte Alex, die verfolgen uns ja regelrecht. Auf dem Weg zum Seniorchef wurde Frau Steinwald drei mal von ehemaligen Kollegen herzlich begrüßt und jedes mal in ein kurzes Gespräch verwickelt. Ungeduldig standen die Jungen daneben, als eine Ex-Kollegin ihr von einer anstehenden Hüftoperation berichtete.
Endlich hatten sie das Büro des Seniorchefs erreicht. Ohne anzuklopfen ging die ehemalige Angestellte hinein. Die Jungen folgten ihr. Ein älterer, seriös aussehender Mann mit grauen Haaren und einer rahmenlosen Brille drehte sich mürrisch um. Als er Frau Steinwald sah, ging ein strahlendes Lächeln über sein Gesicht. „Marianne, schön, dass du mal wieder rein schaust. Wir haben uns ja lange nicht mehr gesehen“, begrüßte er seinen unerwarteten Besuch und umarmte sie herzlich.
„ Oh, du hat jemanden mitgebracht. Deine Enkel?“, fragte er mit einem Seitenblick auf Alex und Tim. Frau Steinbach lachte. „Hallo Hermann. Nein, die beiden Jungen möchten gerne etwas über eine Sache wissen, die schon vor über 70 Jahre passiert ist. Und dazu
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