Ziegelgold - Das Geheimnis von Kleiborg (German Edition)
möchten sie einen Blick in die Geschäftsbücher aus dieser Zeit werfen. Ich hoffe, du hast nichts dagegen.“ Der grauhaarige Herr winkte ab. „Ach was. Du weißt ja am besten, wo die Sachen sind. Viel Spaß beim Abstauben der alten Klamotten. Kommst du nachher noch auf einen Kaffee rein?“ Frau Steinwald nickte. „Gerne, wir sehen uns später.“ Sie schob Alex und Tim aus dem Büro heraus. „So, wir müssen in den Keller. Ich hoffe, ihr habt keine Angst im Dunkeln“, scherzte sie und ging den Flur hinunter. Na, dachte Alex schmunzelnd, einen Omaspruch konnte sie sich also doch nicht verkneifen.
Der Keller roch muffig. Frau Steinwald betätigte einen alten Drehschalter, der beim Einschalten laut klackte. Kurz darauf ging flackernd das grelle Licht an. Frau Steinwald ging zielstrebig zu einer der hinteren Regalreihen. „So Jungs. 1936 sagt ihr? Hier ist 1941. Moment, … 1939,... 1937, … 1936. Da ist es. Welcher Monat?“ Alex sah zu Tim herüber, der ungläubig die anscheinend unendlichen Reihen von Geschäftsbüchern ansah. „Die Auftragsbestätigung ist vom 16. September“, antwortete Alex.
Frau Steinwald zog ein großes schwarz-grau marmoriertes Buch heraus. Auf einem vergilbten Etikett stand Menken & Dirks OHG KREDITOREN-BUCHHALTUNG Juli 1936 – Dezember 1936 . Alex überlegte gerade, was der Begriff Kreditoren bedeuten könnte, als Frau Steinwald bereits ungefragt erklärte: „Also, hier sind alle Vorgänge mit Lieferanten unserer Firma aus dem zweiten Halbjahr 1936 verbucht. Ihr sucht einen Vorgang mit der Ziegelei Deependaal. Richtig?“ Ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr sie fort. „Mitte der Dreißiger Jahre gab es eine Menge Ziegeleien westlich der Ems. Unsere Firma hat damals hauptsächlich mit den Ziegeleien Cramer und Reints zusammengearbeitet. Das macht es uns jetzt einfacher, Vorgänge mit der Ziegelei Deependaal zu finden.“ Sie fuhr konzentriert mit dem Finger die schier endlose Reihe von Eintragungen entlang. „Ihr habt also eine Auftragsbestätigung vom 16. September. Auftragsbestätigungen werden aber nicht gebucht. Gebucht wird erst, wenn die Rechnung des Lieferanten vorliegt, eine Anzahlung oder Lieferung erfolgte.“ Während sie erklärte, blätterte sie die alten Seiten durch.
„ So, hier habe ich eine Buchung für die Ziegelei Deependaal vom 19. September über den Rechnungserhalt für 20 000 Ziegel. Ist das euer Fall?“ Tim schüttelte den Kopf. „Das sind zu wenig Steine. In unserem Fall geht es um 100 000 Stück. Außerdem wissen wir, dass ein Teil Mitte Oktober abgeholt wurde. Da wird doch sicher nicht vorher die Rechnung ausgestellt, oder?“ „Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich“, entgegnete Frau Steinwald und fuhr weiter mit dem Finger die Spalten herunter. „Hier“, rief sie, „das könnte passen. 100 000 Steine von der Ziegelei Deependaal. Wareneingang und Buchungsdatum war der 19. Oktober 1936.“ Frau Steinwald stutzte.
„ Merkwürdig“, murmelte sie. Die Freunde blickten sich an. Gespannt sahen sie die ehemalige Buchhalterin an. Doch die war völlig in dem alten Geschäftsbuch vertieft. „Was ist denn merkwürdig?“, fragte Alex vorsichtig. Frau Steinwald blickte hoch und überlegte einen Moment. „Mehrere Dinge sind merkwürdig. Zum einen handelt es sich um sehr ungewöhnliche Steine. Sie benötigten Tonbeimischungen aus Süddeutschland. Das Ergebnis sind blau-violette Steine, die damals nur selten hergestellt wurden, weil sie den meisten Menschen zu teuer waren. Häufig waren sie auch mit Mustern oder Ornamenten versehen. Die wurden meistens als Ziersteine an prächtigen Häusern verbaut.“
„ Aber etwas anderes ist noch seltsamer. Die Steine waren für eine englische Firma in Dover vorgesehen. Ich habe noch nie in unseren Büchern gesehen, dass wir mit englischen Unternehmen Geschäfte gemacht haben. Außerdem kostete die Verschiffung einer solchen Menge Ziegelsteine nach England ein Vermögen. Zudem haben die Engländer ihre eigenen Ziegeleien. Schon merkwürdig...“ Sie vertiefte sich weiter in den Büchern. Alex und Tim tippelten nervös von einem Fuß zum andern. „Also, der Wareneingang ist hier verbucht. Wenn ich das allerdings richtig sehe, erhielten wir nie eine Rechnung über die Lieferung. Und, was die Sache jetzt richtig rätselhaft macht, es wurde nie ein Warenausgang gebucht. Äußerst merkwürdig.“ Frau Steinwald sah die Freunde fragend an.
Alex und Tim verstanden kein Wort der Ausführungen der ehemaligen
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