Ziel erfasst
Ihr Vater Präsident wird, folgen Ihnen dann wieder ein paar Secret-Service-Leute auf Schritt und Tritt?«, fragte sie. »Wird das in Ihrem Büro nicht zu Problemen führen?«
Du machst dir keine Vorstellung, musste Jack denken. Er lächelte. »Ich bin das ja bereits gewohnt. Mit einigen meiner Personenschützer habe ich sogar Freundschaft geschlossen.«
»Trotzdem. Wird das nicht manchmal zu einer Belastung?«
Zuerst wollte er so tun, als würde ihm das überhaupt nichts ausmachen, unterließ es dann jedoch. Sie stellte ihm ja eine ehrliche Frage. Sie verdiente deshalb eine ehrliche Antwort. »Offen gesagt, ja. Es war schwierig. Ich freue mich also ganz und gar nicht darauf. Wenn Dad Präsident wird, werde ich mit ihm und meiner Mom reden. Ich führe ein ziemlich unauffälliges Leben. Ich werde jeden Personenschutz ablehnen.«
»Ist das kein Risiko?«
»Überhaupt nicht. Ich habe keine Angst.« Er lächelte sie über sein Weinglas an. »Bringen sie euch CIA-Leuten nicht bei, einen Menschen mit einem Löffel zu töten?«
»So ähnlich.«
»Großartig. Dann können Sie mir ja jetzt den Rücken freihalten.«
»Sie könnten sich mich gar nicht leisten«, sagte sie lachend.
Das Essen war hervorragend, die Unterhaltung angeregt und amüsant. Sie stockte nur etwas, als Jack das Gespräch noch einmal auf Melanies Familie lenken wollte. Darüber hielt sie sich jedoch genauso bedeckt wie über ihre Arbeit bei der CIA.
Kurz nach zehn spazierten sie wieder heim. Auf den Straßen waren jetzt viel weniger Menschen unterwegs, und vom Potomac wehte ein kalter Wind herüber.
Jack brachte Melanie bis zur Tür ihres kleinen Apartments.
»Mir hat es Spaß gemacht«, sagte sie.
»Mir auch. Könnten wir das nicht schon bald einmal wiederholen?«
»Natürlich.« Sie kamen zur Tür. »Hör zu, Jack. Ich bringe das besser gleich hinter mich. Ich küsse nicht gleich beim ersten Date.«
Ryan lächelte. »Ich auch nicht.« Er streckte ihr die Hand hin. Sie ergriff sie langsam und versuchte, ihr Erstaunen und ihre Verlegenheit möglichst zu verbergen.
»Schlaf gut. Du hörst von mir.«
»Das hoffe ich.«
Nigel Emblings Haus lag im Zentrum Peschawars, unweit des riesigen, uralten Bala-Hisar-Forts, das mit seinen fast dreißig Meter hohen Befestigungsmauern die Oberstadt und das Land in der Umgebung beherrschte.
In der ganzen Stadt herrschte geschäftiges Treiben, aber Emblings Haus war ruhig und sauber, eine idyllische Oase voller Pflanzen und Blumen. Im Hof hörte man nur das Plätschern der Brunnen. In dem äußerst britischen Arbeitszimmer im ersten Stock roch es nach alten Büchern und Möbelpolitur.
Embling saß neben Driscoll an seinem großen Arbeitstisch. Ihnen gegenüber trug der fünfunddreißigjährige Major Mohammed al-Darkur westliche Zivilkleidung, ein Paar braune Stoffhosen und ein schwarzes Button-Down-Hemd. Al-Darkur war allein zu Embling gekommen, um einen Mann zu treffen, den er für einen CIA-Agenten hielt. Natürlich hatte er sein Bestes getan, um die Vertrauenswürdigkeit des Mannes zu überprüfen, der ihm als »Sam« vorgestellt worden war, aber Driscoll war den Fragen nach anderen CIA-Angehörigen geschickt ausgewichen, denen al-Darkur während seiner Tätigkeit beim ISI begegnet war.
Das gereichte Driscoll sogar zum Vorteil. Al-Darkur war nämlich der Meinung, dass die CIA bestimmte Elemente im pakistanischen Geheimdienst viel zu sehr unterstützte, Elemente, von denen al-Darkur wusste, dass sie gegen ihre westlichen Helfer arbeiteten. Er hielt deshalb die CIA und im weiteren Sinne Amerika für naiv und allzu bereit, denjenigen zu vertrauen, die ein Lippenbekenntnis zu den Werten ablegten, die die beiden Dienste angeblich teilten.
Dass Sam offensichtlich mit den ständig in Pakistan arbeitenden amerikanischen Geheimdienstlern keinen großen Kontakt pflegte und dass er al-Darkur selbst mit Misstrauen begegnete, steigerte nur noch die positive Meinung des pakistanischen Majors über diesen Mann.
»Ich habe alles unternommen, um über diesen Rehan etwas herauszubekommen. Er ist jedoch ein absolutes Rätsel geblieben«, sagte Embling.
Sam stimmte dem zu. »Wir versuchen es ebenfalls. Er hat es hervorragend verstanden, die Spuren seiner Karriere zu verwischen. Es wirkt so, als wäre er plötzlich wie aus dem Nichts als hochrangiger Armee-und Geheimdienstoffizier aufgetaucht.«
»Das ist in der pakistanischen Armee gar nicht so einfach. Die lieben ihre Zeremonien. Ständig werden sie fotografiert und
Weitere Kostenlose Bücher