Ziel erfasst
gab.
Die Stadt und die ganze Region bis weit über die völlig unbedeutende Grenze nach Afghanistan hinein wurde vom Haqqani-Netzwerk beherrscht, einer starken Rebellenorganisation, die eng mit den Taliban verbündet war.
Jalaluddin Haqqani hatte in den Achtzigerjahren in Afghanistan gegen die Russen gekämpft und war dabei zu einem der mächtigsten Kriegsherren geworden. Seine Söhne waren in die Fußstapfen ihres Vaters getreten. Heute kontrollierten sie jeden Aspekt des Lebens hier in Nordwasiristan. Ihr einziger wirklicher Gegner waren die amerikanischen Drohnen, die das gesamte Gebiet von der Luft aus überwachten und nach Zielen für einen Raketenangriff absuchten.
Ihr grenzüberschreitender Einfluss, ihre Dutzende von Rebellenlagern und ihre engen Verbindungen zum pakistanischen Geheimdienst hatten die Haqqani-Familie über die Jahre zu einem natürlichen Partner Rehans gemacht. Er hatte in den Camps auf ihrem Territorium Kämpfer und Agenten für Einsätze in Indien und Afghanistan ausgebildet. Erst kürzlich hatte er sie wieder einmal um Unterstützung bei der Ausbildung einer großen ausländischen Kämpferzelle gebeten.
Die Haqqani-Führung hatte dem Wunsch der Joint Intelligence Miscellaneous Division entsprochen und sich bereit erklärt, die Männer zu trainieren. Rehan selbst reiste an, um die erste Ausbildungsphase zu überwachen.
Obwohl er über keinerlei Militär-oder Guerillaerfahrung verfügte, war der russische Raketenunternehmer Georgij Safronow Anführer der Jamaat-Shariat-Truppe, die in der dritten Oktoberwoche in dem Haqqani-Lager in der Nähe von Boya westlich von Miran Shah eintraf. Mit ihm und seinen fünfundfünfzig dagestanischen Aufständischen war auch der Mann angekommen, den er als General Ijaz kannte. Die Ausländer bekamen ihre Ausrüstung von den Haqqani-Truppen. Untergebracht waren sie in einem riesigen Höhlenkomplex, der in die Felswände eines Berghangs hineingegraben worden war.
Ein Großteil der Ausbildung fand in diesen künstlichen Höhlen oder unter Wellblechdächern statt, angestrichen in den rötlichen Farben des örtlichen Felsbodens, um nicht die Aufmerksamkeit der US-Drohnen zu erregen. Ein Teil des taktischen Trainings musste jedoch notgedrungen im Gelände, auf den Feldern und in den Bergen, durchgeführt werden. Die Drohnen waren natürlich nicht unsichtbar. An markanten Geländestellen wurden speziell ausgebildete Beobachter postiert, die nach den amerikanischen »Himmelsaugen« Ausschau hielten. Trotzdem blieben die Drohnen eine solch große Gefahr, dass Rehan persönlich das Haqqani-Netzwerk anwies, die Sicherheit der Operation müsse immer Vorrang vor der Qualität der Ausbildung haben.
Rehan war es im Grunde egal, ob die dagestanischen Rebellen die Fähigkeit besaßen, eine Raketenstartrampe in Kasachstan zu übernehmen und zu halten. Er war nur daran interessiert, dass sie hier in Pakistan erfolgreich die beiden Atombomben in ihre Gewalt bekommen würden. Wenn sie bei diesem Einsatz die Hälfte ihrer Männer verlören, würde dies Rehan nicht weiter bekümmern.
Für ihn war nur wichtig, dass die ganze Welt erfuhr, dass ausländische Terroristen den Pakistanern direkt vor ihrer Nase zwei Atombomben gestohlen hatten. Er war sich sicher, dass dies innerhalb von Tagen oder Wochen zum Sturz der pakistanischen Regierung führen würde.
Das Haqqani-Netzwerk nahm Rehans Anweisung, die Sicherheit zu erhöhen, ausgesprochen ernst. Sie schickten Kundschafter in die Dörfer und Siedlungen zwischen Miran Shah und Boya. Sie sollten auf alle ein Auge haben, die sich für die Bewegungen von Männern und Material interessierten. In Nordwasiristan geschah schon zu normalen Zeiten kaum etwas, ohne dass die Haqqanis davon erfuhren. Jetzt gab es praktisch nichts mehr, was dieser mächtigen Organisation verborgen blieb.
Die paschtunischen Ausbilder fanden schnell heraus, dass die dagestanischen Kämpfer sich gut mit ihren Waffen auskannten und hoch motiviert waren. Ihnen fehlte nur das Teamdenken, das die Haqqani-Truppen notwendigerweise in den zehn Jahren entwickeln mussten, die sie jetzt bereits jenseits der Grenze gegen die Koalitionstruppen kämpften.
Das einzige Mitglied der ausländischen Truppe, das nicht mit einem Gewehr umgehen konnte und dem die körperliche Fitness weitgehend fehlte, war ihr Anführer. Safronow hatte sich jetzt selbst den Kampfnamen Magomed Dagestani, Magomed der Dagestaner, gegeben. Obwohl er jetzt also einen Namen besaß, der seine innere
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