Ziel erfasst
Einschätzung der Lage abzugeben und mitzuteilen, inwieweit die Rainbow-Truppe dabei zum Einsatz kommen könnte.
»Meine Herren. Meine Teamführer und ich haben in den vergangenen vier Stunden über einen Einsatzplan zur Rückeroberung des Dnjepr-Kontrollzentrums und der beiden Startsilos nachgedacht. Wir haben dabei versucht, die Lehren aus dem Scheitern der gestrigen Mission der russischen Armee zu ziehen und unsere eigenen gegenwärtigen Möglichkeiten einzuschätzen. Leider sind wir dabei zu einer ernüchternden Erkenntnis gekommen. Obwohl wir annehmen, dass wir bei einer Konzentration unserer Kräfte auf das Startkontrollzentrum eine achtzigprozentige Chance haben, das Gebäude zurückzuerobern und einen Großteil der Geiseln zu retten, haben wir es dort doch mit einem stark befestigten Bunker zu tun, und Mr. Safronow scheint höchst fähig und äußerst motiviert zu sein. Wir glauben deshalb, dass eine fünfzigprozentige Chance besteht, dass er und seine Männer genug Zeit haben werden, um eine Rakete starten zu können, und eine zwanzigprozentige Chance, dass sie sogar beide in die Luft bringen können.«
Der russische Botschafter in Kasachstan schaute General Gummesson eine ganze Weile an. Dann sagte er in seinem schweren Akzent auf englisch: »Also. Das ist alles? Sie kommandieren all diese schwer bewaffneten Männer und behaupten, dass es eine fünfzigprozentige Chance gibt, dass Moskau zerstört wird?«
»Das ist leider so. Unsere Ausbildung musste im vergangenen Jahr wegen fehlender Gelder zurückgefahren werden, und den Männern, die in der letzten Zeit zu unserer Truppe kamen, fehlt die Koordinationserfahrung, über die Rainbow verfügte, als wir noch öfter angefordert wurden. Leider hat unsere Einsatzbereitschaft darunter gelitten.«
»Ist es nicht eher so, dass Sie dabei das Risiko scheuen, General Gummesson?«
Der schwedische Offizier zeigte sich über diese Anspielung nicht beleidigt. »Wir haben uns die Lage genau angeschaut, und sie ist äußerst düster. Wir haben keine Ahnung, über wie viele Männer Safronow noch verfügt. Befragungen der Angestellten des Montagekomplexes, die er gestern freigelassen hat, deuten darauf hin, dass es ursprünglich über fünfzig waren. Wahrscheinlich wurden gestern bei dem Speznaz-Angriff einige getötet, aber wir können nicht wissen, wie viele noch übrig sind. Ich werde meine Männer keinesfalls einer solchen unbekannten Gefahr aussetzen, was auch immer hier auf dem Spiel steht. Meine Truppe und ich werden sofort nach Großbritannien zurückkehren. Meine Herren, guten Tag und viel Glück.«
Gummesson erhob sich und wandte sich zum Gehen, aber ganz hinten am Tisch sprang jetzt ein Speznaz-Oberst auf. »Entschuldigen Sie, General Gummesson.« Er hatte noch einen weit stärkeren Akzent als der Botschafter. »Könnte ich Sie bitten, noch etwas länger in Baikonur zu bleiben? Wenigstens ein paar Stunden?«
»Wozu, Oberst?«
»Ich möchte mit Ihnen unter vier Augen darüber sprechen.«
»In Ordnung.«
Man hatte Clark etwas Zeit zum »Nachdenken« gegeben. Seine zerschmetterte Hand lag immer noch unter einem schmutzigen Handtuch, aber die entsetzlichen Schmerzen, die die Schwellung und die Weichteilschädigung verursachten, wurden noch von denen verstärkt, die die zersplitterten Knochen in seiner Hand, vor allem jedoch die gebrochenen Rippen auslösten, wann immer er sich auf der Suche nach einer bequemeren Sitzposition bewegte.
Trotz der Eiseskälte in diesem Lagerhaus liefen ihm Ströme von Schweiß über Stirn und Nacken. Auch sein Hemd war schweißdurchtränkt und verursachte ihm Kälteschauer.
Sein Geist war inzwischen abgestumpft, ganz im Gegensatz zu seinem Körper. Er wollte, dass dieser grauenvolle Schmerz endlich nachließ. Noch mehr sehnte er sich jedoch nach einem Ende der Angst, dass es diesem dummen Jungen doch noch gelingen könnte, ihn zu brechen, wenn diese Barbarei so weiterging.
Clark wusste, dass er hätte lügen und irgendwelche falschen Verbindungen erfinden können. Er hätte eine komplizierte Geschichte erzählen können, deren Nachprüfung Tage dauern würde. Er befürchtete jedoch, dass ein solches Täuschungsmanöver durch eine Überprüfung der Fakten und ein wenig Recherchearbeit von Kowalenkos Leuten schnell auf fliegen könnte. Vielleicht würde Walentin dann doch mit etwas SP-117 zurückkehren, diesem Wahrheitsserum, das nach vielen Berichten dem unzuverlässigen Natriumpentothal der Vergangenheit um Lichtjahre voraus
Weitere Kostenlose Bücher
Eis und Dampf: Eine Steampunk-Anthologie (German Edition) Online Lesen
von
Mike Krzywik-Groß
,
Torsten Exter
,
Stefan Holzhauer
,
Henning Mützlitz
,
Christian Lange
,
Stefan Schweikert
,
Judith C. Vogt
,
André Wiesler
,
Ann-Kathrin Karschnick
,
Eevie Demirtel
,
Marcus Rauchfuß
,
Christian Vogt