Ziel erfasst
Wenn der Renault zum Beispiel plötzlich und unvermittelt rechts ranfahren würde, müssten die Verfolger entweder anhalten oder ihn überholen. Beides könnte ihre Mission gefährden. Wenn der Renault durch ruhige Seitenstraßen, kleine Gassen oder sogar quer über Parkplätze fuhr, könnten ihn seine Verfolger unmöglich weiter beschatten, ohne dessen Aufmerksamkeit zu erregen.
Aber dies waren nicht einmal die wirksamsten aktiven Maßnahmen, mit denen die Überwachungsmannschaften rechnen mussten. Dies sollte die DCRI -Einheit im 8. Arrondissement herausfinden.
»Achtung!«, rief Chavez, als der DCRI -Subaru-Kombi direkt vor ihnen ganz stark abstoppte und dann in eine enge Gasse einbog. Für ein derart abruptes Manöver des Deckungsfahrzeugs konnte es nur einen einzigen Grund geben. Dessen Insassen hatten gerade über Funk erfahren, dass ihr Zielfahrzeug urplötzlich gewendet hatte und jetzt seinen Verfolgerautos direkt entgegenkam.
Ein solch plötzlicher Richtungswechsel war für ein Team auf dem Weg zu einer verdeckten Mission gar nicht einmal so ungewöhnlich. Der Renault hatte jedoch zuvor keinerlei derartige Tricks angewandt, damit die DCRI -Leute in Sicherheit gewiegt und sie jetzt auf dem falschen Fuß erwischt.
Clark und Chavez hielten jedoch nicht an, da sie sich sonst dem DCRI -Team oder sogar dem Zielfahrzeug selbst offenbart hätten, dessen Scheinwerfer jetzt hundert Meter vor ihnen auftauchten.
Clark fuhr einfach weiter, ohne die Spur zu wechseln oder die Geschwindigkeit zu verringern. Er wendete nicht einmal den Kopf, als das Zielfahrzeug an ihnen vorbeibrauste. Als er an der Avenue Hoche ankam, fuhr er in Richtung Südwesten weiter.
»Schau mal, wer da ist«, rief Chavez plötzlich. Die schwarze Suzuki fuhr immer noch direkt vor ihnen her. »Der hätte doch inzwischen genug Zeit gehabt, umzudrehen und sich an Rokkis Fersen zu heften.«
Clark nickte. »Außer er gehört gar nicht zu den Franzosen. Er gehört zu Rokki. Er hat nach möglichen Verfolgern Ausschau gehalten.«
»Das ist ein URC-Mann?«
»Sieht so aus.«
»Er muss gesehen haben, wie das Deckungsfahrzeug plötzlich abgebogen ist.«
»Auf jeden Fall. Die DCRI ist aufgeflogen.«
»Meinst du, die setzen ihre Verfolgung trotzdem fort?«
»Denen stehen doch mindestens fünf Fahrzeuge zur Verfügung, wenn nicht sogar mehr. Sie setzen jetzt eben die ein oder zwei Autos ein, an denen der Renault vorhin nicht vorbeigekommen ist. Allerdings dürften Rokki und seine Leute inzwischen kurz vor ihrem Bestimmungsort sein.«
Eine Minute später erreichten die beiden Amerikaner die Avenue des Champs-Élysées. Der ortskundige Clark war sich sicher, dass der Renault-Van an genau dieser Kreuzung vorbeikommen musste. Tatsächlich, da war er ja. Sie reihten sich in den langsam rollenden starken Verkehr ein und folgten dem Lieferwagen mit gehörigem Abstand. Gleichzeitig vermieden sie es, in ihren Rückspiegeln nach DCRI -Fahrzeugen Ausschau zu halten. Gut ausgebildeten Geheimdienstprofis würde ein Auto bestimmt auffallen , in dem zwei Männer ständig in den Rückspiegel schauten.
Plötzlich verließ der Renault die Champs-Élysées. Nach ein paar weiteren Richtungsänderungen, die offensichtlich potenzielle Verfolger verwirren sollten, bog er auf die von Bäumen gesäumte Avenue George-V ein. Als das Zielfahrzeug vor ihnen langsamer wurde, sagte Clark: »Anscheinend sind wir da.«
Chavez schaute auf das GPS seines iPhones.
»Direkt vor uns auf der rechten Seite liegt das Four Seasons George V.«
Clark pfiff durch die Zähne. »Das Four Seasons? Ganz schön protzig für einen URC-Unterführer und seine drei Handlanger.«
»Allerdings.«
Tatsächlich hielt der Renault-Van ein paar Autolängen vor dem Luxushotel am Straßenrand an. Gerade als Clark an ihm vorbeifuhr, stieg ein Mann aus, spannte seinen Schirm auf und ging zum Hoteleingang hinüber.
Clark bog nach rechts in eine Seitenstraße ein und hielt an. »Schau mal nach.«
»Bin schon unterwegs«, sagte Chavez, sprang aus dem Galaxy und betrat das Hotel durch einen Personaleingang.
Clark fuhr langsam um den ganzen Häuserblock herum. Als er zum Personaleingang zurückkehrte, wartete dort bereits Chavez im Regen. Er stieg wieder ein und erzählte: »Ein Typ hat gerade eingecheckt. Die Reservierung lautete auf den Namen Ibrahim. Zwei Nächte. Ich habe die Zimmernummer nicht mitbekommen, aber ich habe gehört, wie der Empfangschef einem Hoteldiener auftrug, sie zu ihrer Suite zu führen.
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