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Zielstern Beteigeuze

Zielstern Beteigeuze

Titel: Zielstern Beteigeuze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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machen können, es sei denn, das Meer wäre hier gestiegen und die betreffende Stelle läge weiter draußen im Wasser, vor dem Delta. Nun konnten sie das in der kurzen Zeit zwar nicht meßtechnisch feststellen, aber die Umgebung machte doch eher den Eindruck, als ob das Land sich höbe.
    Wahrscheinlich hatte die vermutete Stadt nicht im Delta gelegen, sondern vor dem Punkt, an dem sich die Mündung des Stromes verzweigte. Dort befand sich auf der einen Seite eine weite, versteppte Ebene, aber auf der anderen ein Mittelgebirge, sehr langgestreckt und mit wenigen günstigen Übergängen. Trotzdem war es nicht sinnlos, im Delta selbst zu suchen. Die Stadt, wenn es sie gegeben hatte, mußte einen Hafen gehabt haben, und es war nicht unwahrscheinlich, daß dessen geometrische Form sich irgendwie auf den Sensorbildern abzeichnete.
    Tatsächlich zeichnete sich jedoch gar nichts ab, und der Kreuzundquerflug über dem Delta brachte ihnen außer schönen Landschaftsbildern bisher nichts ein.
    Der Planetentag ging seinem Ende zu. Sie hatten sich bereits so an die hiesigen Lichtverhältnisse gewöhnt, daß sie in der Lage waren, auch Nuancen wahrzunehmen. Während Elber die Sensorbilder beobachtete, hatte Dela den unterhaltsameren Teil übernommen: Sie schoß mit der Kamera Landschaftsbilder und vor allem Tieraufnahmen. Ihr Adler schwebte langsam und hoch genug, daß sie ein Objekt mit dem Teleobjektiv anvisieren konnte, und sie wußte, daß Hirosh scharf auf solche Bilder war.
    „Da, sieh mal!“ rief sie unwillkürlich, obwohl sie wußte, daß Elber nicht aufsehen konnte.
    „Was gibt’s denn?“ er heuchelte Interesse.
    „Affen!“ sagte sie, eifrig knipsend. „So was Ähnliches wie.“
    „Ach ja?“ Elber wunderte sich so betont gleichgültig, daß Dela lachte. Dann aber griff sie zu ihrem Sprechgerät und sagte: „Hallo, Basis!“ Rila meldete sich. „Sag doch Hirosh gleich mal, ich habe eben Primaten aufgenommen, er soll sie sich ansehen, die Aufnahmen sind überspielt unter Chiffre...“ Sie nannte die Zahlenfolge und schaltete ab.
    Nach einer weiteren Stunde hatten sie das Delta abgeflogen und nichts gefunden - auch Affen waren nicht wieder aufgetaucht.
    „Was meinst du, die Affen werden doch ganz besonders unter den Stoßwellen leiden, oder...? Wenn sie da auf dem Baum rumklettern, und plötzlich sind sie viermal so schwer...“
    „Dann fallen sie runter“, sagte Elber ungerührt. Aber Dela spann weiter. „Und wenn dann einmal ständig die hohe Schwerkraft herrscht - ist doch deine Auffassung, daß die Stoßwellen das nur vorbereiten, nicht? Ja, ob sie dann überhaupt noch auf die Bäume hinaufkommen?“
    „Sag mal, außer deinen Affen interessiert dich wohl gar nichts mehr?“ fragte Elber jetzt. „Soll ich dir einen fangen?“
    Ich hab doch dich, hätte Dela beinahe gesagt, sie unterdrückte es im letzten Moment. Man soll sich dem geliebten Partner in jeder Fasson zeigen, heiß und kalt, heiter und traurig, aber nie geschmacklos.
    „Brauchst keinen“, sagte Elber in diesem Augenblick, „du hast ja mich. - Wir nehmen uns jetzt die erste Stelle vor, wo die Stadt gestanden haben könnte.“
    Er flog eine Schleife, daß der Wind an den Tragflächen pfiff. Der Magnetmonopolgenerator, der sie antrieb, arbeitete geräuschlos. In engen Kreisen schraubte Elber den Adler aufwärts, bis er das gesamte in Frage kommende Feld auf dem Schirm hatte. Sie waren jetzt ungefähr in der gleichen Höhe wie die Gipfel des benachbarten Mittelgebirges. Optisch unterschied sich die Gegend überhaupt nicht von den anliegenden Gebieten. Auch die Multispektralaufnahmen von den Satelliten aus hatten hier nichts ergeben. Jetzt waren Echolot und Metalldetektoren Elbers letzte Hoffnung.
    Langsam sank der Adler, auf der Stelle. Allmählich wurde das Gebiet, das die Sensoren erfaßten, enger. Aber stets hielt Elber den Vogel so, daß der Fluß mitten durch den Bildschirm strömte.
    „Meinst du, daß nach so vielen... zigtausend Jahren immer noch etwas zu finden ist?“ fragte Dela.
    „Warum würde ich wohl sonst suchen?“ fragte Elber zurück. „Und überhaupt, wieso fragst du das erst jetzt, nachdem wir schon stundenlang damit zubringen? Willst du mich trösten für den Fall, daß wir nichts finden?“
    „Wenn ich das wirklich wollte“, erwiderte sie, „wer könnte mir deswegen böse sein?“ Bei sich aber dachte sie, daß es ihr einfach nicht gelingen wollte, die Sachlichkeit zu beweisen, die sie selbst von sich gewöhnt war.

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