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Zielstern Beteigeuze

Zielstern Beteigeuze

Titel: Zielstern Beteigeuze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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wenig fassungslos, „warum sagt sie dann so was?“
    „Sie scheint wohl der Meinung zu sein, daß wir nicht gründlich genug arbeiten.“
    „Und warum denkt sie so schlecht von uns? Wer gibt ihr das Recht dazu? Oder was?“
    „Das weiß ich auch nicht“, sagte Woleg, „ich weiß, daß es mich ärgert.“
    „Und was machen wir jetzt? Alles noch mal von vorn?“
    „Kommt gar nicht in Frage!“ Woleg schüttelte den Kopf. „Erst einmal werden wir jetzt die Aufnahmen der Satelliten auswerten, damit wir mehr über unseren Planeten wissen, das ist für die Arbeit der Basis wichtiger. Mit dem Satellitenprogramm befassen wir uns wieder, wenn wir den dritten starten, mir schwebt da schon etwas vor.“
    Sechsundvierzig Stunden multispektralen Film hatten sie schon zu untersuchen, fünfundvierzigeinhalb Stunden vom ersten und eine halbe Stunde vom zweiten Satelliten. Jetzt mußte sich zeigen, daß sie mit der hart erkämpften Information wirklich etwas anfangen konnten.
    Selbstverständlich war es unmöglich, den gesamten Film einfach ablaufen zu lassen - soviel Zeit hatten sie nicht, ganz abgesehen davon, daß ihnen dann nur die Normallichtkombination etwas genutzt hätte und die zweihundertvierundfünfzig anderen nichts, die sich alle aus den acht Aufnahmebereichen zusammensetzen ließen. Die Hauptarbeit hatte also, wie bei allen Signalauswertungen, der Computer zu leisten, und speziell für diese Aufgabe der Planetenerkundung lagen hinreichend vorgefertigte Programme vor: solche zur Kartographierung der Oberfläche, klimatischer und anderer Parameter - alles das konnte man bei Bedarf abfragen.
    Das wichtigste Problem jedoch war: Wie erhielt man Informationen über G-Schwankungen? Denn das war mit keinem traditionellen Programm direkt erfaßbar.
    Sie einigten sich darauf, zuerst eine Kombination zu betrachten, in der die Struktur der Dunstschicht in der Tropopause erkennbar werden mußte, wo sie also weder ganz durchsichtig noch undurchsichtig war. Wenn es zur Zeit irgendwo auf dem Planeten Stellen mit G-Schwankungen geben sollte, würde dort die Grenze zwischen normaler und gesenkter Gravitation am ehesten sichtbar werden.
    Freilich konnten sie sich auch hier nicht einfach den ganzen Streifen vorspielen lassen, vielmehr mußte der Computer nach ungewöhnlichen Abweichungen gefragt werden und außerdem nach Stellen, an denen sich die Aufnahmen des ersten von denen des zweiten Satelliten unterschieden.
    Das Material, das daraufhin vor ihnen abgespielt wurde, war immer noch recht umfangreich. Sie sahen eine gute halbe Stunde Film, aber was heißt Film: eine rosige Fläche, auf der bisweilen dunkle Muster spielten, mal in grünen, mal in braunen Tönen, und das, wie gesagt, eine halbe Stunde lang. Als der Bildschirm erlosch, stöhnten beide. „Das ist ja das reinste Augenpulver!“ sagte Elber. „Ja“, stimmte Woleg ihm zu, „und vor allem so mitreißend...“
    „Also dann wollen wir mal sehen“, sagte Elber, „die grünen Markierungen stammen vom ersten, die braunen vom zweiten Satelliten. Damit steht schon mal fest - wir wissen zwar nicht, was wir da gesehen haben, aber wir wissen, es bewegt sich.“
    „Richtig“, Woleg stimmte dem Eifer des Jüngeren zu. „Du berechnest die Geschwindigkeit, und ich sehe mir von den fraglichen Stellen ein paar andere Kombinationen an, vielleicht wird da etwas sichtbar!“
    Es dauerte aber doch noch zwei Stunden, bis sie ganz sicher wußten: Da war eine G-Schwankung, sie hatte offenbar in der Äquatorgegend begonnen, sich nach beiden Seiten um insgesamt einen Viertelkreis ausgedehnt und war dann abgeebbt - wenige Breitengrade von ihnen entfernt.
    Das alles war schon sehr wichtig zu wissen. Aber was noch wichtiger war: Sie konnten jetzt dem Computer ein Programm eingeben, das ihn befähigte, diese Erscheinungen selbsttätig zu registrieren, ein Programm, das sicherlich später noch verfeinert werden würde, das sich aber schon jetzt mit einem Signalgeber verbinden ließ für den Fall, daß so ein Schwankungsbereich in ihrer Nähe auftauchte.
    Delawara wollte sich immer noch nicht eingestehen, daß sie enttäuscht war - von der Expedition, von Atacama, von sich selbst auch, denn sie hatte doch gewußt, daß so ein Unternehmen vor allem aus Kleinarbeit besteht, aus immer gleichbleibender, präziser Meßtätigkeit; sie war doch nicht unerfahren, hatte keine pseudoromantischen Vorstellungen von diesem Auftrag gehabt, warum also fühlte sie sich so unausgelastet, ja überflüssig?

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