Zielstern Beteigeuze
sich, deren Sinn sich uns verschließt. Sicher ist eigentlich nur, daß diese Gesellschaft sich mindestens in der zweiten Stufe der Zivilisation befinden muß, die durch die Beherrschung der Energiequellen des Fixsterns charakterisiert ist, ihr kennt wohl alle diese Einteilung.
Wir werden also unsere Arbeit tun, ohne die hier ablaufenden Prozesse mehr als notwendig zu stören; vor allem werden wir keine künstliche Gravitation einsetzen außer bei eventuellen Starts und Landungen. Die Leitung der Arbeiten hat Woleg als CB, ihm unterstehen alle außer Atacama und Delawara, die über die Satelliten die Vermessung des Beteigeuze fortsetzen.
Denn unsere ursprüngliche Aufgabe ist nicht eigentlich beiseite geschoben. Nur die Voraussetzungen, unter denen sie gestellt wurde, haben sich geändert. Ursprünglich wurde vorausgesetzt, daß es sich bei den früheren Intensitätsschwankungen und ihrem plötzlichen Aufhören vor sechshundert Jahren um einen natürlichen Prozeß handelte. Unter dieser Voraussetzung war die Suche nach Restschwankungen der einzig richtige und erfolgversprechende Weg. Jetzt aber müssen wir annehmen, daß diese Ereignisse Teil eines technischen Prozesses waren, zu dem ebenfalls gehört, was wir hier erlebten und erleben - in dem Fall wäre das völlige Ausbleiben von Restschwankungen, nun, zwar kein Beweis, aber ein Indiz. Ihr seht, die Beobachtung muß fortgesetzt werden.
Was ist aber nun in der Hauptfrage zu tun - denn als Hauptfrage erscheint uns doch allen der Kontakt mit dieser Gesellschaft?
Dazu muß ich sagen: Ich weiß es nicht, und niemand von uns kann es wissen. Vielleicht hat der erste Kontakt schon stattgefunden - wir können das nicht beurteilen. Da die hiesige Gesellschaft uns eine Etappe voraus ist - mindestens eine -, müssen wir ihr die Wahl der Kanäle überlassen, über die Kontakt gefunden wird. Bei allen eigenen Versuchen in dieser Richtung laufen wir Gefahr, die Hiesigen zu stören oder zu schädigen - ja, zu schädigen, denn nicht nur unfaßbar große Energien spielen hier eine Rolle, sondern auch unfaßbar geringe.
Ich sagte: die Hiesigen, und ich will damit zu einem weiteren Problem überleiten. Es mag geringfügig sein, aber es ist nun mal zu klären. Wir werden sicherlich oft über die Hiesigen sprechen, bevor wir mit ihnen sprechen. Und etwas, worüber man oft spricht, sollte einen Namen haben. In diesem Fall ist es ganz gleich, welches Wort wir wählen, und deshalb folge ich dem Vorschlag Elbers, der ja bekanntlich ihre Stadt entdeckt hat: Nennen wir sie - in Anlehnung an ihren Zentralstern - Geusen. Daß dieses Wort zugleich eine historisch-irdische Bedeutung hat, soll uns nicht stören.
Wenn wir also den Geusen die Wahl überlassen, wie sie mit uns Kontakt aufnehmen, dann soll das doch nicht heißen, daß wir die Hände in den Schoß legen. Soweit unsere Arbeit uns Zeit läßt, werden wir jeder Idee, jeder Hypothese, jedem Vorschlag nachgehen, den wir prüfen können, ohne irgendwelche Prozesse aktiv zu beeinflussen. Ich weiß, das ist ungenau, und es ist im Einzelfall gewiß schwer zu entscheiden, wo die Grenze zwischen passiver und aktiver Beobachtung liegt. Deshalb sollte uns ein Prinzip leiten: Im Zweifelsfall haben die Bedenken Vorrang.
Überhaupt läßt sich jetzt und von hier aus nur wenig darüber sagen, was wir tun werden. Wir werden gewiß die Stadt besuchen - aber alles andere muß zunächst von Tag zu Tag entschieden werden. Um so wichtiger ist jedoch eine gemeinsame grundsätzliche Einstellung. Und da sehe ich leider Anlaß, noch etwas Prinzipielles zu sagen.
Es ist hier in Gesprächen die Ameisenideologie umgegangen. Das ist also die Vorstellung, die Geusen könnten in ihrer Entwicklung so weit von uns entfernt sein wie wir von den Ameisen, oder anders, wir wären für sie sowenig beachtlich wie auf der Erde die Ameisen für uns: Auf der Erde zerstören wir nicht einen Ameisenhügel, weil wir das Leben schützen in allen seinen Formen; aber wir untersuchen beim Gang über einen Waldweg andererseits nicht vor jedem Schritt, den wir tun, den Boden, ob wir auch nicht auf eine Ameise treten - und so weiter und so fort.
Ich möchte mich dazu in aller Schärfe äußern, damit wir uns davon befreien. Diese Ameisenlegende ist einer der - Verzeihung - idiotischsten Gedankengänge, den uns die Vorgeschichte hinterlassen hat. Gesellschaften, Zivilisationen, die die Vorgeschichte hinter sich gelassen haben, erkennen, hüten, fördern einander - das sollte uns
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