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Zielstern Beteigeuze

Zielstern Beteigeuze

Titel: Zielstern Beteigeuze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Steilwand von etwa vierzig Meter Höhe.
    Nach etwa zehn Minuten kamen sie an die erste Straße und staunten. Das war keine Straße, sondern eher eine große Rinne, zwanzig Meter breit mit einem Viertelkreisbogen als Querschnitt, und sie endete übergangslos dort, wo die Gebäude aufhörten - von einer Straße stellt man sich doch mindestens vor, daß sie Stadt und Land verbindet und daß man sie in beiden Richtungen benutzen kann. Doch wie sollten Fahrzeuge oder Personen in einer solchen Rinne einander ohne Mühe ausweichen können? Oder waren das vielleicht mal Wasserkanäle... Aber was hätte das Wasser daran gehindert, auszulaufen und im Boden zu versickern...
    Eine Abwechslung unterbrach ihren Austausch von Vermutungen und Spekulationen: Die Wand links vor ihnen war unterbrochen, nicht durch eine solche Straße oder Rinne, nein, hier war ein Teil der Baulichkeiten eingestürzt. Auf ein paar hundert Meter Länge fehlte die Außenwand, lag in ungleichförmigen Bruchstücken oder als Schutt unter ihnen, und sie konnten mehr oder weniger tief in die Gebäude hineinsehen. Und da sahen sie denn, daß es sich doch wohl um Wohnstätten handelte. Die Gebäude waren unterteilt in verschieden große Räume, in der Höhe etwa menschlicher Größe entsprechend. Es gab Treppen, aufgerissene Röhren und Kabel wurden sichtbar - na gut, es konnte trotzdem etwas anderes sein, aber nun schien es auch Dela, die nicht mehr so recht daran geglaubt hatte, wahrscheinlich, daß hier die Geusen hausten. Oder gehaust hatten.
    Aber das machte sie nicht froh. Während Elber bedauerte, daß ihnen für eine sofortige Untersuchung die Zeit fehlte, daß sie damit Gefahr laufen würden, sich zu verzetteln, dachte Dela, daß Elber wohl nur auf ihren Widerspruch wartete, um sich vom Programm zu lösen, das sie sich selbst gegeben hatten und das unter dem Motto stand: Überblick verschaffen. Und es tat ihr leid, daß sie nicht widersprochen hatte, aber da war die Stelle schon vorbei, sie konnte sich nur noch fragen, warum sie sich so abwartend verhalten hatte, und nun mußte sie erkennen: aus Angst. Ja, diese verlassene Stadt, diese tote Stadt, die dabei war, sich in eine Ruine zu verwandeln, sicherlich unter dem Einfluß der Stoßwellen - das alles war ihr unheimlich. Und als sie an noch weiteren zerstörten Stellen vorbeikamen, unterließ sie es ebenfalls, Elbers Neugier entgegenzukommen.
    Es war ja auch viel wichtiger, was sie feststellen konnten, als sie die Runde gemacht hatten: Im Boden war keine Leitung für Material- oder Informationstransport verborgen. Auf diesem Wege kam nichts in die Stadt, und nichts verließ sie. Über dem Boden gab es nur die großen Rinnen, die aber am Stadtrand aufhörten, und natürlich den Luftraum - aber keine Landeplätze im Innern der Stadt. Merkwürdig, so eine Stadt muß doch einen Stoffwechsel mit ihrer Umgebung haben!
    Sie nahmen die Boje wieder an Bord und flogen weiter bis zur Einmündung der nächsten Rinne. Dort bogen sie ein. Und wieder Wände, ununterbrochene Wände auf beiden Seiten - keine Türen und Fenster, nicht einmal Querstraßen, gewiß, sie hatten schon von oben keine gesehen, aber es hätte doch sein können, daß es hier überbaute Straßen gab. Wenn das wirklich eine Stadt war, woran Dela schon wieder ein bißchen zweifelte, dann mußte man ja annehmen, die Bewohner könnten durch die Wände gehen.
    „Irgend etwas ist jetzt anders“, sagte Elber plötzlich.
    Dela schreckte aus ihren Gedanken auf und sah hinaus - die gleichen geschlossenen Wände rechts und links, und vor ihnen die sanfte Kurve der Rinne.
    Aber tatsächlich, jetzt hatte Dela auch das Gefühl, es habe sich etwas verändert. Aber was? Die Farbe der Wände? Ja, das war’s. Oder nein: die Farbe des Himmels. Dela zeigte nach oben.
    „Ach, das ist es“, sagte Elber, und nach einem prüfenden Blick setzte er hinzu: „Es wird gleich regnen.“
    „Wenn sich etwas allmählich ändert, kriegt man das kaum mit oder erst zu spät“, sprach Dela nachdenklich. „Vielleicht sollten wir ein Stück überspringen. Nicht immer in der Rinne bleiben. Hoch über die Dächer und mit einem Satz ins Zentrum beispielsweise.“
    Elber wollte gerade zustimmen, als ein Glockenton erklang. Sie waren über irgendeine Höhlung im Untergrund hinweggeschwebt. Elber hielt die Fähre an und steuerte sie zurück bis an die angezeigte Stelle. Genauere Vermessung zeigte, daß in fünf Meter Tiefe ein Stollen die Rinne unterquerte, und der hatte den

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