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Zigeuner

Zigeuner

Titel: Zigeuner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bauerdick Rolf
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Theresia Seible gründete einen Frauenverein unter dem Namen »Comitée der Zigeuner«, und in Niedersachsen gab es einen »Verband der Zigeuner«.
    Nun mögen diese Organisationen in der politischen Bedeutungslosigkeit und im Dunkel des Vergessens verschwunden sein. Schwer vorstellbar hingegen ist, dass Romani Rose sich nicht daran erinnert, dass nach seiner Wahl zum Vorsitzenden 1982 Zigeuner aus ganz Deutschland vehement gegen ihn und den Vertretungsanspruch des Zentralrats opponierten. In einer Aufsehen erregenden Pressekonferenz in Köln verwahrten sich die »Nicht organisierten Deutschen Zigeuner« gegen die »zigeuneruntypische« Politik des Zentralrats. Die Süddeutsche Zeitung titelte: »Zigeuner wollen keine Sinti sein.« Die Initiatoren wie Hugo Franz gaben an, für Zehntausende deutscher Sinti zu sprechen und stellten klar, den »Verbandszigeunern kein Mandat erteilt« zu haben. Ungewöhnlich heftig warfen die bekennenden Zigeuner Romani Rose und »seinen Sympathisanten« von der Gesellschaft für bedrohte Völker in einer Erklärung vor, ihre »schädliche Öffentlichkeitsarbeit« werde für sie selbst und ihre deutschen Mitbürger »immer unerträglicher«.
    »Wir wollen auch dieses makabre Geschrei vom Holocaust und der Diskriminierung nicht länger über uns ergehen lassen.« Gerade die Älteren seien »ausreichend genug mit unseren grauenvollen Erinnerungen an diese Schreckenszeit beschäftigt und bemüht, das Unvergessliche zu verkraften, zu überwinden und zu überleben … Auf dem Weg zur Versöhnung stört uns diese Bürgerrechtsarbeit von Romani Rose. Sie führt zum Hass, zum Unfrieden unter uns und mit unseren deutschen Mitbürgern. Wir wollen weder hassen noch Hass heraufbeschwören. Wir wollen keine Feindschaft, sondern Freiheit und gegenseitige Achtung.«
    Auch der Würzburger Sinto Erwin Winterstein grenzte sich in einem offenen Brief von den »Berufszigeunern« ab. »Allein die Behauptung, das Wort Zigeuner dürfe man nicht mehr benutzen, weil es uns diskriminiert, ist ein reines Märchen. Schlichtweg erfunden. Wieso darauf gebildete Leute hereinfallen, können wir nur so deuten, dass niemand an uns wirklich interessiert ist.« Wahrscheinlich ahnte Erwin Winterstein vor dreißig Jahren nicht, dass er mit dieser Bemerkung das Wesen der politischen Korrektheit in Bezug auf sein Volk auf den Punkt gebracht hatte.
    Bemerkt werden muss um der sachlichen Richtigkeit willen, dass Romani Rose bei der Verwendung des Begriffs Zigeuner wohl selbst keine Bedenken hatte. Früher zumindest, als er noch nicht der Vorsitzende des Zentralrats war. Da bedankte er sich überschwänglich bei dem Darmstädter Bürgermeister Winfried Sabais in einem Brief für ein von der Stadt ausgerichtetes Festival, das unter dem Namen »Musikfest der Zigeuner« firmierte. Zugleich warnte er den Bürgervorstand, Kirchenleute und Pressevertreter vor »skrupellosen Roma« und »dubiosen Geschäftemachern«. Sie würden »den guten Willen der Stadt Darmstadt und die Zwangssituation heimatloser Zigeuner zur persönlichen Bereicherung ausnutzen«, in dem sie ausländischen Roma »gegen beträchtliche Summen« Asylmöglichkeiten in Darmstadt versprachen.
    Mit solchen Aussagen ist man als Nichtzigeuner heute ein Rassist. Wenn man Glück hat. Hat man Pech, kommt noch eine Strafanzeige wegen Volksverhetzung hinzu.
    »Ich bin ein Zigeuner«, bekundet der Sinto Freddy Walter, der sich auf seiner Homepage »Ziggomann« nennt und über den ich nicht mehr weiß, als was er bei Facebook von sich preisgibt. Der Aschaffenburger ist nach eigenen Angaben 1977 geboren und einssechzig groß. Er ist ein leidenschaftlicher Musiker, der in diversen Jazz- und Rockbands Gitarre spielt. Gemeinsam ist uns die Sympathie für die John Mayer Band und für den Sound elektrischer Gitarren wie die Fender Stratocaster und die Gibson Les Paul, mit denen er sehr passabel umzugehen weiß. Zudem teilen wir die Abneigung gegen die stereotype Verwendung des Begriffspaars »Sinti und Roma«. Bei dem Musiker Freddy Walter fand ich die berührendste Erklärung für die »übertriebene Korrektheit« der Deutschen. Sie sei ein Mittel, mit der Nazi-Zeit und den 500 000 getöteten Sinti und Roma umzugehen. »Die Deutschen denken, dass sie den Zigeunern etwas schuldig sind. Aber das stimmt nicht.«
    So sind sie, die Zigeuner. Die meisten jedenfalls.
    Sie beschämen uns. Deshalb glauben wir ihnen nicht. Ihre Großherzigkeit ist uns suspekt. Wir trauen ihr nicht. Vielleicht

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