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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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Degen zu ziehen. Mit ein paar schnellen Schritten hatte der Prinz den Mann eingeholt. Ihre Klingen schlugen in einem Funkenregen aufeinander. Es war eine heftige, aber kurze Auseinandersetzung. Der Wachposten unterdrückte einen Schrei, als ihm der Degen aus der Hand geschlagen wurde und zitternd und senkrecht in einem Dunghaufen steckenblieb. Mit dem Knauf seines Degens versetzte Roderic dem Wächter einen harten Schlag ans Kinn. Der Wachposten sank zu Boden und blieb reglos liegen.
    Ohne zu zögern trat Roderic über den Mann hinweg und rannte zu den Eisentoren des Chateaus. Mit einem einzigen Schwertstreich schnitt er das Seil durch, an dem das Gegengewicht hing. Das Gewicht donnerte zu Boden, und langsam schwangen die Tore auf. Die Truppe drang mit durchdringendem Geschrei, das von den Steinmauern widerhallte, ein.
    Sie kamen gerade rechtzeitig, denn irgendwo öffnete sich eine Tür, und gelbes Licht fiel in den Eingangshof. Männer stolperten heraus, mühten sich eilig, ihre Uniform anzuziehen. Sie sahen die Truppe, hielten inne und hoben die Pistolen. Die flammenden Explosionen des Schießpulvers erblühten im Dämmerlicht wie kurzlebige Blumen. Die Truppe ging in Deckung und zog ebenfalls die Waffen. Der Lärm des Schußwechsels hallte im engen Hof wider, ließ die Tauben auffliegen und in den perlgrauen Himmel hochsteigen. Degen wurden gezogen. Das Morgenlicht glänzte silbern auf den Klingen, die gekreuzt und geschlagen wurden. Männer stöhnten vor Anstrengung. Flüche erschollen. Füße schlurften und stampften auf dem ungleichmäßigen Pflaster des Hofes vor und zurück.
    Es waren nur wenige Wachen. Binnen kurzem war alles vorüber. Die Männer wurden gefesselt und gezwungen, sich hinzulegen. Einer unter ihnen, ein narbiger, zäh aussehender Veteran mit einer stark blutenden Kopfwunde, die ihn halb erblinden ließ, schien etwas Autorität auszustrahlen. Roderic wandte seine Aufmerksamkeit dem Mann zu, zog ihn hoch, bis er saß, und kniete sich dann über ihn.
    »Wo ist euer Herr, de Landes?«
    »Wer will das wissen?« knurrte der Mann.
    Roderic plazierte seine Hand auf dem Schwertknauf. »Der Mann, der dich mit einem Schlag ins Paradies schickt, solltest du nicht antworten - und zwar mit dem nächsten Atemzug.«
    Mara wartete, alle Muskeln angespannt. Sie fürchtete sich nicht nur vor der Antwort, die ihnen verraten würde, ob de Landes ihrer Großmutter etwas angetan hatte, sondern auch davor, gleich einen Mann sterben zu sehen. Da sie, die den Prinzen kannte, die ruhig ausgesprochene Drohung bereits glaubte, war es nicht überraschend, daß der Hauptmann des Chateaus in großen, perligen Tropfen zu schwitzen begann.
    »Ich bitte um Vergebung, Monsieur. Wir - wir haben ihn seit Wochen nicht gesehen.«
    »Bei euch ist eine alte Dame. Wo ist sie?«
    »Meinen Sie Madame Helene? Sie ist in ihrem Bett, wo sonst?«
    »Ist sie krank?« fragte Mara nervös.
    Der Mann sah zuerst sie, dann Roderic verwirrt an. »Sie schläft, soweit ich weiß.«
    Roderic riß den Mann auf die Füße. »Du wirst uns führen.«
    »Sie werden ihr nichts tun?«
    Auf diese Frage hin ließ die Anspannung der Truppe abrupt nach. Sie schauten sich an, und ein Lächeln legte sich auf ihre Mienen. Juliana trat als erste vor. »Trottel«, sagte sie ohne Groll. »Bring uns zu ihr.«
    Mit donnernden Stiefeln und klirrenden Schwertern gingen sie durch das Tor des Chateaus, traten alte und brüchige Sättel, Reitzeug und Uniformstücke beiseite, bevor sie die große Eingangshalle durchquerten. Eine Wendeltreppe aus weißem Kalkstein führte nach oben. Sie bestiegen sie in einer Prozession, Roderic neben dem Gefangenen, gefolgt von Mara und den anderen. Zwei Stockwerke weiter oben verließen sie die Treppe und durchquerten eine weitere Halle voller Hirschgeweihe und uralter Sessel mit fadenscheinigen und mottenzerfressenen Polstern. Neben dem großen, hochragenden Kamin aus beschlagenem weißen Kalkstein war eine Tür in der Wand. Der Hauptmann der Wache blieb davor stehen.
    Roderic schaute dem Mann ins Gesicht und hob dann die Hand, um anzuklopfen. Ruhig schallte das Geräusch durch den weiten Saal. Niemand antwortete. Er klopfte noch einmal.
    »Wenn du gelogen hast -«, setzte Estes an.
    »Ich habe nicht gelogen. Lassen Sie mich«, sagte der Hauptmann und donnerte mit den Fäusten gegen die Tür. Das Ergebnis war das gleiche. Nichts rührte sich.
    »Beiseite«, befahl Roderic.
    »Es ist nicht abgeschlossen«, sagte der Hauptmann.
    Roderic

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