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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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beauftragte, die Truppe zu holen.
    Die Zigeuner fanden Grandmere Helene. Sie durchkämmten jedes Dorf, jeden Schuppen, jeden Hühnerstall. Sie sahen und hörten alles, während sie Pferde kauften und verkauften, jonglierten, Akrobatik aufführten und auf Jahrmärkten Liebestränke verkauften oder die Zukunft weissagten. Sie erfuhren von jedem Fohlen, das geboren wurde, von jeder Henne, die Eier legte, und von jedem gefallenen Mädchen. Sie erfuhren ganz bestimmt, wenn ein Fremder in ihrem Bezirk war. Ein Suchbefehl wurde in Calo erteilt, reiste so schnell, wie ein Reiter reiten konnte. Man verlangte Auskunft über eine ältere Dame bestimmten Aussehens, die auf dem Landsitz eines Edelmannes festgehalten wurde. Die Antwort kam so schnell, als hätte der Wind sie hergetragen. Es gab eine solche Dame in einem Chateau im Loiretal, nicht weit von den Wäldern um Chambord. Sie war wohlauf und fröhlich, für-wahr äußerst liebenswürdig, wenn auch vielleicht ein bißchen verrückt.
    Als die Nachricht eintraf, war das Rettungskommando bereits organisiert und bereit zum Aufsitzen. Eine Gruppe von Männern verließ Paris in der Dunkelheit vor dem Morgengrauen im Tempo der schnell rollenden Kutsche, die in ihrer Mitte fuhr. Die tiefliegende, langgestreckte Kutsche war grau und schwarz lackiert. Drinnen lag Juliana auf den Kissen und versuchte zu schlafen, während Mara aufrecht saß und in die Dunkelheit starrte. Die Schwester des Prinzen war mitgekommen, weil sie sich das Ereignis um keinen Preis entgehen lassen wollte, Mara, weil sie ihre Großmutter Wiedersehen wollte - und weil Roderic darauf bestanden hatte. Sie glaubte, daß er ihr nicht genug vertraute, um sie allein im ruthenischen Haus zurückzulassen. Allerdings hatte er behauptet, daß ihre Anwesenheit ihre Großmutter beruhigen sollte, wenn sie mit ihren zukünftigen Rettern konfrontiert würde.
    Mara hätte sich keine angenehmere Reisegefährtin wünschen können als Juliana. Sie beklagte sich nicht und begann nicht wegen jeder Kleinigkeit zu plappern und nervös zu werden, und sie blieb auf ihrer Seite der Bank. Andererseits schränkte ihre Fähigkeit, auch unter wenig idealen Gegebenheiten Schlaf zu finden, ihre Qualitäten als Ablenkung erheblich ein.
    Mara konnte nicht schlafen, hatte ihre Augen in den achtundvierzig Stunden seit dem Ball kaum geschlossen. Nachdem Roderic die Truppe zusammengerufen und seine Pläne dargelegt hatte, war sie in ihr Zimmer gegangen. Sie hatte es nicht verlassen, obwohl sie damit gerechnet hatte, von Roderic gerufen zu werden. Nichts war geschehen. Sie war mit ihren Gedanken und Ängsten allein geblieben.
    Die erste Angst bestand darin, daß sie erfolglos wären. Entsetzt malte sie sich aus, daß de Landes, einen Rettungsversuch vorherahnend, ihnen vorauseilen, ihre Großmutter wegbringen oder sie sogar umbringen würde; oder daß er andernfalls eine unüberwindliche Wache aufstellen würde. Die zweite bestand darin, daß sie Erfolg haben würden, daß Roderic triumphierend mit ihrer Großmutter nach Paris zurückkehren würde, wo Grandmere Helene dann in allen intimen Details mitansehen müßte, wie ihre Enkelin durch die Hände des Prinzen entehrt wurde, wohl wissend, daß sie selbst der Grund dafür war.
    Es gab noch eine dritte Angst. Ihretwegen sah sie immer und immer wieder die Szene im Haus der Vicomtesse Beausire vor ihrem inneren Auge. Sie sah den Kellner und die Männer um ihn herum, den seufzenden Stoß des Wurfmessers. Wer hatte den Mann getötet?
    Vielleicht war es eine übereifrige Leibwache des Königs gewesen, die den Monarchen schützen wollte. Vielleicht war es auch ein erzürnter Gast gewesen, der sich für die Gefahr rächen wollte, in die der Kellner die Anwesenden gebracht hatte. Aber vor allem konnte es der Prinz und seine Truppe" gewesen sein, die Männer, die ihn festgehalten hatten. Vielleicht hatte Roderic selbst den Mann zum Schweigen gebracht, der als einziger wußte, welche Rolle er tatsächlich gespielt hatte.
    Verdächtigungen. Sie waren düster und gefährlich und nagten an ihr. Es wäre besser gewesen, sie offen auszusprechen. Aber wie konnte sie das? Die schlimmste Bedrohung solcher Verdächtigungen besteht in der Angst, daß sie sich bestätigen könnten.
    Was würde es bedeuten, wenn Roderic den Befehl zum Mord an dem Kellner gegeben hatte? Würde es, konnte es bedeuten, daß Roderic selbst das Attentat geplant hatte ? Roderic, der mit seinem auffälligen Eingreifen die eigentliche Tat

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