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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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ihn bei den Schultern zu packen.
    Warm und fest lagen sie unter ihren Händen, die Muskeln gaben nach und leisteten vor Überraschung keinen Widerstand. Einen winzigen Augenblick erwiderte sie seinen kobaltblauen Blick mit ernsten, herausfordernden Augen. Dann legte sie ihre Lippen auf seine, strich über die seidige, wohlgeformte Oberfläche, erforschte mit ihrer Zungenspitze die eingegrabenen Winkel, die empfindsame Linie, an der sie zusammentrafen. Er beugte sich vor, und seine warmen Lippen öffneten sich willig. Benommen vor Triumph und einem Gefühl, das sie noch nicht erkennen konnte, ließ sie ihre Hände über seine Schultern gleiten und verschränkte sie hinter seinem Hals, den Kuß vertiefend.
    War es Berechnung, die sie zurückweichen ließ, oder zweifelte sie an ihrer eigenen Courage? Hatte sie eine winzige Bewegung seinerseits verwirrt oder ihr wachsendes Bedürfnis, ihm näher zu sein? Sie hätte das nicht sagen können, aber sie ließ ihn los und wich zurück.
    »Gute Nacht«, murmelte sie.
    Einen Herzschlag lang starrte er sie mit unergründlicher Miene an. Dann drehte er sich mit einer glatten, geschmeidigen Beherrschtheit um, die von unbegrenzter Kraft kündete, und ging aus dem Zimmer.
    Mara brach auf dem Bett zusammen, bedeckte ihr Gesicht mit beiden Händen und ließ die Stirn auf die Knie sinken. Was sollte sie nur tun? Sie mußte sich der Tatsache stellen, daß sie es vielleicht nicht in das Bett des Prinzen schaffen würde. Was sollte aus ihrer Großmutter werden, wenn ihr das nicht gelang? Was würde de Landes tun?
    Diese Fragen waren von entscheidender Bedeutung und quälend, aber es gab noch eine weitere, die endlos in ihrem Kopf kreiste. Wie sollte sie Roderic am Morgen gegenübertreten?
    Sie fühlte sich verletzt und niedergeschlagen und, ja, erschöpft, als hätte sie eine verzweifelte Schlacht geschlagen. Ihr Brustkorb schmerzte, ihre Lippen brannten, und ihr Stolz war wund. Sie sehnte sich mit gleicher Inbrunst nach Rache und Vergessen, nach Erlösung von der Demütigung, die sie peinigte.
    Und doch war sie in anderer Hinsicht erleichtert. In Anbetracht von Roderics Verhalten gegenüber seiner Truppe, wenn sie sein Mißfallen erregte, wußte sie, daß sie sich glücklich schätzen konnte, ihm fast unversehrt entronnen zu sein. Mehr noch, sie war sogar der letzten physischen Kapitulation entronnen. Sie hatte allen Grund, erleichtert zu sein.
    Die Selbstkontrolle des Prinzen war für sie wie eine Offenbarung. Sie hatte unbewußt vermutet, zweifellos aufgrund ihrer Erfahrung mit Dennis, daß den Männern die letzte Selbstbeherrschung fehle, daß sie ihren Gelüsten eher ausgeliefert seien. Roderic hatte sie begehrt. Er hatte es nicht zugegeben, aber es war offensichtlich gewesen. Trotzdem hatte er sich zurückgehalten. Aus welchem Grund auch immer, er hatte sich von ihr zurückgezogen, obwohl er sie leicht hätte besitzen können, hatte sie aus seinem Bett, seinen Gemächern, seiner Nähe entfernt. Trotz ihrer Willigkeit, ihrer Berührung, selbst ihrer Bitten hatte er, egal wie schwer oder leicht es ihm gefallen sein mochte, den Willen aufgebracht, sie abzuweisen.
    Mara setzte sich auf und warf ihr Haar zurück. Erstaunt erwog sie Roderics Benehmen und dachte an das andere Mal zurück, als sie allein mit einem Mann gewesen war. Langsam wurde ihr klar, daß Dennis Mulholland in jener Nacht im Sommerhaus jede Selbstbeherrschung hatte missen lassen. Er hatte nicht mehr Selbstdisziplin aufgebracht als ein kleiner Junge allein in einem Zuckerwarenladen. Zufällig hatte sich ihm die Gelegenheit geboten, seine Gelüste zu befriedigen, und er hatte sie mit beiden Händen ergriffen. Er hatte keine Sekunde an sie gedacht. Ihm war ihre mißliche Lage gleichgültig gewesen und daß sie keine Luft bekam; er hatte bloß versucht, seinen Appetit auf ihre Kosten zu stillen. Sie war zu Recht wütend gewesen in jener Nacht, hatte sich zu Recht geweigert, ihn zu heiraten. Er hatte das gewußt. Sein Tod hatte nichts daran geändert.
    Plötzlich fühlte sie sich, als wäre eine große Dunkelheit von ihren Gedanken genommen. Sie trug keine Schuld. Dennis Mulholland war nicht ihretwegen umgekommen. Sie war keine Verführerin, die ihn über alle Widerstandskraft hinweg gereizt und dadurch die Entehrung herbeigeführt hatte, die ihn dann den Tod suchen ließ. Es war seine eigene Schwäche gewesen, so wie es seine Wahl gewesen war, sich zurückzuziehen oder ihre Tugend mit seiner Berührung zu verletzen.
    Wie

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