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Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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mit seinem Mund auf ihrem.

10. Kapitel
    Die blasse Wintersonne, die durch die Scheiben des pastellgetönten Glases fiel, legte sanftrosa und hellblaue Kreise über Mara, während sie die Hauptgalerie auf und ab ging. Sie war allein. Roderic war zu einer Audienz an den Hof berufen worden. Die anderen waren auf diversen Besorgungsgängen. Man erwartete keine Gäste. Sie hätte erleichtert sein müssen, froh über die paar Augenblicke für sich selbst; statt dessen fühlte sie sich alleingelassen.
    Doch sie brauchte Zeit zum Nachdenken. Der Plan konnte jetzt umgesetzt werden. Sie hatte das ihr gesetzte Ziel erreicht und mußte den daraus erwachsenden Vorteil nutzen. Das Problem war, daß sie es einfach nicht schaffte, sich auf das Notwendige zu konzentrieren.
    Sie hatte bislang kaum darüber nachgedacht, wie sie Roderic überreden sollte, am Ball der Vicomtesse Beausire teilzunehmen. Das Problem, ihn zu verführen, war so übermächtig groß gewesen, daß sie nicht darüber hinaus hatte blicken können. Jetzt sah sie die Schwierigkeiten nur allzu deutlich vor sich. Trotz der Versicherungen de Landes', Roderic werde überaus kooperativ sein, wenn sie erst einmal sein Bett erobert hätte, konnte sie nicht glauben, daß sie nun mehr Einfluß auf ihn hatte als zuvor. Der Prinz fand sie begehrenswert - daran konnte es nach der vergangenen Nacht kaum einen Zweifel geben, aber es war lächerlich, anzunehmen, daß er sich von ihr seine Handlungen diktieren lassen würde.
    Das Wissen, daß sie Roderic auf irgendeine Weise dazu bringen mußte, sich ihrem Willen zu fügen, und daß sie dazu das ausnutzen mußte, was zwischen ihnen vorgefallen war, war beunruhigend. Sie kam sich wie eine Prostituierte vor. Es schien, als würde sie in Wahrheit nicht ihn, sondern ihr innerstes Selbst betrügen.
    Die Nacht mit Roderic war eine Offenbarung gewesen. Sie hatte sich nicht träumen lassen, daß sie zu solcher Selbstaufgabe, zu so intensivem Empfinden fähig war. Die Entdeckung war ein Geschenk, das sie in den Dreck zerren würde, wenn sie diese neu erwachten Gefühle dazu benutzte, ihren Kopf durchzusetzen.
    Und doch blieb ihr nichts anderes übrig. Es gab kein Entrinnen. Grandmere Helenes Sicherheit und Gesundheit hingen davon ab. Sie mußte es tun.
    Aber wie sollte sie das Gespräch auf den Ball bringen, auf einen Ball, von dem sie eigentlich nichts wissen durfte? Unter welchem Vorwand sollte sie den Prinzen dazu überreden, daran teilzunehmen? Wie konnte sie bewirken, daß er sie mitnahm, obwohl sie keinen offiziellen Rang einnahm und in die Einladung nicht eingeschlossen war? De Landes tat sich leicht, von gesellschaftlichen Anlässen zu reden, zu denen ein Mann von Rang seine Mätresse mitnahm; ihrem Eindruck nach erwartete die französische Gesellschaft anläßlich eines Ereignisses, dem auch Louis Philippe beiwohnen würde, mehr Diskretion, selbst von einem unberechenbaren Prinzen wie Roderic von Ruthenien.
    Das Problem bereitete ihr Kopfschmerzen. Was sollte sie tun? Wäre es besser, auf einen geeigneten Augenblick zu warten, vielleicht bis nach einem Liebesakt, und dann sehnsüchtig von den glänzenden gesellschaftlichen Ereignissen zu reden, von denen sie gehört hatte, an die sie sich aber nicht erinnern konnte? Sollte sie liebevoll um die Ehre betteln, von einem wahrhaften Prinzen begleitet zu werden ?
    Das konnte sie nicht.
    Vielleicht konnte sie scheinbar unbeabsichtigt andeuten, daß jemand sie auf einem großen Ball erkennen und dadurch das Rätsel ihrer Existenz lösen könnte? Ja, das war eine Möglichkeit, denn schließlich war das nur allzu wahr. Aber brachte sie das über sich, ohne vor Abscheu aber sich selbst zu erröten? Ohne Roderics Verdacht zu erregen? Sie bezweifelte es.
    Die Glocke läutete am Eingang. Mara zog sich hastig in die Privatgemächer am Ende der Galerie zurück, während ein Dienstmädchen vorbei- und die Steintreppe hinabeilte, um dem Besucher die Tür zu öffnen. Ein paar Minuten später erschien das Mädchen bei Mara.
    »Es ist Monsieur Balzac, Mademoiselle Chere. Ich habe ihm gesagt, daß der Prinz nicht zu Hause ist, aber er besteht darauf, mit Ihnen zu sprechen. Ich habe ihn in den Salon geführt.«
    Mara dankte dem Mädchen, strich sich mit der Hand über das Haar und trat den Rückweg durch die Galerie zu den Empfangsräumen an, wo der Schriftsteller wartete. Ein Lakai öffnete ihr die Doppeltür, und sie schenkte ihm ein Lächeln, bevor sie eintrat. Balzac stand am entgegengesetzten Ende

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