Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zigeunerprinz

Titel: Zigeunerprinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
Vom Netzwerk:
und ihrem Schmerz. Statt dessen heftete sie ihren Blick auf das blaue Band eines Ordens, das quer über seiner Brust verlief.
    »Ich bin nur selbstsüchtig. Es gefällt mir, Sie mit Perlen meiner Wahl bedeckt zu sehen. Wenn ich großzügig wäre, dann hätte ich Ihnen die Möglichkeit gegeben, sich zu weigern, bevor ich Sie zu meinem Vergnügen ausstatte. Wenn ich großzügig wäre, hätte ich Sie längst gehen lassen, oder ... — «
    Abrupt hielt er inne. Bisweilen war allzu große Redegewandtheit nur hinderlich. Beinahe hätte er gesagt, daß er ihr die Last ihrer Aufgabe abgenommen hätte, wenn er wirklich großzügig wäre. Daß er sie gezwungen hätte zuzugeben, daß sie das Gedächtnis gar nicht verloren hatte. Daß er aus ihr herausgepreßt hätte, warum sie bei ihm war. Daß er ihr so den letzten Schritt erspart hätte. Daß sie auf diese Weise seine Ansprüche nicht länger hätte ertragen und ständig befürchten müssen, enttarnt zu werden. Daß er das nicht getan hatte, widersprach seinem Ehrenkodex. Jetzt war es zu spät, die Sache richtigzustellen. Wahrhaftig, er war selbstsüchtig.
    »Komm«, sagte er, nahm ihre Hand und legte sie auf seinen Arm. »Die anderen warten.«
    Die Truppe wartete vor dem Feuer im Salon, marschierte ungeduldig und kreuz und quer im Raum auf und ab. Sie wagten nicht, sich zu setzen, damit ihre Ausgehuniformen mit den goldenen Tressen auf den Jacken und den königsblauen Streifen auf den Hosenbeinen nicht knitterten. Auch Juliana war bereits da. Sie wirkte wie eine Göttin in ihrem meerblauen Kleid, unter dem Federschmuck, der sie noch größer wirken ließ und mit dem kleinen Diamant-und Saphirkrönchen, das auf ihren hochgetürmten Locken saß und ihr vornehmes Aussehen noch hervorhob. Der Raum schien fast übervoll mit weißen Uniformen. Es dauerte einen Moment, bevor Mara erkannte, warum das so war.
    »Luca!« rief sie aus. »Wie gut Sie aussehen!«
    »Endlich gehöre ich zur Truppe«, verkündete er mit einer Verbeugung, aus der sein ganzer Stolz sprach. Seine Uniform saß wie angegossen an seinem geschmeidigen Körper, und aus Respekt vor dem so förmlichen Anlaß hatte er sogar den Goldring aus seinem Ohr genommen. Aber in seinen dunklen Augen lag ein Schatten, als er von ihr auf den Prinzen und dann wieder auf sie blickte.
    »Das hat uns gerade noch gefehlt«, grummelte Estes in gespieltem Zorn, »ein Tagedieb mit langen Fingern und spitzem Messer.«
    Luca beeindruckte diese Beleidigung überhaupt nicht. »Du wirst meine Talente noch zu schätzen lernen, wenn du eines Tages kurz vor dem Verhungern bist, weil du von der Hand in den Mund leben mußt und ich dir dann zu Essen bringen werde.«
    »Gestohlene Hühner? Glaubst du, wir würden die essen?«
    »Mit Haut und Haar.«
    »Die Füße eingeschlossen, wie bereits geschehen«, fügte Roderic hinzu. »Gehen wir?«
    Hinter dem höflichen Vorschlag verbarg sich ein Befehl. Luca half Juliana in einen Zobelpelz, die anderen hüllten sich in ihre Umhänge, dann verließen sie gutgelaunt das Haus. Mara und Juliana wurden in eine Kutsche gesetzt. Der Prinz und die anderen stiegen auf ihre Pferde. Die Knechte, die die Pferde gehalten hatten, traten zurück, der Kutscher ließ die Peitsche knallen, dann verließen sie den Hof, ergossen sich auf die gepflasterte Straße, sobald die großen schmiedeeisernen Tore geöffnet waren. Hinter ihnen erhob sich das ruthenische Haus mit seinen erleuchteten Fenstern und den im kalten Nordwind lodernden Fackeln am Eingangstor. Vor ihnen lagen die dunklen, unbeleuchteten Straßen dieses alten Stadtteils. Und der Ball.

11. Kapitel
    Das Stadthaus der Vicomtesse Beausire, an der Avenue d'Eylau im ruhigen Nordwesten von Paris gelegen, wirkte imposant in der Dunkelheit. Trotz seiner Größe war es keineswegs gewagt im Stil, sondern wies das gleiche Mansardendach, die gleichen italienisch abgerundeten Fenster, den gleichen goldenen Sandstein und die gleiche massive Eingangstür auf wie Tausende anderer Häuser.
    Drinnen erwartete sie eine große marmorne Eingangshalle mit großen, patinierten Säulen, die sich von einem schwarzweiß karierten Schachbrettboden zu einer Kreuzgewölbedecke erhoben, die mit einer klassisch allegorischen Szenerie in den Modefarben Grün, Blau und Apricot bemalt war. Ein Paar geschwungener Marmortreppen führte zu einer Galerie, welche die Innenseite des Foyers umlief. Direkt hinter der Stelle, an der die beiden Treppen im Obergeschoß aufeinandertrafen, waren vergoldete,

Weitere Kostenlose Bücher