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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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gesehen.«
    »Ach, aber da war ich ja auf einem Geistertrip. Aber jetzt bin ich wirklich echt. Ist dir klar, dass wir seit sechs oder sieben Jahren einander nicht so körperlich nahe waren?« Und das blendende Lächeln (Abermillionen Elektronenvolt). »Und? Hast du mich vermisst?«
    »Wozu bist du gekommen, Syluise?«
    »Kannst du nicht mal eine Minute lange romantisch sein?«
    »Später. Erst sag mir, was du hier willst!«
    »Ich hab mir Sorgen um dich gemacht. Du wirktest und redetest ziemlich konfus, als ich dich auf deinem Eisplaneten besucht habe.«
    »Konfus?«
    »Ja, durcheinander. Wie du mir da diese ganze Geschichte erzählt hast, von deiner freiwilligen Abdankung, damit dein Volk dich bitten müsste zurückzukommen. Und dass du das alles bloß zu ihrem Besten getan hast, damit du sie weiterführen kannst auf dem Weg zur Zigeunersonne. Hast du eigentlich tatsächlich geglaubt, dass das irgendwie sinnvoll war, was du da vorhattest?«
    »Ja.«
    »Und jetzt, wo Shandor König ist, was wirst du jetzt unternehmen?«
    »Aus diesem Grund habe ich diese Konferenz einberufen«, sagte ich. »Aber ich kann mich nicht erinnern, dass ich dich dazugeladen hätte.«
    »Oh, ich dachte mir, ich könnte mich hier vielleicht nützlich machen.«
    Syluise in altbekannter Süße. »Ich bin sicher, dass du das geglaubt hast. Wie kommt es, dass du hier bist? «
    »Ich habe davon gehört, dass du zurückgekommen bist, von dort … von diesem … diesem – Mulano. Die Nachricht hat sich im ganzen Imperium verbreitet. Dass du auf Xamur gelandet bist und auf deinen Besitz geflogen bist. Also habe ich beschlossen, ich komme zu dir und biete dir an, was in meinen Möglichkeiten liegt. Von dem Übrigen hatte ich ja keine Ahnung. Dass du einen großen patshiv veranstalten willst, und dass du Polarca und Valerian und die Phuri Dai und alle die anderen eingeladen hast.«
    Es berührte mich auf seltsame Weise, sie diese Romawörter aussprechen zu hören. Patshiv, phuri dai, das klang so völlig falsch von dieser makellosen Imitation eines Gaje-Mundes. Aber es passierte mir immer wieder, dass ich mehrere Jahre hindurch einfach vergaß, dass irgendwo unter dieser eleganten Gaje-Verpackung, die Syluise sich zurechtmodelliert hatte, die Seele eines Rom, eines Menschen, versteckt lag. Irgendwo.
    »Purer Zufall, also?«, fragte ich. »Dass du so schön rechtzeitig zur Eröffnung der Sitzung kommst?«
    Sie nickte und streckte mir die Hände entgegen.
    Schön, was hätte ich tun sollen? Sie verhören? Hatte Damiano ihr den Tipp gegeben, oder Biznaga, oder sogar – aus weiß Gott welchen Gründen – Bibi Savina? Vielleicht, oder aber es war eben doch wirklich pure Koinzidenz. Ach, zum Teufel! Sie war hier, und ich glaube, ich war froh, sie wiederzusehen.
    Es war so lange her, so verdammt lange her – für Syluise und für mich. Und im Übrigen hatte ich ihr gegenüber noch nie die Kraft zur Weigerung aufgebracht. Nicht seit unserem Anfang, vor über fünfzig Jahren, noch ehe ich König war, in jenen Tagen, da Cesaro o Nano mich als Zeremoniallegaten zu den Roma auf Estrilidis gesandt hatte und Syluise aus der Nacht zu mir heraufgeschwebt war, jung und golden, das Traumbild von Gaje-Vollkommenheit, und wie sie alle meine Barrieren niedergerissen, mich wehrlos gemacht und mich in beschämende Hörigkeit verlockt hatte. Komm zu mir, hatte sie in jener Nacht zu mir gesagt. Ich werde dich zu einem König machen. Sie hatte es auf Romansch gesagt – mit diesen ihren Gaja-Lippen –, und ich war verloren. Wie sie sich über mir aufbäumte und mich mit einem einzigen Blick von einem König in einen Sklaven verwandelte. Wie sie den Kopf in den Nacken warf, die Lippen sich öffneten, wild ihre Brüste schwangen … Ich war von da an stets ihr Sklave gewesen. Die Torheit eines alten Mannes? Nein. Vor fünfzig Jahren war ich nicht alt. Ich bin es auch jetzt nicht. Und so etwas hätte mir in jedem Alter geschehen können. Muss denn alles, was ich tue, einen klaren logischen Sinn ergeben? Hat nicht jeder Mensch das Recht darauf, wenigstens einmal in seinem Leben sich einem Anfall unverantwortlicher Leidenschaft hinzugeben? Oder vom Blitzstrahl einer plötzlichen Liebe getroffen zu werden, wenn man es lieber so bezeichnen möchte? Aber bezeichnet es, wie ihr wollt. Nennt es von mir aus ›Wahnsinn‹. Mein Wahnsinn hieß Syluise.
    »Komm zu mir!«, sagte sie jetzt.
    Ja. Und wie sie glitzerte und funkelte! O ja, ja, JA!
     
     
    7
     
    Wir gönnten uns drei Tage

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