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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Abscheu mehr empfinden konnte. Ich nahm die Hässlichkeit einfach nicht mehr wahr. Ihr mögt es gern pervers nennen, aber der Anblick des Idradin war mit der Zeit so eine Art Ermutigung und Inspiration für mich geworden. Ich empfing von ihm ein Gefühl für die rohen Urkräfte, die in diesem Krater lagen. Und das sind die Urkräfte der Schöpfung selbst. Wir leben ja nur auf der äußersten Rinde unserer Planeten. Aber sie tragen in ihrem Innersten – Sonnen!
    Wir versammelten uns auf dem neunten Kraterwulst, weit genug entfernt, dass die aufsteigenden Dünste uns mit ihrem Gestank nicht husten machen würden, aber auch nahe genug, dass wir die Hitze und das tiefdunkle Grollen spüren konnten. Ein paar der Gäste – Biznaga, Jacinto, Damiano – fanden den Ort anscheinend widerwärtig und ekelhaft. Chorian wirkte beinahe so, als habe er Angst. Polarca wirkte verkrampft und gespannt und warf immer wieder Blicke über die Schulter. Als rechne er im nächsten Moment mit einer Eruption. Sogar Valerian schaute ein wenig besorgt drein, und er war doch überhaupt nicht leibhaftig da. Doch auf den Gesichtern der Bibi Savina und Thivts ließ sich nur heitere Gelassenheit ablesen; Ammagante schaute ganz unbeeindruckt drein, und Syluise – zu meiner großen Überraschung – benahm sich, als erlebe sie eine Ekstase. Sie stand mit ausgebreiteten Armen da und hatte den Kopf in den Nacken geworfen. Vor den düsteren Dünsten aus dem Krater schien es in einer höchsten Intensität zu glühen. Vor Liebe zu ihr drehte ich fast durch, als ich sie da so stehen sah. Wie ein dummer Schuljunge. In meinen Jahren. Ich wusste: Das ist wahnsinnig. Aber manchmal hat der Krater eine derartige Wirkung auf mich. Genau wie Syluise.
    Ich schaute prüfend von einem Gesicht zum anderen, dann sagte ich: »Also schön: Es geht um folgendes: Anscheinend hat sich mein Sohn Sandor auf Galgala zum König aufgeschwungen. Das ist in keiner Weise legal, und es sollte, verdammt noch mal, besser etwas dagegen unternommen werden. Ist einer von euch bereit, mir zu erklären, wie so etwas erbärmlich Windiges überhaupt durchgehen konnte?«
    Schweigen von allen Seiten. Unbehagliches Füßescharren und verlegene Schulterbewegungen.
    »Nach deinem Bericht, Damiano, berief er den großen kris ein und erpresste die krisatora so quasi, ihn zu wählen. War das nun tatsächlich so?«
    Nicken. Achselzucken. Ein leeres ausdrucksloses Starren von Bibi Savina.
    » Jesu Cretchuno Adam und Heva, habt ihr denn allesamt die Sprache verloren? Also erklärt mir endlich, wie die Krisatoren zu so etwas gezwungen werden konnten. Sobald sie im Konklave zusammengetreten sind, üben sie die höchste Macht über jeden Rom aus, sogar über den König. Und nicht etwa umgekehrt. Was waren das denn für krisatora? Neun Schoßhündchen? Neun Roboter? Hat er sie bedroht? Womit? Wie kann man denn eine unter Zwang erfolgte Wahl auch nur eine Minute lang für gültig halten?«
    Biznaga sprach schließlich: »Es gibt kein Protokoll darüber, was bei diesem kris geschah, Yakoub. Wir wissen nichts weiter, als dass er die krisatora zusammengerufen hat, und als sie aus der Kammer des Gerichts kamen, war er auf einmal König.«
    Ich blickte zu Damiano hinüber. »Du hast mir gesagt, dass er sie gezwungen hat.«
    »Das war, was ich vermute.«
    »Wer waren die Krisatoren?«, fragte ich.
    »Du kennst sie alle«, sagte Damiano. »Die selben, die während deiner Königsperiode im Amt waren. Bidshika, Djordji, Stevo lo Yankosko, Milosh …«
    Ich ließ ihn nicht weiter aufzählen. »Sie hätten es wirklich besser wissen müssen. Noch niemals vorher ist der Sohn des Königs zum König gewählt worden. Noch dazu, wenn der alte König noch lebt. Oh, dieser Mistkerl und Giftbock! Der ging da einfach hinein und befahl denen, was sie zu tun hätten, und die taten es, und keiner wagte es, auch nur mit einem Wort dagegen zu protestieren. Nicht einmal ihr! Ihr habt alle bloß nett und zustimmend gelächelt – und habt es zugelassen! «
    »Und du selbst nimmst kein bisschen Verantwortung auf dich?«, fragte Valerian.
    »Ich?«
    »Du, Yakoub. Ohne dich wäre nichts von alledem passiert. Du hast doch die ganze Show überhaupt erst aufgebaut, oder etwa nicht? Wer hat dir denn gesagt, dass du überhaupt abdanken sollst?«
    »Ich hatte meine guten Gründe.«
    »Na klar, ich wette, die hattest du.«
    »Ihr glaubt also, meine Abdankung war eine Laune? Ihr meint, ich hätte mich von einem absurden Impuls bestimmen

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