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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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tatsächlich beunruhigt. Er hatte keine Ahnung, was ich vielleicht mit ihm tun würde.
    »Komm nicht näher …«
    »Ich werde dir eine Lektion erteilen.«
    »Ich warne dich!«
    »Eine Züchtigung, das ist es, was du brauchst.« Und ich hob in scharfer weitausholender Kurve den Arm und schlug Shandor fest ins Gesicht. Meine Finger hinterließen rote Male auf seiner Wange. Verwirrt, vollkommen verblüfft, starrte er mich an.
    »Das kann doch wohl nicht wahr sein. Du legst Hand an den Gesalbten Gottes …«
    »Das wärst du wohl gern, du Würstchen«, sagte ich und schlug ihn erneut. Diesmal begann seine feiste Unterlippe zu bluten.
    »Wachen!«, kreischte er.
    Überall im Raum schrillten Sirenen. Typisch Shandor, dass er sich mit Alarmsystemen umgeben musste. In seinem eigenen Haus der Macht versteckt er sich zitternd vor Angst hinter diesem elektronischen Quatsch.
    »Wachen! Wachen! «
    Sie kamen angerannt, blieben keuchend und verdutzt stehen und glotzten uns an. Shandor fuchtelte wild mit den Armen. Er raste vor Wut. Plötzlich war er wieder sechs Jahre alt, und Papi prügelte ihn windelweich, und er konnte es nicht aushalten.
    »Packt ihn! Schafft ihn hier raus! Sperrt ihn ein! Legt ihn in Ketten! Schmeißt ihn in den tiefsten Kerker! Den mit den Schlangen! Mit den Reißkröten!«
    »Ich bin euer gesalbter König«, sagte ich ruhig.
    Sie waren wie gelähmt. Sie wussten nicht, was tun. Sie scheuten davor zurück, mir Gewalt anzutun, und sie fürchteten sich davor, Shandor den Gehorsam zu verweigern. Sie gafften mit offenem Maul wie Idioten. Es folgte ein scheußlich langer Augenblick, in dem alles wie völlig erstarrt schien. Ich verspürte ein gewisses Mitgefühl für die Männer. Schließlich musste Shandor seine Roboter herbeirufen, und diese hatten keine Bedenken, mich aus dem Gemach fortzuschleppen. Und mich in das unterste Verlies zu werfen, o ja, das gemeinste, stinkendste Loch auf dem ganzen Planeten. Und jetzt war ich dran. Jetzt würde ich wirklich leiden, das war absolut gewiss. In meinem Alter. Nach allem, was ich geschaffen und erreicht hatte. Nun, ich war dennoch ziemlich sicher, dass ich auch das verkraften würde. Schließlich war ich ja nicht das erste weise, ehrwürdige Fossil, das es zuwege brachte, in den Kerker geworfen und im Namen irgendeiner hehren Sache gefoltert zu werden. Tatsächlich nämlich war dies haargenau meine Absicht gewesen, als ich mich hierher begeben hatte. Ich hoffte nur inbrünstig, dass ich Shandors wilde Grausamkeit nicht unterschätzt und seinen politischen Grips nicht überschätzt hatte. Schließlich, hatte ich nicht gerade an seinen Schaltknöpfen rumgespielt und ihn richtig hochgejagt? Es war also durchaus möglich, dass er es mir wirklich heimzahlen würde, gleichgültig, was es ihn selbst kosten mochte. Vielleicht würde er mich sogar umbringen lassen.
    Na ja, und wenn schon. Sogar das würde sich langfristig als nützlich erweisen, weil es die Sache wert war. So jedenfalls argumentierte ich mit mir selbst.
    Als letzten Laut hörte ich noch, ehe mich die Roboter fortschleppten, wie Shandor, anscheinend wieder die Beherrschung zurückgewinnend, mit giftiger Stimme sagte: »Dir werd ich's zeigen, du alter Trottel! Ich lass dir das Hirn ausbrennen! Ich lass dich abschalten! Wenn ich mit dir fertig bin, dann bist du sogar zu blöde, um noch zu sabbern! Er muss auf jeden Fall in Ketten gelegt werden. In feste! «
    Ketten. Darunter tat er es nicht.
    Man möchte doch glauben, dass ein erstgeborener Sohn seinem Vater etwas ehrerbietiger begegnen sollte. Aber schließlich, es handelte sich hier ja um Shandor. Und ein Miststück war er schließlich schon immer, mein Sohn Shandor.
     
     
    8
     
    Zur Zeit von Shandors Geburt war ich bereits siebzig, achtzig Jahre alt, oder auch schon mehr, hatte also bereits ein volles langes Menschenleben hinter mir, wie man das früher ausdrückte. Und er war mein erstgeborener Sohn, das dürft ihr nicht vergessen. Aber natürlich leben wir heute ein bisschen länger als früher, und darum gilt es als ein bisschen geschmacklos und unreif, wenn jemand zu früh eine Familie gründet, selbst wenn man Kinder liebt (was ich vermutlich tue).
    Aber selbst für moderne Zeiten hatte ich mir beachtlich viel Zeit gelassen mit dem Heiraten. Daran war allerdings nicht ich selber schuld. Liebend gern hätte ich mich mit Malilini auf Nabomba Zom ehelich niedergelassen, als ich knapp über zwanzig war, aber ihr wisst ja, es stand nicht in meinen Karten,

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