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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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dass ich Malilini heiraten sollte. Danach kam der kurzfristige Umweg in Alta Hannalanna, und nachdem ich die Flucht aus diesem besonders angenehmen Ferienlager geschafft hatte, brauchte ich dringend ein paar Jahre, um den Schock zu überwinden und das Leben zu genießen; ein bisschen wenigstens tat ich das dann auch, obwohl ich, verdammt noch mal, nicht sagen könnte, wo und mit wem ich diese paar Jährchen verbrachte. Jeder Mensch besitzt das Recht, ein paar Jahre erinnerungslos genüsslich in den Wind zu leben, wenn er eine Erfahrung wie Alta Hannalanna hinter sich hat. Zu irgendeinem Zeitpunkt während dieser Jahre begriff ich dann wohl, dass ich mir irgendwie meinen Lebensunterhalt verdienen müsse, und da Messerschleifen und Rosstäuscherei heutzutage einem vielversprechenden Zigeunerjungen als nicht besonders rühmliche Karriere erscheinen, verlegte ich mich statt dessen auf die Sternenschiffsnavigation. Mir war klar, dass ich dafür die Begabung besaß – daran hatte ich nie auch nur den geringsten Zweifel gehegt.
    Doch ein Sternenschiffspilot, der ja im Grunde sogar noch weit stärker ein unentwegt Reisender ist als der durchschnittliche Zigeuner, neigt im allgemeinen wenig dazu, sich in feste legale Partnerschaftsbande schlagen zu lassen. Er – oder, falls sie weiblich ist, sie – ist einfach viel zuviel unterwegs. Was mich angeht, so trat ich in die Dienste einer jener Forschungsfirmen, und das bedeutete, dass ich mich die meiste Zeit weit draußen in den äußersten Gegenden des Universums befand, um Planeten aufzuspüren, die vorher noch niemand jemals aufgesucht hatte. Dabei lernt man eine Menge über die geographischen Unterschiede in unserem Universum, aber leider stößt man an diesen Orten nicht gerade auf viele nette zum Heiraten taugliche Mädchen. Außerdem wurde meine Laufbahn als ›Jumpkammer-Jockey‹ eine Zeitlang durch eine Kleinigkeit unterbrochen, nämlich mein drittes Gastspiel als Sklavendarsteller, und diese unselige Episode unter dem Oberbegriff Mentiroso führte zwar zu meiner unverbrüchlichen Freundschaft mit Polarca, war jedoch ansonsten nicht die wahre Wonne. Also dauerte es eine ganze Weile, ehe ich schließlich eine gesetzliche Gemahlin nahm und mich ans Werk begab, meine unschätzbar kostbare genetische Erbschaft weiterzureichen.
    Sie hieß Esmeralda, und es gibt wohl kaum einen nobleren alten Namen für eine Zigeunerin. Im Übrigen erwählte nicht ich sie, sondern sie mich, oder – um ganz genau zu bleiben – ihre kumpania, ihre Brüder und Gevattern, erwählten mich. Der Grund, warum ihre Wahl auf mich fiel, war offensichtlich der, dass sie wussten, ich würde der Mann sein, der Esmeralda zu heiraten hatte, darum mussten sie mich finden und veranlassen, dass ich das auch tat. Es war das einer jener typischen umgestülpten Inversionskuhhandel, wie sie sich beim Herumgeistern nun mal ergeben, wenn da Ursachen und Wirkungen völlig durcheinandergeraten, wenn mit ein und dem selben Schöpflöffel Vergangenheit und Zukunft aus ein und demselben Kessel aufgetischt werden und man wirklich nirgends mehr klar unterscheiden kann, wann und wie alles angefangen hat. Und du machst halt mit und machst weiter mit, und plötzlich wird dir eisig klar, dass du bis zum Schwanz in einer komplizierten Situation steckst, von deren Existenz du bisher nicht die geringste Ahnung hattest.
    Aber Esmeralda war ganz in Ordnung. Geliebt habe ich sie anfangs nicht, wie hätte ich auch? Ich kannte sie ja nicht einmal … aber ich glaube, ich lernte sie lieben. Oder doch zumindest, sie gern zu haben. Es fällt mir schwer, mich an dermaßen weit zurückliegende Ereignisse zu erinnern. Manche sind bis ins letzte Detail, bis ins letzte Tüpfelchen in meinem Gedächtnis eingegraben, andere aber werden ein bisschen verwaschen und undeutlich.
    Ihr Äußeres zum Beispiel. Eine gutaussehende Frau, soviel weiß ich noch, aber die Einzelheiten entziehen sich meiner Erinnerung. Eine große, eine üppige Frau, doch, ja, lange kräftige Beine, mächtige Hüften, das Becken einer Kindergebärerin. Dunkle Funkelaugen, schimmernde Haare. Was die restlichen Merkmale angeht, Nase, Lippen, Kinn, da bin ich mir nicht mehr so sicher. Ich glaube, sie war hübsch. Nach einiger Zeit setzte sie an, hauptsächlich von der Taille abwärts: es gab ihr einen Schwerpunkt, war wie eine Art Ballast in einem Schiff. Sie hätte gar nicht schwerer zu werden brauchen, hätte jederzeit die Therapie machen können, aber es machte ihr nichts

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