Zigeunerstern: Roman (German Edition)
schon mal daran gedacht zu heiraten?«
Er war sehr jung, dieser Sektionschef, kaum mehr als ein Junge. Aber in seinem Benehmen war er glatt und bewundernswert selbstsicher, und er betrug sich wie der geborene Aristokrat. Was er nebenbei auch war. Er hieß Julien de Gramont, und fragte man ihn, wo er herkomme, dann sagte er nicht etwa: Copperfield oder Olympos oder aus der Hauptstadt, oder sonst irgendeinem bekannten Ort – nein, er sagte: France. Ich hatte nicht die geringste Vorstellung, wo oder was ›France‹ sein mochte, doch im Verlauf der etlichen neunzig Jahre unserer Bekanntschaft und der Freundschaft danach (von der ihr ja inzwischen schon wisst) berichtete mir Julien wirklich eine ganze Menge über dieses Fleckchen Erde.
Julien war es, der mir zu verstehen gab, dass die liebreizende und durch ihre Üppigkeit lustreizende Esmeralda im heiratsfähigen Alter sei, dass ihre Familie sich umsehe nach einem passenden Rom-Gatten für sie, und dass ich gewiss nicht mit einem höhnischen Hinauswurf rechnen müsste, wenn ich mich anschickte, ihr den Hof zu machen. Ein solcher Gedanke war mir noch nie in den Sinn gekommen. Die Mädchenfrau schien mir als dermaßen außerhalb meiner Reichweite zu stehen, der Wunschtraum für irgendeinen der interstellaren Großkapitalisten … wieso sollten sie solch ein Mädchen an einen schäbigen Raumpiloten ohne die geringsten Familienpedigrés verheiraten wollen, einen Kerl, der in die Sklaverei hineingeboren war und der es fertig gebracht hatte, innerhalb seiner ersten zwanzig Jahre noch drei weitere Male als Sklave verhökert zu werden? Ich begriff das nicht, und vielleicht wussten sie ja auch selbst nicht, warum; doch nach einiger Zeit sah ich und begriff ich, dass es eine abgekartete Sache war, dass mein Geschick längst irgendwo in den geheimnisvollen Schlangenwindungen der Zeit besiegelt lag, dass ich Esmeralda heiraten würde, weil ich sie irgendwo weiter ›vorn‹ geheiratet hatte, und damit hatte es sich dann auch schon.
Ich wandte mich an Polarca und fragte ihn, was ich seiner Ansicht nach tun solle.
Er lachte nur dreckig. »Ist sie gut im Bett?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Und die Chancen, dass du das vorher rauskriegst, sind auch nicht besonders gut, wie?«
»Nach dem Vermählungs- Patshiv werde ich es wissen. Vorher nicht.«
»Also, angenommen sie ist nicht gut, dann ist sie ja immerhin noch reich. Aber wenn sie reich ist und gut im Bett, Junge, dann hast du wirklich unverschämtes Glück. Und wenn nicht, na, schließlich fährst du ja ziemlich viel durch die Gegend. Und – reich bist du dabei dann immer noch.«
»Ach, du mein Polarca«, sagte ich. »Ach, du verfluchter Hundesohn.«
»Aber du wolltest doch meine Meinung hören, oder?«
Am Ende war es dann gar nicht so schlimm. Esmeralda war lieb, sanft und bereit, und wenn ich mich heute auch nicht mehr an die Form ihrer Nase erinnern kann, so weiß ich doch noch recht genau, wie sie in jener ersten Nacht war, nachdem dieser nichtendenwollende Patshiv dann doch zu Ende war und sie und ich, leidlich schwankend, den Weg zu unserem ehelichen Bett fanden. Es sagt eine Menge über Esmeraldas gute Eigenschaften aus, dass ich mich nach einer Zeitspanne von um die hundert Jahre an diese erste Ehenacht noch zu erinnern vermag. Aber es versteht sich von selbst, dass zum Ehestand mehr gehört als nur eine hinreißende Premieren-Vorstellung. Dennoch, Polarcas Rat war klug (wie dies bei ihm meistens der Fall war). Ich hätte es viel schlechter treffen können, was Eheweiber angeht. Ich fühlte mich wohl in Esmeraldas Gegenwart. Ich könnte nicht behaupten, dass sie mich jemals in irgendeiner Weise erzürnt oder genervt hätte; sie war vielmehr eine warme, eine gute Frau, verlässlich, stabil, fest, vielleicht das, was ihr als ›die altmodische, un-emanzipierte Frau‹ bezeichnen würdet …
Ich arbeitete weiter als Scout und Explorer für die Familie. Dreiviertel der Zeit war ich nicht zu Hause, und so kam es, dass die eheliche Verbindung mit Esmeralda irgendwie so war, als wären wir überhaupt nicht verheiratet. Nur, dass ich natürlich inzwischen ein reicher Mann war. Kehrte ich nach Hause zurück, war sie immer froh darüber, dass ich wieder da war, und um die Wahrheit zu gestehen, ich auch, dass ich sie nun wieder hatte. Ich versank dankbar in ihrem mächtigen starken Leib, und sie nahm mich auf und umschloss mich wie das Meer.
Ich kaufte Land auf Xamur dazu. Esmeralda und ich waren in den Ruhepausen
Weitere Kostenlose Bücher