Zigeunerstern: Roman (German Edition)
ebenfalls Anspruch auf den Thron?«
Julien nickte. Ich dachte, gleich kommen ihm die Tränen.
»Also ist es so, dass wir nicht nur einen Sechzehnten, sondern auch einen Siebzehnten und Achtzehnten Kaiser haben? Und alle schön zur selben Zeit?«
»Non, mon ami. Wir haben nur einen Sechzehnten.«
»Aber wir wissen nicht recht, welcher von den drei Männern es ist?«
»Der Kaiser ist der vormalige Lord Periandros, Yakoub.«
»Ja, so sagst du. Weil du seit dem Jahr sechs im Sold von Periandros stehst. Aber sind seine Ansprüche irgendwie fundierter als die von Naria oder Sunteil?«
»Die Hauptstadt ist in seiner Hand.«
»Ach ja, die berühmten neun Zehntel des Rechts, wie? Nun, Shandor besaß die Macht in unserer Hauptstadt, bis ihr kamt und ihn davongejagt habt. Was wäre, wenn Sunteil auf die gleiche Weise die Imperiale Hauptstadt in seine Gewalt brächte?«
Und jetzt wand Julien sich sichtlich. In seiner wohlgeformten gallischen Wange zuckte ein Muskel.
»Oder wenn beide sich zusammentun?«, fragte er prüfend. »Einen Handel abschließen. Eine Münze werfen – Bild, ich werde Kaiser, Zahl, du, aber vorher werfen wir erst mal gemeinsam den Periandros raus? Was dann?«
»Es sind furchtbare Zeiten, Yakoub.«
»Ja, weiß der Himmel!«
»Der Kaiser möchte dir helfen, weil er weiß, dass du ihm zu helfen imstande bist, das ist richtig. Denn wir treten in eine Periode des Chaos und Feuers. Aber wenn der König der Roma und der Kaiser Seite an Seite zusammenstehen, könntet ihr verhindern, dass das Furchtbarste geschieht.«
»Das könnten wir. Vielleicht. Doch es liefe auf genau das gleiche hinaus, wenn ich mich mit Sunteil oder Naria verbünden würde.«
»Aber, Yakoub. Sie haben dich nicht befreit. Und sie befinden sich derzeit nicht in der Imperialen Hauptstadt. Glaub es mir doch, Yakoub: Lord Periandros ist Kaiser. Wie immer es zuwege gebracht wurde, es ist die Realität. Die Lords Sunteil und Naria sind Aufrührer. Sie beabsichtigen, Aufstände gegen den herrschenden Kaiser anzuzetteln. Und wenn du dein Geschick mit einem von ihnen verknüpfst, Yakoub, dann verhütest du nicht das Chaos, sondern du vermehrst es.«
»Aber falls mir Sunteil lieber ist? Oder Naria?«
»Wie sollten sie? Du kannst sie beide nicht ausstehen, das weiß ich.«
»Es stimmt, dass mir zu Naria kein gutes Wort einfällt. Aber bei Sunteil liegen die Dinge etwas anders.«
»Wie? Du brächtest es fertig, über diesen Fenixi ein gutes Wort zu finden?«
»Er ist ein Sack voller Tricks und gefährlich, das ist sicher. Aber – er besitzt Charme. Und Periandros hat nicht einen winzigen Hauch davon, Julien. Das müsstest doch ausgerechnet du am besten erkennen.«
»Aber Charme, Liebenswürdigkeit, ist ja nicht die hervorstechendste Eigenschaft, die wir von einem Kaiser erwarten.«
»Aber ich als König würde die ganze Zeit mit dem Kaiser zu tun haben. Also, muss ich eine Person ertragen, die verklemmt ist und langweilig, humorlos und plump, wenn sich mir die Chance bietet, mit dem lustigen Lord Sunteil Florett zu fechten?«
»Yakoub, das … das ist frivol.«
»Ich bin nun mal ein frivoler Mensch.«
»Du bist der am wenigsten frivole Mensch in dieser ganzen Galaxis!«, rief er zornbebend und so laut, wie ich ihn schon lange nicht mehr gehört hatte. »Und das Ganze ist sowieso Blödsinn. Periandros hat sich zum Kaiser gemacht. Also klar: Er ist der Kaiser, ob es uns passt oder nicht. Und die anderen zwei sind eben Rebellen. Der herrschende Kaiser hat dir die Freiheit geschenkt und bietet dir seine Unterstützung in dem Schisma an, in dieser Spaltung, die es jetzt bei den Roma gibt. Du kannst das Angebot annehmen oder ablehnen, wie es dir beliebt. Wenn du aber einem der Rebellen die Hand reichst, dann zerstörst du das bisschen Stabilität, die das Imperium in diesen schwierigen Zeiten bisher wiedergewinnen konnte. Außerdem könnte es dabei geschehen, dass du feststellen musst, dass der Kaiser, in seinem Bestreben, diese Stabilität wiederherzustellen, möglicherweise den Entschluss fasst, nun seinerseits einem anderen seine Hand zu reichen.«
»Damit meinst du offensichtlich Shandor. Soll das eine Drohung sein, Julien?«
»Es ist die Bewertung eines Realisten, weiter nichts.«
»Es klingt aber wie eine Drohung.«
»Yakoub! Ich bin dein Freund. Das weißt du doch. Wie lange ist das jetzt schon her seit jenen alten Tagen auf Iriarte? Als du für die kumpania deiner Frau als Planetenexplorer arbeitetest und ich der Kurier
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