Zigeunerstern: Roman (German Edition)
unverkennbar deine Handschrift.«
»Ah! Ich hatte gehofft, dass du es erkennen würdest. Ich hätte dir gern einen Kassiber geschickt, aber ich fand, das Risiko war einfach zu hoch. Wenn nämlich Shandor meine wahre Identität irgendwie zur Kenntnis gekommen wäre – ah, weißt du, es war schon riskant genug, diese paar bescheidenen Gerichte für dich zuzubereiten. Und den Robotern war das sowieso gleichgültig, was sie servierten, Rattenstew oder – einen Jambon au vin de Bourgogne en croûte, also konnte ich mein kleines Spielchen weitertreiben. Ach, Yakoub, mein Yakoub!«
»Ist Periandros jetzt wirklich der Kaiser!«
»Ach, das weißt du also schon?«
»Diese Phalangekuh sagte es. Aber mehr weiß ich nicht. Ich muss unbedingt mehr über die jüngsten Ereignisse erfahren. Was war beispielsweise hier im Palast los? Ich habe gehört, wie sie stundenlang da draußen kämpften.«
»Lord Periandros beschloss, Euch aus Eurer Gefangenschaft zu befreien«, sagte Julien. »Das geschah in den letzten Tagen, da der Fünfzehnte noch lebte. Und da der Kaiser auf den Tod darniederlag, erkannte Lord Periandros, welch Tumult und Unruhe sich ohne Zweifel ergeben würden, wenn ein Thronwechsel im Imperium zu einem Zeitpunkt stattfinden würde, zu dem die Königsherrschaft der Roma in den Händen einer dermaßen instabilen und unkalkulierbaren Person lag, wie dies Euer Sohn Shandor ist. Vielleicht, mon ami, erinnern Sie sich, dass ich darauf anspielte, als ich Sie auf Ihrer köstlichen Eiswelt besuchte. Doch Sie blieben ja damals unerbittlich wie ein Diamant bei Ihrem Entschluss, dass Sie sich aus dem Gerangel herauszuhalten gedächten, Sire …
Keines meiner bewegenden Worte vermochte dich zu bewegen, ins Imperium zurückzukehren, damals, in jenen Tagen. Allerdings sehe ich ja nun, dass du später anderen Sinnes geworden bist, wenn mir auch die Gründe keineswegs einsichtig sind.«
»Damiano besuchte mich, kurz nach dir, Julien. Er sagte damals, dass Shandor sich zum König aufgeworfen hatte. Und das war nun wahrlich nicht meine Absicht gewesen, ausgerechnet Shandor – unter allen Roma – den Weg freizumachen, damit er sich des Throns bemächtigte. Also bin ich zurückgekommen.« Ich hörte erneut Schüsse, diesmal offenbar nicht sehr weit entfernt. Sie schienen Julien nicht zu stören. »Wo ist Shandor jetzt?«, fragte ich.
»Er hat sich im Schutz seiner Leibwache in einen anderen Winkel des Aureus-Hochlandes verkrochen. Als wir zuschlugen, war er vollkommen unvorbereitet. Ganz langsam brachten wir unsere Männer im Umkreis um den Königlichen Bezirk in Stellung, aber er war nicht im geringsten auf uns gefasst.«
»Ausschließlich akrakianische Truppen?«, fragte ich.
»Sicher«, sagte Julien leise. »Schließlich konnten wir ja kein Risiko eingehen.«
»Aber man hat nicht in Erwägung gezogen, Roma-Kämpfer an der Rettungsaktion zu beteiligen?«
»Aber, es handelte sich doch um eine kaiserliche Aktion, cher ami, und ich weiß doch, wie sehr es euch Roma widerstrebt, Romablut durch die Hände von Roma vergießen zu lassen. Also waren die Invasionstruppen ausschließlich Akrakianer aus der Spezialtruppe des Lord Periandros.«
»Aber es wurde dann eben doch das Blut von Roma vergossen?«
Julien betrachtete mich einen Moment lang eindringlich. »Anscheinend gibt es einige Roma, die zu deinem Sohn halten, Yakoub. Der Himmel weiß, warum, aber so war es eben. Und jedenfalls besetzt man normalerweise einen königlichen Palast nicht, ohne dass man auf festen Widerstand stößt. Aber, bitte, glaub mir, dass wir versuchten, den Schaden auf ein Minimum zu beschränken.«
Ein ›Minimum‹? Ja. Aber das bedeutete immer noch Tote. Tote meines Volks. Eine bedrückende Nachricht. Ich seufzte.
»Man informierte die Leibgarde deines Sohnes, dass der neue Kaiser ihn nicht als König anerkenne. Man bot ihnen die Möglichkeit einer friedlichen Waffenniederlegung. Viele taten es.«
»Manche also nicht.«
»Manche nicht, nein«, sagte Julien.
»Nun, so sei es denn«, sagte ich nach einiger Zeit. »Sie dienten dem Falschen. Aber wenn erkennt Periandros denn als Roma-König an, mich?«
»Das wird er. Man wird Euch in die Hauptstadt führen und dort zeremoniell neu krönen … Und ich glaube, Yakoub, du wirst zusätzlich auch noch eine neue Entscheidung des Groß-Kris brauchen, oder? Aber das lässt sich arrangieren. Ich habe mit Damiano und mit Polarca gesprochen. Du wirst erneut König sein, Yakoub. Ich bitte Eure Majestät nur
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