Zigeunerstern: Roman (German Edition)
Bündnis mit Periandros schließen können.
Aber zunächst galt es nachzudenken, ja, so war es. Und es war eine ganze Menge, was da zu bedenken war.
Der Tod des alten Fünfzehnten Kaisers, beispielsweise. Der Tod jedes Menschen macht mich weniger – et cetera. Doch dieser Tod traf mich besonders schwer. Mein Amtsbruder. Mein Altersgenosse, mehr oder weniger. Ein gewaltiges Stück aus dem Kontinent Vergangenheit weggebrochen. Der Fünfzehnte und ich hatten lange und gut zusammengearbeitet. Mein Mitspieler, mein Gegenstück, etwas in seiner Majestät und Hoheit beruhigend Vertrautes, mir Gleiches … Und nun war er nicht mehr.
In Wahrheit war er natürlich praktisch schon seit Jahren tot gewesen, von dem Wendepunkt an, an dem sein langsamer Abstieg in die Gleichgültigkeit und das Gesabber des Greisenalters begann. Selbstverständlich wusste ich, dass während seiner letzten paar Lebensjahre praktisch Sunteil die Herrschaft ausgeübt hatte. (Und es hatte ihm verdammt wenig genutzt, als es dann wirklich um die Nachfolge ging. Anscheinend war diesem intriganten Schurken ein fataler Planungsfehler unterlaufen.) Aber Totsein, also quasi tot, und tatsächlich tot, das sind alles in allem halt doch zwei ganz verschiedene Dinge. Und nun, da der Verlust irreparabel war, verspürte ich ihn plötzlich sehr heftig.
Der Kaiser war ein Mann von Ensalada Verde, und schon daraus kann man erkennen, von welcher Qualität er war: dass er nämlich von einer Welt mit dem bezeichnenden Namen »Kraut und Rüben« stammte, irgendso einem frischen jungen Ort am Arsch der Welten, und dass es ihm dennoch gelang, direkt bis zum höchsten Gipfel des Imperiums vorzudringen. Alle vorherigen Kaiser waren Männer von den großen metropolitischen Gaje-Planeten – Olympos, Copperfield, Malebolge, Ragnarök, auf denen es von Menschenmassen wimmelt – und natürlich mit dem entsprechenden Prozentsatz von Politgaunern – mit Ausnahme des Sechsten und Neunten Kaisers, die gar keine Männer gewesen waren. Doch selbst diese beiden kaiserlichen Regentinnen entstammten bedeutenden Welten. Und dann dieser Fünfzehnte Kaiser – mit seiner Herkunft von diesem kleinen unverdorbenen Hinterwäldlerplaneten mit seiner höchstens einen Milliarde Bewohnern. Ursprünglich entstammte er einer Schäferfamilie. Aber er blieb nicht lange ein Schafhirt, nein, er nicht!
Erinnerungen aus der fernen Vergangenheit spuken um mich her. Meine Ankunft in der Zentralhauptstadt, der Nabe unserer Galaxis, jener Welt, die gar keinen eigenen Namen trägt und ihn auch nicht braucht. Ich bin der neugewählte König. Er ist seit sechs, sieben, zehn Jahren Kaiser. Ausreichend Zeit, um sich mit der Größe und der Absurdität des Ganzen vertraut zu machen und sich daran zu gewöhnen. Da sind die Kristallstufen, unendlich viele, hinauf und hinauf und hinauf bis zum Thronpodest. Und dort sitzt der Fünfzehnte, und seine Erzlords sind neben ihm.
Posaunengeschmetter. Das Gebrüll zerreißt die Himmel. Ich erwarte fast, dass aus nahegelegenen Speicherdimensionen Koffer und Melonen und das eine oder andere beiseitegestellte Möbelstück hereinpurzeln. Die Stufen hinauf, langsam, in feierlichem Ernst. Gib dem Drang nicht nach, zwei auf einmal zu erklimmen! Du musst jetzt ernst sein und feierlich. Du bist ein Mann in reifen Jahren (am Standard der Alten Zeiten gemessen, bin ich sogar ur-uralt). Ich bin ein König. Und ein Kaiser erwartet mich, um mich mit einer Berührung seines Stabes in Amt und Würden zu bestätigen. Erneute Posaunenstöße. Auch Trommeln, vielleicht sogar Querpfeifen …
»Yakoub Nirano Rom, Rom baro, Rex Romanorum!«, dröhnt es aus einer Million Lautsprechern, die als Zitterglitzerblitzwolke um den Thron angebracht sind.
Und hinauf, weiter hinauf. Vorwärts, hinauf! Der Kaiser sitzt da oben und wartet. Er sieht sehr gelassen aus. Den Amtsstab hält er leicht in der Hand, als wäre es ein Fliegenwedel. Um ihn die drei Erzlords, stolz und prangend wie Gockel in einem Federkleid, und mit einem Gehabe von entsetzlicher Wichtigtuerei. (Das waren die Alten Erzlords, die noch aus der Zeit des Vierzehnten Kaisers übrig geblieben waren, und sie sind natürlich alle drei längst schon tot. Was müssen die sich gegiftet haben, als da auf einmal über ihren Kopf hinweg ein Hirtenjunge von Ensalada Verde auf den Kaiserthron katapultiert wurde!)
Und jetzt erhebt sich der Kaiser zu meiner Begrüßung. Kein sehr großer Mann, hm, jedenfalls körperlich nicht im mindesten
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