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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Naria. »Es gibt keine Person namens Periandros mehr. Vor einigen wenigen Tagen lag die Leiche von Periandros hier in eben diesem Raum in einem feierlichen Staatsakt aufgebahrt.«
    »Aber sein Doppelgänger …«
    Naria gebot ihm mit einer Handbewegung Schweigen. »Es gibt drei Doubles von Periandros. Sie bereiten einigen Ärger, momentan. Aber sie sind Nichtse. Die Zeit saugt ihnen das Leben aus und wird sie wieder zu dem Lehm verwandeln, aus dem sie geschaffen sind. Nein, der Feind ist Sunteil. Ihr müsst euch um Sunteil kümmern.« Und er durchbohrte Polarca mit einem kurzen unheildrohenden Blick. Polarca bewies genug gesunden Menschenverstand, nicht noch weitere kleine Witzeleien abzulassen. Nach geraumer Zeit wandte Naria den Blick Bibi Savina zu, die in irgendwelchen Träumen verloren zu sein schien oder vielleicht auch nur irgendwo herumspukte. »Du da, Alte! Du stehst da nur herum und sagst nichts, und deine Gedanken sind ganz woanders. Was treibst du da? Spähst du in die Zukunft?«
    Die Phuri dai gab ein wundervolles kicherndes Kleinmädchenlachen von sich. »Nein, Eure Majestät, in die Vergangenheit. Ich gedachte einer Zeit, in der ich noch sehr jung war, und ich nahm an einem Wettschwimmen mit den Buben teil, von einem Ufer des Flusses zum anderen.«
    »Aber du kannst doch die Zukunft sehen, oder?«
    Bibi Savina lächelte ihn freundlich an.
    »Aber sicher kannst du das. Der morgige Tag ist für dich so klar und deutlich wie der gestrige, was, alte Hexe? Und den übermorgigen Tag, und den danach. Willst du das leugnen? Wie könntest du das? Es weiß schließlich jeder, über welche geheimen Kräfte die Wahrsagerinnen der Zigeuner verfügen.«
    »Ich bin weiter nichts als eine alte Frau, Eure Majestät.«
    »Eine alte Frau, die wie in einem aufgeschlagenen Buch die Zukunft lesen kann. Ist es nicht so?«
    »Manchmal, ja, da sehe ich ein Stückchen weit. Vielleicht. Wenn mir das Licht leuchtet.«
    »Und leuchtete es jetzt?«, fragte Naria.
    Bibi Savina lächelte wieder. Bezaubernd und kindlich.
    »So sage uns doch wenigstens das eine«, drängte Naria. »Wird es Frieden im Imperium geben?«
    »Oh, da besteht überhaupt kein Zweifel«, sagte die Phuri dai leichthin. »Sobald der Krieg zu Ende ist, kehrt der Frieden wieder zurück.«
    »Und der neue Kaiser? Was ist mit ihm? Wird seine Herrschaft von Glück gesegnet sein?«
    »Der neue Kaiser wird herrschen, glücklich und im Wohlstand und Pracht über alles Maß, und die Welten werden jauchzen und frohlocken.«
    »Aaah, du alte Zigeunerhexe!« Narias Stimme klang beinahe zärtlich. »Du sagst lauter erfreuliche Dinge voraus. Doch Wir lassen uns nicht täuschen. Es ist ein uraltes Spiel, nicht wahr? Man sagte den Zuhörern, was sie hören möchten, nimmt ihr Geld, und sie ziehen beglückt davon. Solche wie du spielen dieses Spiel schon seit Tausenden von Jahren. Stimmt es? Wie?«
    »Ihr irrt, Majestät. Was ich Euch sagte, ist nicht notwendigerweise, was Ihr gern hören möchtet.«
    »Dass Frieden sein wird? Und Unsere Herrschaft glorreich? Was für eine bessere Prophezeiung hättest du Uns geben können?«
    Aber die Phuri dai lächelte schon wieder, gab ihm keine Antwort, und wieder schien ihr Blick in ferne Galaxien zu schweifen. Und Naria, der sie noch immer starr anschaute, sah einen Augenblick lang aus, als folge er ihr dorthin. Vom Vorplatz vor dem Palast waren weitere Detonationen zu hören, einige davon dumpf und lang nachhallend wie ferner Donner, andere, viel näher, waren scharf, schnell und durchdringend. Naria verriet mit keiner Geste, ob er sie vernommen hatte. Nach geraumer Zeit wandte er sich mir wieder zu.
    »Also, Yakoub? Wir haben einander vollkommen verstanden, nicht wahr?«
    Periandros hatte mich genau das auch gefragt. Ich erinnerte mich – es war an dem Tag, als ich zu meiner Audienz bei ihm die Kristallstufen zu seinem Thronpodest hinaufstieg. Und ohne Zögern gab ich Naria die gleiche Antwort wie seinem Vorgänger:
    »Vollkommen, Eure Majestät.« Obwohl ich dies zutiefst bezweifelte. Immerhin aber begriff ich ihn, und genauer als jemals vorher.
    »Nun, dann besteht ja keine Notwendigkeit, noch länger weiterzuplaudern. Ihr könnt gehen. Wenn Ihr Sunteil gefangen habt, kommt wieder vor Uns.«
    Und dies sagte er zu einem König!
    Unglaublich. Es war einfach unglaublich!
    »Und dann werden wir über vieles diskutieren müssen«, fuhr er fort. »Über die Neuordnung des Ganzen, wie? Über den Kaiser und den Rom baro. Es ist Unsere

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