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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Roma; mein Vater war ein Rom und arbeitete an Sternenschiffen – also musste mein Vater ebenso gut wie irgendeiner von diesen blauseidenen Uniformierten ein Sternenschiff lenken können. Die Wahrheit ist, dass mein Vater ein ungeheures Geschick mit jeder Art von Werkzeugen besaß – dieses alte Roma-Talent, das wir noch immer in uns hatten, seit den Tagen, als wir als herumziehende Kupfer- und Blechschmiede und Eisenwerker und Schlosser leben mussten –, und so hatte mein Vater einen Zauber in seinen Händen und konnte alles mit ihnen tun, konnte alles reparieren, aus einem Drahtgewirr und ein bisschen Holz Wunder hervorbringen – aber wahrscheinlich (so glaube ich heute) hätte sogar er es als eine starke Zumutung empfunden und einige Schwierigkeiten gehabt, hätte man ihn aufgefordert, sich ans Kontrollpult eines Sternenschiffs zu setzen. Aber vielleicht hätte er sogar da gewusst, was er zu tun hatte – durch pure Intuition und ganz automatisch. Mein Vater besaß enorm große Tüchtigkeit – und er war ein großer Mann.
    Er lehrte mich die Namen der verschiedenen Stämme und Sippen der Roma. Wir waren Kalderash, und dann gab es da noch die Sinti, die Luri, die Lowara, die Tchurari, die Manush, die Gitanos … Und viele andere Stämme. Ich fürchte, einige habe ich inzwischen vergessen. Diese alten Namen. Namen, die in die Zeiten unserer Wanderschaft auf der Erde zurückreichen. Später, als ich dann über unsere Zigeunersonne und unseren Heimatplaneten unterrichtet wurde und über die ursprünglichen Sechzehn Stämme unseres Volkes, gelangte ich zu dem Schluss, dass die Namen, die mir mein Vater genannt hatte, bis zu unserem Ursprung auf dem Zigeunerstern zurückreichten. Heute weiß ich natürlich, dass dies falsch ist, dass es nur die Namen sind, die wir uns zulegten in den Zeiten, in denen wir unter den Gaje auf der Erde in der Diaspora lebten, nur ein paar tausend Jahre ist das her, in jenen Tagen, da wir in schäbigen Wagen umherzogen, als Gesetzlose und Ausgestoßene. Diese Sippen- und Stammesnamen sind inzwischen bedeutungslos geworden, denn heute leben wir hauchdünn über sehr viele Welten verbreitet, und der einzige ›Stamm‹, der für uns jetzt noch wichtig sein kann, ist der Ur-Stamm, die Summe aller Stämme, die große kumpania, der Verbund und die Gemeinschaft aller Roma, sozusagen die Summe der Romheit. Aber die Sippen- und Stammesnamen sind fester Bestandteil unserer überlieferten Geschichte, und diese wollen wir erhalten und müssen wir bewahren. Also sagen auch weiterhin Kalderash-Eltern ihren Kindern, dass sie Kalderashi sind, und die Lowara tun es, und die Sinti, obwohl derlei Unterscheidungen heute nun wirklich bedeutungslos geworden sind.
    Mein Vater lehrte mich auch die Lebensgesittung der Roma, wie sie uns über die Generationen und Jahrhunderte und durch alle Wanderungen hin begleitete. Nicht nur die besonderen Sitten und Gebräuche unseres Volks, die Folklore, die Rituale und Festtage und Zeremonien. Das ist sehr wichtig. Denn diese Einrichtungen sind Überlebensinstrumente. Durch sie wird unser Volk in eins gebunden und bewahrt: Das Wissen darüber, was rein und was unrein ist, oder wie man die Geburt und die Vermählung und den Tod als ein Lebensereignis zu feiern habe, wie innerhalb eines Stammes Autorität verteilt wird, wie man sich den Mächten des Unsichtbaren gegenüber zu verhalten habe und alles andere, was wir als fundierte Glaubensüberzeugungen erkennen. Wir müssen hartnäckig an diesen Dingen festhalten, oder wir verlaufen uns in der Irre und sind dann ein Nichts. Und dies lehrte mich mein Vater, genau wie alle Kinder der Roma dies lernen. Doch die Rituale und der Ritus waren nicht das Wesentliche, nicht der Kern unserer Identität – nein, sagte mein Vater, sie sind nur die Mechanismen, vermittels derer unsere Identität genährt und erhalten wird. Er gab sich große Mühe, mir zu erläutern, was alldem zugrundeliege, was von weit tieferer Bedeutung und von größerem Gewicht sei: nämlich, was es heißt, ein Rom zu sein. Diese tief wirkende Erkenntnis, dass man Teilchen einer lächerlich kleinen Menschengruppe sei, die durch Missgeschick aus ihrer Heimat vertrieben wurde, einer Gruppe, die gegen Scharen von Feinden über Tausende von Jahren hin in zahllosen fremden Ländern zusammengehalten hatte. Das Gebot, niemals zu vergessen, dass alle Roma Vettern sind und dass unsere einzige Sicherheit nur in unseresgleichen liegt. Sich zu jeder Zeit bewusst zu sein, dass

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