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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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gewaltigen Sternenschiffe an, die mit den Nasen himmelwärts dastanden, und versuchten uns vorzustellen, in welche fremde Welten sie ziehen würden. »Galgala!«, schrie Focale. »Dort ist alles Gold.« Und Anxur flüsterte: »Nein, Marajo! Dort gibt es eine Wüste, in der der Sand wie Diamanten blitzt.« Sphinx schwärmte von den üppigen Regenwäldern von Estrilidis, wo die Katzen zwei Schwänze haben … Und dann stürzten sich die Proktoren auf uns und verdroschen uns, bis wir um Gnade winselten.
    Das war während unseres dritten Versuchs. Und danach sahen wir Focale nie wieder. Wir rechneten uns aus, dass sie ihn vom Planeten wegverkauft hätten, weil er der ärgste Unruhestifter in der Loge war.
    Auch ohne Focale waren wir fest entschlossen zu fliehen. Ich übrigens noch viel mehr als die anderen; und so wurde ich, obwohl eines der jüngsten Kinder, dort zum Bandenführer. Das Sklavendasein, das mir während der ersten paar Jahre noch als relativ erträglich erschienen war, lastete nun wie eine unerträgliche Bürde auf mir. Ich tobte die ganze Zeit hindurch innerlich. Ich kochte vor zorniger Ungeduld geradezu über. Wieso sollte ich meine Knabenjahre in einer derart elenden, nach Schweiß stinkenden Welt zubringen müssen, vergammelte trockene Brotrinden beißen und in verrußten, schmierigen Hurenzimmern um Kleingeld schöntun? Ich lebte Tag und Nacht nur mit dem einen Ziel vor Augen: Die Freiheit zu gewinnen. Auf meinen Streifzügen durch die Stadt lernte ich das labyrinthische Gewirr der kleinen Gassen und überdachten Passagen auswendig und entwickelte mir einen Plan, mit dem ich, so dachte ich, den Proktoren entwischen konnte. Die Huren waren meine Freunde und würden mir helfen. Ich gedachte, mich von einem schäbigen Lustkabuff zum nächsten weiterzuschleichen, mich unter den Röcken und Bettgestellen der freundlichen Frauen zu verbergen und mich so im Zickzack durch die Stadt hindurchzuarbeiten bis zu einem Punkt, von dem aus ich dann in die Freiheit entkommen konnte.
    Und von da an würde ich es eben mit den geflügelten und geschnäbelten Scheußlichkeiten aufnehmen müssen, die den Dschungel in den Außenbezirken vor der Stadt bewohnten. Aber ich hatte einen Plan. Ich würde westwärts losziehen, vom Raumhafen fort, und mir für die Nacht Unterschlupf in dem mächtigen Fort suchen, das über dem Meer lag. Damit würden sie niemals rechnen, weil sie annehmen würden, ich hätte entsetzliche Furcht, auch nur in die Nähe dieses Ortes zu gehen. Jeder hatte Schiss vor der Zitadelle. Ich aber, ich war ein Rom. Warum also sollte ich mich vor einem Haufen Steine fürchten? Dort also wollte ich mich verstecken, und sie konnten gern glauben, dass mich irgendeines der Ungeheuer der Wildnis aufgefressen hätte. Und nach einiger Zeit würde ich dann mich ganz klammheimlich außen um die Stadt herumschleichen. Und sobald ich am Raumhafen angelangt war, würde ich von dem ersten Rom, der mir zu Gesicht kam, Asyl und Schutz fordern – und damit wäre dann meine Sklavenzeit beendet … So malte ich es mir jedenfalls aus.
    Sie fassten mich, ehe ich noch die halbe Stadt durchquert hatte, und diesmal schlugen sie mich erbarmungslos zusammen. Ich glaubte, mir müssten sämtliche Knochen brechen, was sie wahrscheinlich getan hätten, wären sie nicht so jung und biegsam gewesen. Dann führten sie mich dem Prokularius vor. Der eisige Mann streifte mich mit einem kaltblitzenden unerbittlichen Blick und fragte den Logenmeister: »Das wievielte Mal ist das jetzt bei dem?«
    »Vierter Versuch, Herr.«
    »Woher beliefern sie uns nur mit derartigem Abschaum? Gleiche Prozedur wie mit dem anderen … dem Hässlichen.«
    Also würden sie mich dorthin bringen, wohin sie auch Focale verfrachtet hatten. Mir war es egal. Schlimmer als in der Loge konnte es ja kaum sein.
    Ein Firmenproktor mit einem roten Gesicht wie ein Stück rohes Ochsenfleisch und festen wuchtigen Schultern hieß mich in ein Landfahrzeug einsteigen, und dann fuhren wir ungefähr eine halbe Stunde nach Norden und dann westwärts. Der Tag war drückend-schwül, vor der Sonnenscheibe klebte ein dichter graugrüner Schleier. Nach einer Weile machte ich die dunkle dräuende Masse des Alten Forts am Himmelshorizont vor uns aus.
    Und trotz all meiner früheren leichtfertigen Kühnheit konnte ich nicht umhin, scharf einzuatmen, und ich kroch fast in den Sitz zurück. Wieso fuhren wir ausgerechnet dorthin?
    Aber wir fuhren nicht dorthin. Der Proktor bog auf eine

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