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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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saftlose Schlafmütze und ist schon vor Jahren in den Armen seiner schönen Malilini am Gestade der scharlachroten See selig verschieden. Und vielleicht senkte sich die Krone der Roma auf das Haupt irgendeines brillanten Blenders, unter dessen Führerschaft, weil er so sehr viel clever ist als ich, die Roma-Sonne und unser Planet längst wieder im Besitz unseres Volkes sind, und vielleicht hat er auch noch viele andere wundersame Dinge vollbracht. Doch in dem Universum, in dem ich lebe, kam alles ganz anders.
    Vermutlich tut es mir leid um die ganze entgangene Pracht und Glückseligkeit, die ich hätte haben können. Und vermutlich müsste ich eigentlich auch über sämtliche Widrigkeiten jammern, die mir nach dem Untergang Nabomba Zoms zustießen. Aber, kann ich mich denn – alles in allem – wirklich beklagen? Ich habe immer gut gegessen, gut gelebt und gut geliebt. Mir wurden bedeutende Aufgaben übertragen, und wenn ich mich nicht allzu lächerlichen Selbsttäuschungen hingebe, so habe ich sie gut erledigt. Hält man sich die Sachen so im einzelnen vor Augen, dann gewinne ich eigentlich schon den Eindruck, dass das Leben, das ich bisher gelebt habe, kaum Anlass zum Jammern bietet, trotz aller Püffe und Schürfwunden. Wir brauchen schon ein paar ›Abreibungen‹ im Leben – und weit mehr als das –, damit wir begreifen lernen, was Glücklichsein bedeutet. Jedenfalls, was mich angeht, so war mir dieses Leben bestimmt, nicht die andere Variante. Diese nämlich war nur ein Traum.
    So seltsam es klingt, aber ich kann mich nicht mehr erinnern, wann Malilini und ich uns zum ersten Mal liebten. Ich, der sich an so vieles in solcher Detailpräzision erinnert. Es war jedoch ein gradueller Prozess, aber vielleicht gab es auch überhaupt kein ›erstes Mal‹. Vielleicht waren wir Liebende von Urzeiten an. Vielleicht nie.
    Wir ritten zusammen aus und schwammen in den warmen Flüsschen, die das heiße scharlachrote Meer speisten, und manchmal – da ich inzwischen den Kniff gelernt hatte – gingen wir zusammen auf Geistertrips. Wir schlichen uns ganz geisterheimlich auf die meisten anderen Königswelten: nach Marajo und Galgala und Darma Barma, nach Iriarte und Xamur. Und in meinem ganzen damaligen Leben hätte ich mir niemals träumen lassen, dass es solchen üppigen Reichtum geben könne, wie ich ihn auf diesen aristokratischen Planeten mit meinen Augen schaute. Damals erschien mir das Universum als ein einziger großer Lobgesang an die Freude und voll der Freude, die gewaltig und schön aus tausend Kehlen gleichzeitig hervorbrach.
    Räumlich dehnten wir unsere Geistereskapaden weit aus, doch in der Zeitdimension waren wir recht bescheiden. Ein Jahr zurück, zwei, fünf oder zehn, mehr nicht. Ich glaube, sie fürchtete sich davor, in die tieferen Zeiträume auszubrechen. Und ich hatte in jenen Tagen keine Ahnung davon, dass so etwas möglich sei, sonst hätte ich mich in wütender Gier darauf gestürzt: die alte verschwundene Erde zu besuchen, die Pyramiden Ägyptens und die Tempel Babylons zu bestaunen, in einem Spuksprung zeitlich nach Atlantis selbst zurückzukehren. Sogar den Zigeunerstern selber zu besuchen! – Und ich tat nichts davon, ganz einfach weil ich damals nicht wusste, dass es möglich ist.
    Ich war inzwischen zum Mann geworden – Malilini war noch immer, was eben Malilini ausmachte: schön, unwandelbar, ewig jung. Ich vermute, wir küssten uns schließlich, und ich nehme an, dass wir unsere Finger ineinanderschlangen und dann eine Stunde lang so dasaßen. Ich denke mir, dass wir lachend aus dem roten Flussgekräusel stiegen und tanzend unsere Leiber unter der starken blauen Sonne trockenschüttelten, und dass wir uns dann einander zuwandten und uns in die Arme stürzten. Und dann – so denke ich mir heute – kam es dazu, dass der Augenblick der Umarmung sich dehnte und schwoll und anwuchs, bis es zwischen ihr und mir keine Trennung mehr gab und wir ineinander verschmolzen – ihre langen schlanken Schenkel um mich geklammert, ihre bleiche, sanfte, schlanke Gestalt und meine muskelbepackte haarige Mannsgrobheit endlich vereint. Dann die Feuerlohe, die vulkanische Eruption der Lust. Aber daran kann ich mich nicht mehr genau erinnern. Ich vermute, es tat zu weh, daran zu denken.
    Ich erkannte sie, und doch kannte ich sie nie. Sie sprach nie viel. Sie war funkelnd und heiter und wie der Wind, aber dabei auch stets entgleitend, sich entziehend, fern, immer ein Rätsel. Warum hatte sie nie einen anderen

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