Zigeunerstern: Roman (German Edition)
auf Mulano! Yakoub hat sich wieder auf den Weg gemacht.
Im Grunde können nur völlig Wahnsinnige Spaß daran finden, mit dieser Relais-Aufpicker-Methode zu reisen. Und wenn jemand beim Antritt der Reise noch nicht verrückt sein sollte, so hat er ganz bestimmt große Chancen es zu sein, wenn ihn der Mitnehmerdienst aus seinen Fängen entlässt.
Für einige Leute liegt der Kick, der sie um die Kurve treibt, ganz schlicht und einzig in der Gefährlichkeit der ganzen Prozedur – oder in der absurden Unglaublichkeit. Denn schließlich fliegst du ja ganz allein und auf dich gestellt in den Weltraum hinaus und hast kein Raumschiff um dich herum und auch sonst nichts weiter als ein unsichtbares kugelförmiges Kraftfeld – und damit stürzt du im freien Fall durch Hunderte oder sogar Tausende von Lichtjahren – und das ist ein ganz schön höllischer Sturz. Der Mitnehmerdienst holt dich ab und spuckt dich irgendwann im Nirgendwo plötzlich wieder aus, und da stehst du dann, säuberlich in deine kleine Sicherheitskugel eingesponnen, die dein Reise-Hirnhelm wie einen Kokon um dich aufgebaut hat, und du fällst wie ein Stück Blei quer durch das Universum, und links von deinem Ellbogen und rechts von deinem Ellbogen – nichts als leerer Raum. Für Typen, die sich auf die Erkenntnis einlassen, dass sie wirklich und wahrhaftig von einer Ecke der Galaxis bis zur anderen fallen, produziert das Schwindelgefühle in der fünfzigsten Potenz.
Mir hat die Seite der Geschichte nie irgend etwas ausgemacht. Wenn einer die Jump Knüppel so oft in den Fäusten gehalten hat wie ich, wenn man Sternenschiffe durch die Ausklinkphase gestemmt und durch den Himmel geschleudert hat, dann bedeutet einem dieses bisschen lästige Relais-Pendler-Reisen eigentlich kaum etwas. Jedenfalls ist es keine Herausforderung.
Wir Zigeuner sind sowieso die geborenen Wanderer, und uns ist (nahezu) jedes Transportvehikel recht, das uns von einem Ort zum anderen befördert. Es ist ja nicht so, als flögen an dir die ganze Zeit Sterne und Planeten vorbei: du bist da nämlich überhaupt nicht in dem Realzeit-Raumkontinuum, sondern befindest dich in diesem oder jenem Hilfsraumgefüge, dicht nebenan, und suchst dir quasi Abkürzungen im Zickzack durch das Kontinuum. Und deshalb dauert nämlich deine Reise auch keine zigtausend Jahre, und deshalb läufst du auch überhaupt keine Gefahr, von irgendeiner Sonne verschluckt zu werden oder auf einem Planeten aufzuprallen, wenn die sich zufällig auf deiner Reiseroute befinden. Es gibt also dabei eigentlich überhaupt kein ernstzunehmendes Risiko. Ach ja, es soll schon mal vorkommen, dass einer unter hunderttausend Reisenden das Pech hat, in eine Rangierpanne zu geraten, und dann sitzt er eben für den Rest seines Lebens in seinem Transportkügelchen und hängt schön schwebend für die kommenden zehn- oder zwanzigtausend Realzeit-Jahre mitten im Nirgendwo. Als Zukunftsaussicht ist so was natürlich erbärmlich, aber, Freunde, die Chancen stehen ziemlich gut, dass euch das nicht passieren wird. Nahezu alle Relais-Mitnehmer-Reisenden kommen dort an, wo sie hinwollen. Möglicherweise und mit der Zeit.
Nein, das Risiko störte mich überhaupt nicht. Ich habe es, glaube ich bereits gesagt: es war Langeweile. Die Stagnation oder ›Stasis‹. Jene äußerste, unumgängliche, erbarmungslose Isoliertheit und Einsamkeit. Das Gehirn stolpert weiter krick-krack, und der restliche Körper ruht sich in einer Art Stoffwechsel-Zeitlupe aus. Das dröhnende Gebrüll deiner Gedanken … und kein Schwanz da, mit dem du dich unterhalten kannst, außer dir selber, während die willkürliche Absucherei durch das Raum-Zeitgitter sich fortsetzt und weitergeht und du auf deinen Rangier-Stoß wartest, der für dich bedeutet, dass du nun allmählich aus diesem Loch wegkommst und in eine bewohnte Welt, die hoffentlich auch einigermaßen in erreichbarer Nähe deines ursprünglichen Zielpunktes liegt. Die Blitzbeschleunigung von Sternenschiffen ist eben schnell. Relais-Reisen sind es nicht. Bei denen hängst du da draußen rum und wartest. Und wartest …
Ich bin (Gott weiß es) mit mir selbst als Gesellschaft ausgesprochen zufrieden und glücklich. Es gelingt mir stets, und dies über ununterbrochene Perioden hin, mich mit mir selbst als Gesellschaft nicht zu langweilen. Aber trotzdem, die Selbstgenügsamkeit kann einem doch gelegentlich ein wenig zuviel werden, bzw. einem zum Hals heraushängen.
Ach, verdammt und Scheiße! Schließlich hatte
Weitere Kostenlose Bücher