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Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Zigeunerstern: Roman (German Edition)

Titel: Zigeunerstern: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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fängst ihn auf. »Schwimm, Yakoub …« sagst du. »Schwimm! Schwimm!«
    Wie leicht das auf einmal ist – jetzt, da du begriffen hast, wie es geht …
     
     
    11
     
    Ihre Hand lag noch immer über der meinen. Und als sie eine leise Bewegung machte, so als wolle sie die Hand wegziehen, nahm ich sie und hielt sie fest, und sie wehrte sich nicht dagegen.
    Ich sagte: »Was hat dich denn überhaupt dazu gebracht, ausgerechnet nach Megalo Kastro eine Geistreise zu unternehmen?«
    »Damit ich dich dort anschauen konnte.«
    »Aber du hast doch unmöglich wissen können, dass es mich überhaupt gab! «
    »Aber ja doch«, sagte sie, »natürlich wusste ich, dass du da warst.«
    »Aber wie ist das möglich?«
    »Na, weil du doch hierher kommen würdest.«
    »Und woher konntest du das wissen?«, fragte ich.
    »Ganz einfach – weil du jetzt hier bist«, sagte sie. Und dann lachte sie.
    »Verstehst du denn nicht? So was wie zeitliche Priorität gibt es einfach nicht .«

 
     
     
    IV. Canción
     
     
     
    MENSCHEN – ORTE – WELTEN
     
     
     
    Überdenke dir etwa einmal die Zeiten des Vespasianus. Da wirst du alles dies ebenfalls sehen: Menschen, die sich vermählen, Kinder aufziehen, Menschen in Krankheit oder sterbend, Kriege führend, Feste feiernd, Handel treibend, den Acker bestellend, einander schmeichelnde oder aber voll halsstarriger Überheblichkeit, voller Argwohn, Ränke schmiedend, einem anderen den Tod wünschend, murrend sich über die Gegenwart beklagend, Verliebte, Schätze anhäufende Menschen, solche, die nach konsularischer oder gar königlicher Macht gieren. Nun, das Leben dieser Menschen ist dahin und vergangen. Und dann versetze dich in die Zeiten des Trajanus zurück. Auch dort ist alles gleichermaßen. Und auch das Leben dieser Menschen ist dahin. Betrachte dir sodann alle übrigen Zeitepochen, selbst die ganzer Völker und Nationen, und erkenne, wie viele von ihnen nach grandiosen Leistungen so rasch untergingen und in der Grundmaterie verschwanden. Doch vor allem solltest du dir jene Menschen vor Augen führen, die du selbst gekannt hast, wie sie sich an Nichtigkeiten verausgabten und missachteten, das zu tun, was ihrer eigenen Veranlagung angemessen gewesen wäre, und wie sie sich an jenes klammerten und sich damit zufriedengaben …
    Was aber ist das eine, das wir ernsthaft und mit aller Mühe erstreben sollten? Nur dies: Klares und gerechtes Denken, dem Gemeinwohl nützliches Handeln, eine Ausdrucksweise ohne die geringste Lüge und eine Gemütsverfassung, die – was immer uns zustößt – heiter und bereitwillig als eine beiläufige Notwendigkeit hinnimmt.
     
    M ARCUS A URELIUS A NTONINUS , Selbstbetrachtungen (IV, 32, 33)

1
     
    Ich dachte an Malilini, wie ich da so auf einem weiten glitzernden krustigen Alteisfeld auf Mulano stand und darauf wartete, dass mich ein Relais-Sammler in den Weltraum mitnehmen würde. Ich dachte daran, wie sie Magie und Mysterium in mein Leben gebracht hatte; wie ich sie geliebt hatte; wie sie mir entrissen und im Strom der Zeiten fortgetragen wurde. Wenn sie nun hätte weiterleben dürfen, wenn ich sie zu meinem Weib hätte machen können? Ein müßiger Gedanke – bedeutungslos – nutzlos. Genauso, als wollte ich fragen, was wäre, wenn der Regen von der Erde zu den Wolken fiele. Oder wenn das Gold auf den Bäumen wüchse. Wenn ich als ein Gajo, statt als Rom in diese Welt geboren worden wäre? Auf Galgala wächst das Gold auf den Bäumen. Aber ich bin einer von den Roma, und der Regen, der regnet noch jeglichen Tag abwärts wie eh und je, und Malilini ist schon so lange tot und wird für alle Ewigkeit eine Tote sein.
    Ich war allein. Damiano war bereits vorausgereist; er hatte eigene Pläne und Vorbereitungen zu treffen. Ihn würde ich später wiedertreffen. Es war schon fast der letzte Augenblick des Doppeltages. Die zwei Sonnen Mulanos hingen zitternd über dem Horizont, gleich würden sie hinabsacken und dem Blick entschwunden sein. Der Himmel war dunkelgrün, nahm aber mehr und mehr die graue Tönung der kurzdauernden Dämmerung an. Ich kniff die Lider zusammen und suchte das Firmament sorgfältig nach dem Zigeunerstern ab, wie ich das in diesem Augenblick des Tages stets getan habe.
    Und in diesem Moment brach hoch in der Luft die blendende Lichtaura des Relais-Pendelmitnehmers auf, ein streifender Lichttentakel spürte mich auf, fing mich ein und schleuderte mich tief hinaus in das Große Dunkel. Adieu, adieu, ein langes Goodbye dem stillen Leben

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