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Zikadenkönigin

Zikadenkönigin

Titel: Zikadenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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einließ, denn es mangelte ihm eindeutig an Diskretion. Doch ich bewunderte seinen Mut. »Percival, Sie sind ein Mann nach meinem Herzen«, gestand ich. »Mir gefällt Ihr tollkühnes Vorgehen. Sie haben größere Hindernisse zu überwinden als ich.« Ich bot ihm meine Rechte.
    Er nahm sie und drückte sie kameradschaftlich. »Dann wollen Sie mir helfen?« erkundigte er sich.
    »Gemeinsam werden wir uns einen Plan ausdenken«, antwortete ich. »Um die Wahrheit zu sagen, war ich gerade unterwegs zum Flugplatz, um mir ein Bild von unserer Opposition zu verschaffen. Wir haben es mit mächtigen Gegnern zu tun, und ein Verbündeter ist immer willkommen. Ich halte es jedoch für das beste, wenn man uns vorläufig nicht zusammen sieht.«
    »In Ordnung«, entgegnete Darrow und nickte. »Ich habe schon einen Plan. Wollen wir uns heute abend treffen und darüber diskutieren?«
    Wir trafen eine Verabredung für acht Uhr, um zu beratschlagen, wie wir unter den beiden Kosmonauten Verwirrung stiften konnten. Während ich den Pfad weitereilte, erkletterte Darrow ein Felssims, um einen geeigneten Platz zum Abheben zu finden.
    Ich kehrte in die Wohnkuppel zurück, füllte meine Feldflasche und stärkte mich mit einem leichtem Imbiß. Eine kalte Dusche und eine schnellwirkende Pille lösten die Spannungen, die die carezza in mir hinterlassen hatte.
    Die Aufregung und das Abenteuer taten mir gut. Sie fegten mir die Spinnweben aus dem Gehirn, die meine Kreativität blockierten. Lächle ruhig, mein lieber MacLuhan; aber ich versichere Dir, Kunst entspringt dem Leben, und so lebendig wie in jenem Augenblick hatte ich mich lange nicht mehr gefühlt.
    Bald war ich wieder unterwegs, erfrischt und ausgeruht. Ein langer Marsch und eine ausgiebige Klettertour brachten mich zum Gleiterfeld, einem Flugplatz auf dem Tafelberg, der früher einmal unter Wasser gelegen hatte, nun aber als Thron des Adonis bekannt ist.
    Nach seinem Wiederauftauchen aus dem Lake Powell benannte man ihn nach einem Gott oder Halbgott wie die übrigen geologischen Erhöhungen im Grand Cahon-Mondialpark. Dort gibt es Berge, die die Namen Vishnu, Shiva oder Osiris tragen.
    Das harte Sandsteinplateau war von Ablagerungen befreit und an einem Rand eingeebnet worden. Die Bauten bestanden aus einem geschmackvoll gestalteten unauffälligen Hangar in Leichtbauweise, einem Kontrollturm aus Fiberglas, Umkleidekabinen und einer bescheidenen Teestube.
    Ungefähr drei Dutzend Flieger hielten sich auf dem Platz auf. Sie plauderten miteinander und charterten Gleiter oder ultraleichte düsengesteuerte Maschinen. Lediglich zwei von ihnen, Somps und Solokov, gehörten zu Dr. Hillis' Gästen.
    Solokov war immer noch ganz der alte; untersetzt, kräftig, weltmännisch. Seit ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, war sein Haar ein wenig schütter geworden.
    Somps überraschte mich. Er besaß eine große, vornübergebeugte, schlecht proportionierte Figur und eine Hakennase. Das stumpfe Haar war windzerzaust, die Hände baumelten linkisch an den Seiten herab.
    Beide trugen Fliegermonturen. Die von Solokov bestand aus einem schicken braunen Cordstoff, Somps hingegen trug einen zerknitterten Arbeitsoverall von der Raumstation Kosmograd. Sie war grellorange, hatte Schmutzränder an den Ärmeln, und die aufgenähten Missionsabzeichen aus kyrillischen Buchstaben wirkten ausgefranst.
    Sie unterhielten sich gerade über eine kleine Flugmaschine, die sich noch im Teststadium befand, da trat ich in ihr Blickfeld. Solokov erkannte mich und nickte; Somps befragte seinen Codeschlüssel und deutete ein zerstreutes Lächeln an.
    Gemeinsam betrachteten wir die Flugmaschine. Es handelte sich um ein bizarres ultraleichtes Gerät mit vier paarweise angeordneten flachen Flügeln. Es erinnerte an eine Libelle.
    Die transparenten Schwingen waren lang und dünn, über netzartige Plastikverstrebungen hatte man einen das Licht reflektierenden glänzenden Film gespannt. Ein gepolsterter Sitz unter den Flügeln nahm den Piloten auf, der mit zwei Steuerknüppeln den Flug kontrollierte. In dem wuchtigen Rumpf und dem langgezogenen, der Balance dienenden Heckteil befand sich der Motor.
    Die Flügel waren beweglich und konnten auf und ab schlagen. Vor uns stand ein einsitziger, mit Motorenkraft angetriebener Ornithopter. Etwas Ähnliches hatte ich noch nie gesehen. Unwillkürlich ließ ich mich von der Eleganz dieser Konstruktion beeindrucken. Es fehlte der Farbanstrich, und der bloßliegenden wirren Verdrahtung sah man an,

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