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Zikadenkönigin

Zikadenkönigin

Titel: Zikadenkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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herummachen wolltest. Glaubst du, ich kämpfe gegen einen Mann, der mir einen Weg zur Rettung gezeigt hat? Ich hätte mir die Pulsadern aufgeschnitten, nur um dich lächeln zu sehen, und du hast mir nichts gegeben, nichts als Katastrophen.«
    Ihr bemaltes Gesicht erbleichte. Ihr Mund öffnete sich, aber kein Wort kam heraus. Schließlich unterbrach sie mit einem hoffnungslosen, verzweifelten Lächeln die Verbindung. Der Schirm wurde dunkel.
    Ich wandte mich an Modem. »Ich will zurück«, sagte ich.
    »Tut mir leid«, sagte er. »Erstens würde man dich umbringen. Zweitens haben wir nicht genug Energie, um umzukehren. Wir haben eine Menge Fracht geladen.« Er zuckte die Achseln. »Und außerdem löst Z-K sich auf. Wir haben es schon lange vorausgesehen. In den nächsten Wochen werden einige unserer Kollegen mit einer zweiten Ladung von Masseantrieben kommen. Sie werden Spitzenpreise erzielen, wenn sich der Kluster auflöst.«
    »Ihr habt es gewußt?«
    »Wir haben unsere Quellen.«
    »Wellspring?«
    »Was, der? Der geht auch weg. Er will im Marsorbit sein, wenn das einschlägt.« Modem schwebte aus der Kuppel und deutete zur Ekliptik. Ich folgte seinem Blick und stellte die Augen ungeschickt auf sichtbares Licht um.
    Ich sah das wilde, gespenstische Flackern der mächtigen Antriebe des Mars-Asteroiden. »Der Eisteroid«, sagte ich.
    »Natürlich. Der Komet eures Untergangs sozusagen. Ein schönes Symbol für Z-Ks Verfall.«
    »Ja«, sagte ich. Ich glaubte Wellsprings Handschrift zu erkennen. Wenn die große Eismasse an Z-K vorbeischwebte, würden ihr die erschreckten Augen der Bewohner folgen. Plötzlich erwachte eine neue Hoffnung in mir.
    »Wie wär's, denn damit? Könnt ihr mich darauf absetzen?«
    »Auf dem Asteroiden?«
    »Ja! Sie müssen doch im Orbit die Antriebsmaschinen lösen, oder? Dort kann ich wieder zu meinen Freunden stoßen, damit ich den prigoginischen Katalysator nicht verpasse!«
    »Ich überprüfe es.« Modem gab einige Parameter in den Flüssigcomputer. »Ja … ich könnte dir eine kleine Maschine verkaufen, an die du dich anbinden müßtest. Mit genug Energie und einem Cybersystem zur Steuerung könntest du etwa in zweiundsiebzig Stunden deine Flugbahn angleichen.«
    »Gut! Gut! Dann laß es uns tun.«
    »Nun ja«, sagte er, »da wäre nur noch die Frage des Preises.«
     
    Ich hatte genug Zeit, über den Preis nachzudenken, während wir durch die schwarze Leere rasten. Ich glaubte, ich hatte mich richtig entschieden. Wenn Z-Ks Markt zusammenbrach, brauchte ich neue Handelsagenten für die Eisho-Juwelen. Trotz ihres gespenstischen Aussehens hatte ich das Gefühl, daß ich den Lobstern vertrauen konnte.
    Das Cybersystem brachte mich sanft auf die Sonnenseite des Asteroiden. Ich verging allmählich in der Hitze der fernen Sonne. Infrarote Fahnen flüchtiger Gase pufften da und dort aus Rissen im bläulichen Eis.
    Der Eisteroid war ein Splitter eines zerbrochenen alten Eismondes des Saturn. Es war ein hügeliger, rissiger Klumpen, der in gezackten Klippen und Klüften noch die versteinerte Spuren frühgeschichtlicher Gewalt trug. Er war eiförmig, fünf Kilometer lang und drei Kilometer dick. Die Oberfläche hatte die bläuliche, vernarbte Farbe von Eis, das jahrtausendelang starken elektrischen Feldern ausgesetzt gewesen war.
    Ich rauhte die Greifflächen meiner Handschuhe auf und zog mich und die Hilfsmaschine Hand über Hand in den Schatten. Die Maschine konnte keine Energie mehr liefern, aber ich wollte nicht, daß sie frei herumflog.
    Ich entfaltete die Funkantenne, die Modem mir verkauft hatte, und verankerte sie in einem Spalt. Ich richtete sie auf Z-K aus und schaltete sie ein.
    Die Katastrophe war umfassend. Z-K war immer stolz auf seine offenen Sendungen gewesen. Sie waren Bestandteile jener Atmosphäre der Freiheit gewesen, die den Kluster so lebendig gemacht hatte. Nun äußerte sich offene Panik in verhüllten Drohungen, und dann, am schlimmsten von allem, kamen verräterische Codes. Aus dem ganzen System entlud sich lange aufgestauter Druck auf Z-K.
    Die Angebote und Drohungen schaukelten sich hoch, bis die verängstigten Cliquen von Z-K beinahe im Bürgerkrieg lagen. Entführte Hunde kontrollierten die Röhren und Gänge, Werkzeuge der Machteliten, die durch ihre Angst grausam wurden. Böse Scheingerichte nahmen Dissidenten ihren Status und ihren Besitz. Viele gingen in die Discreets.
    Erziehungskooperativen zerbrachen. Kinder mit versteinerten Gesichtern wanderten durch die Gänge

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