Zikadenkönigin
war in vierzig Jahren gräßlich gealtert und hatte sich eine graue Haut aus Fingerabdrücken und Ruß zugelegt.
Turner arbeitete allein in diesem Labyrinth aus brusthohen geschwungenen Trennwänden, wo früher eine Verschwörung importierter Schreiber und Programmierer Bruneis Öldollars verschleudert hatte. Er tippte die überspielte Modem-Software in einen IBM-Computer ein. Er war fest entschlossen, Amerika anzurufen und das Fließband aus der Steinzeit zu holen.
Die Werft stank nach heißem Kunstharz, als die Crew sich an die Arbeit machte. Die Roboter waren hydraulische Einarmige, im Grunde nichts weiter als bessere Teewagen mit Kugelgelenken in den Manipulatoren. Turner hatte es geschafft, sie zu primitiven Hilfsarbeiten abzurichten: sie konnten Holz spalten, Leim rühren und schwere Holzbündel schleppen.
Aber bisher mußten Menschen die Hauptarbeit übernehmen. Sie leimten die langen, geschälten Holzbretter zu starken mehrschichtigen Spanplatten zusammen. Die angefeuchteten Platten wurden dann zu Schiffsrümpfen und Aufbauten gebogen und mit Heißdampf auf Preßformen fixiert. Dann wurden die Spalten versiegelt und beschichtet, und schließlich malten die Arbeiter glückbringende Augen auf den Bug.
Bislang hatte die Werft nur ein sechs Meter langes Boot hervorgebracht. Aber auf den Reißbrettern existierten schon Serien schwimmender kampongs in der Größe von Frachtern, segelgetriebene Trimarane für das offene Meer mit verglasten Gewächshausdecks.
Die Schiffe würden wie die meisten Dinge in Brunei billig und langsam werden, aber Turner glaubte, daß sie ganz brauchbar würden. Träge goldene Nachmittage im tropischen Meer, reichlich frische Früchte. Die Mühe schien irgendwie sinnlos, aber wenigstens würde Bruneis Isolation von der restlichen Welt durchbrochen, und das Land würde den Keim einer Handelsflotte erhalten.
Der Vorarbeiter, ein munterer alte Chinese namens Leng, rief Turner aus der Werft etwas zu. Turner speicherte sein Programm, stand auf und blickte durch die Glaswand des Büros hinunter. Der Industrieminister war gekommen. Er machte ein altes Fiberglas-Schnellboot fest, in das nachträglich gerippte Lateinsegel eingebaut worden waren.
Turner eilte leise stöhnend hinunter und erwartete, wieder einmal zu einem onkelhaften Vortrag eingeladen zu werden. Aber der Minister hatte seine Zen-Gelassenheit verloren. Er kam fast unmittelbar zur Sache und hielt nur inne, um dankbar etwas Kokosmilch vom Vorarbeiter anzunehmen.
»Seine Hoheit der Sultan«, sagte der Minister. »Irgend jemand hat ihm wegen dieser Roboter einen Floh ins Ohr gesetzt. Er will die Werft besichtigen.«
»Wann?« sagte Turner.
»In zwei Wochen«, sagte der Minister. »Vielleicht auch drei.«
Turner dachte darüber nach und lächelte. Er glaubte, daß die Prinzessin dahintersteckte und fühlte sich geschmeichelt.
»Ich muß schon sagen«, sagte der Minister, »für einen Mann, der am letzten Freitag noch eine Katastrophe vorausgesagt hat, scheinen Sie ziemlich erfreut.«
»Ich habe einen weiteren Teil des Handbuchs gefunden«, log Turner gewandt. »Ich hoffe, bald wirkliche Verbesserungen erreichen zu können.«
»Ausgezeichnet«, sagte der Minister. »Erinnern Sie sich an den Prototyp, über den wir gesprochen haben?«
»Das Modell im Maßstab eins zu vier?« sagte Turner. »Tuan Minister, selbst als Miniaturausgabe wird das noch ein fünfzehn Meter langer Trimaran.«
»Um so besser. Wie wär's damit? Glauben Sie, Sie könnten ein paar Blaupausen rumwerfen und die Roboter durch die Gegend scheuchen und Leim und Sägemehl verteilen?«
Politik, dachte Turner. Er bedachte den Minister mit einem Böser-Cop-Blick. »Sie meinen so was wie ein Potemkinsches Dorf. Wollen Sie nicht, daß das Schiff wirklich gebaut wird?«
»Ich wüßte nicht, was meine Potenz damit zu tun hat«, sagte der Minister beleidigt. »Es ist eine Staatsangelegenheit. Wir lassen ein Filmteam kommen. Natürlich soll das Schiff gebaut werden. Ich will nur, daß es beeindruckend aussieht, das ist alles.«
Beeindruckend, dachte Turner. Klar. Wenn Seria zusah, warum nicht?
Glücklicherweise lag der Frachter aus Panama noch im Hafen. Er würde erst Mittwoch in See stechen. Bewaffnet mit neuer Software unternahm Turner um zweiundzwanzig Uhr einen neuen Angriff. Er erwischte einen brasilianischen Telefonsatelliten und schaltete sich nach Detroit durch.
Der Empfang war mies, und Doris war inzwischen zweimal umgezogen. Er fand sie schließlich
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