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Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid

Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid

Titel: Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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drückte ihm zwei der rötlichen Banknoten in die Hand. „Der eine Schein ist für dich, der andere für den, der die Karte gemalt hat, verstanden?“ Der Abschied ging so nüchtern über die Bühne, wie ihre Begegnung begonnen hatte. Stood hatte lange genug gewartet. Er war voller Unruhe, wollte endlich wissen, ob die Spur heiß war oder ob er von neuem mit der Suche beginnen musste. Außerdem ging es auf den Abend zu, und er wollte den britischen Forscher auf jeden Fall noch sprechen, ehe dieser sich zu Bett legte.

2
    Wo das verzeichnete Hotel zu finden war, wusste er. Zwar hatte er sein Quartier bei der Konkurrenz aufgeschlagen, doch das Rupsha International gehörte zu den großen Gästehäusern der Stadt. Da es noch gut und gerne drei Kilometer bis dorthin waren, nahm er sich eine Motorrikscha, eines dieser kleinen, blaugelb bemalten, dreirädrigen Autos, die verbeult und abgeschrammt durch die engen Straßen tuckerten. Während er die sauren Abgase des vor ihnen herfahrenden Omnibusses einatmete, zerknüllte er das Papier mit der unlesbar gewordenen Karte und warf es auf die Straße hinaus.
    Ja, das Foto, das er vor etwa drei Jahren geschossen hatte … Darauf war jetzt auch nichts mehr zu erkennen, und dennoch trug er es noch immer bei sich, ganz gleich, in welche Himmelsrichtung es ihn verschlug. Das Bild war schon mit ihm am Baikal-See gewesen, in der Sahara und in Feuerland. Hitze, Kälte und Feuchtigkeit hatten es blind werden lassen. Nun war es eine Art Talisman, ein Glücksbringer. Er bewahrte es in einem der vielen Fächer seiner Brieftasche auf, und wenn er nachts nicht schlafen konnte, nahm er es hervor und stellte sich vor, die Frau wäre noch immer darauf zu sehen, dieses wundervolle Geschöpf, eine der schönsten Schönen, auf die er seine Blicke je gelegt hatte.
    Sie war ein Geschenk gewesen, wenn auch nur für eine Nacht.
    Miura, der Japaner, mit dem er damals ins Geschäft gekommen war, hatte sich nicht lumpen lassen. Sie hatten sich in Deutschland getroffen, in einem Nobelrestaurant in Frankfurt. Miura war eigens angereist, um die Ware persönlich entgegenzunehmen. Der etwas nervös wirkende Japaner mit der hohen Stimme hatte nach dem Dessert dreißigtausend Dollar in bar aus der Tasche gezogen und dem Amerikaner das Geld unter dem Tisch zugesteckt, noch fünftausend mehr, als man zunächst abgesprochen hatte. „Ich bin sehr zufrieden“, hatte der Asiate in unnatürlichem Englisch gesagt. „Wenn Sie mir verraten, in welchem Hotel Sie heute logieren – und unter welchem Namen –, dann werde ich mir erlauben, Ihnen noch eine kleine Aufmerksamkeit zum Dinner zu schicken.“
    Eigentlich war es immer Stoods Maxime gewesen, keine unnötigen Informationen auszuplaudern. Doch die Großzügigkeit des Japaners ließ ihn in diesem Fall seine Vorsicht vergessen, und er sollte nicht bereuen, dass ihn seine Neugier auf die „kleine Aufmerksamkeit“ dazu verführt hatte, Miura seine Hoteladresse zu geben.
    „Klein“ war sie tatsächlich und die „Aufmerksamkeit“ in Person …
    Gegen zwanzig Uhr erhielt er einen Anruf von der Rezeption, eine junge Dame wolle ihn sprechen. Er ließ sie aufs Zimmer kommen – und erlebte einen einzigartigen Abend und eine unvergessliche Nacht mit einer bezaubernden Blüte Japans. Sie verriet ihm nicht, wie sie hieß und woher sie kam, doch ihre Zärtlichkeit und Hingabe schien so aufrichtig zu sein, dass man sich nicht vorzustellen vermochte, ihre Gunst könne käuflich zu erwerben sein. In den Ruhepausen, die sie ihm gönnte, fragte er sich, was sie wohl gekostet haben mochte, und als er erschöpft und befriedigt in einen leichten Schlummer fiel, träumte er von einem Gespräch mit Miura, in dem ihm der Japaner verriet, für die Nacht mit der namenlosen Schönen hätte er weit tiefer in die Tasche greifen müssen als für den Betrag, den er ihm unter dem Tisch übergab.
    Als der Morgen anbrach und an ihrem Verhalten zu spüren war, dass die ihr abgekaufte Zeit sich allmählich dem Ende entgegenneigte, fragte er sie, ob er sie ablichten dürfe. Zunächst zierte sie sich, doch schließlich willigte sie ein. Er sei sehr höflich gewesen, erklärte sie, und habe die Leistungen, die der Preis einschloss, nicht alle in Anspruch genommen, also müsse sie ihm diesen Wunsch erfüllen. Da er keine Kamera bei sich hatte, eilte er in das kleine Geschäft hinunter, das dem Hotel angeschlossen war, und fand dort nur eine dieser klobigen Sofortbildkameras.
    Als er keuchend auf

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