Zimmer d. Wahrheit - Schatzjäger - Zelluloid
„Ja, ja, ich habe Dr. Fryers’ Aufschriebe“, gestand er, ohne sich dabei wohl zu fühlen. „Aber ich habe ihn nicht getötet.“
„Das sagten Sie gestern schon.“ Sie sortierte die Bücher auf dem Fußboden, stellte wieder einen Stapel zusammen und reichte ihn dem Amerikaner. „Neben die anderen!“
„Ich brauche Hilfe. Dr. Fryers ist auf einige Begriffe gestoßen. Sie sind ihm in diesem Land zu Ohren gekommen, scheinen aber nicht Bengali zu sein. Wie kann ich Übersetzungen dafür bekommen?“ Er sah sie eindringlich an, aber sie bedeutete ihm streng, die Bücher einzuräumen.
„Fragen Sie viele Leute“, riet sie ihm. „Irgendeiner wird die Bedeutung schon kennen.“
Wütend warf er die Bücher ins Regal. „Ihnen ist sehr wohl klar, dass diese Methode für mich nicht zur Disposition steht. Behandeln Sie mich nicht wie einen Idioten!“
„Wenn ich Sie nicht so behandle, wie Sie gerne behandelt werden möchten, könnte das vielleicht daran liegen, dass Sie nicht aufrichtig zu mir sind“, erwiderte sie, während sie ihm weiter ihre hübsche Kehrseite zuwandte und in der Bücherkiste kramte. „Was genau wollen Sie wissen?“
Tyron Stood ging im Raum auf und ab. Dann blieb er ruckartig stehen. „Gut, einverstanden. Können Sie herausfinden, was ‚Asota Shuram’ bedeutet? Steht es vielleicht in einem Ihrer Bücher?“ Er machte eine Handbewegung, die die hohen Regale des schmalen Raumes alle einschloss.
„Asota Shuram? Was für eine Sprache ist das?“
„Ich weiß es nicht, verdammt! Es könnte ein Wort … aus den Sundarbans sein.“ Ein Rinnsal aus Schweiß lief ihm den Rücken hinab. Er war dabei, dieser Frau Dinge zu verraten, die er hatte geheim halten wollen. Dabei kannte er noch nicht einmal ihren Namen, und bei weitem das Einzige, was ihm an ihr behagte, war ihr Körper …
„Ich glaube, Asota ist etwas Angenehmes, etwas Wertvolles“, sagte sie ungewöhnlich zögernd, nachdenklich, wie es schien. „Es würde mich nicht wundern, wenn man es ungefähr übersetzen könnte mit … Schatz.“
Stood fiel buchstäblich die Kinnlade herunter. Ihm wurde heiß und kalt zugleich. Was sie sagte, ging nicht nur in die gleiche Richtung wie das, was Dr. Fryers herausgefunden hatte (und untermauerte damit die Richtigkeit seiner Studien), es würde das aufgeweckte Mädchen auch unweigerlich darauf bringen, was er, Stood, hier suchte. Einen Schatz! Schatzjäger waren bei den Menschen meist nicht sehr beliebt, deshalb outete er sich normalerweise nicht. Er hatte sich vorgenommen, sich einen Forscher zu nennen, falls er nach seinem Beruf gefragt wurde. Das konnte er nun wohl vergessen.
Er riss sich zusammen. „Und was bedeutet Shuram?“
Sie starrte eine Weile in die Luft. „Das Wort sagt mir nichts“, meinte sie dann.
„Könnte es eine negative Bedeutung haben? Wäre es möglich, dass es eine Gefahr bezeichnet, eine Warnung sozusagen?“
„Natürlich ist das möglich. Ich sagte schon, ich kenne das Wort nicht.“
Stood ließ die Schultern sinken. „Ich verstehe.“ Er wandte sich zum Gehen. Er musste die Sache noch einmal überdenken, ehe er sich verplapperte und dieser wildfremden Buchhändlerin den letzten Rest auch noch verriet.
„Übrigens“, sprach sie ihn an, als sie sah, dass er ihren Laden verlassen wollte. Seine Hand lag schon auf der Klinke. „Ich habe gestern die Polizei gerufen, wie Sie mich baten.“
Stood war überrascht. „Das haben Sie getan? Und … Sie haben mich nicht verpfiffen?“
„Verpfiffen? Was wollen Sie damit sagen? Ich denke, Sie haben den Doktor nicht getötet?“
„Nein, nein, na-natürlich habe ich ihn nicht getötet.“
Sie blickte ihn mit tiefem, feierlichem Ernst an und sagte ohne jeden Spott: „Sehen Sie, dann habe ich ja richtig gehandelt.“
Verwirrt trat er auf die Straße hinaus, wo ihn wieder einmal alle Leute anzustarren schienen.
5
Einen großen Teil des Tages verbrachte er erneut auf seinem Hotelzimmer über dem Manuskript brütend. Sein Stimmungsbarometer sank und sank. Als er am Nachmittag zwei Käfer in seinem Bett fand, rief er den Zimmerservice und machte den armen Kerl nach Herzenslust zur Schnecke. Dann ging er aus dem Haus und ließ sich durch die Stadt treiben. In einem kleinen Restaurant bestellte er zum Erstaunen des Kellners gleich zwei Portionen Biryani – scharf gewürzten Reis mit Fleisch. Das meiste davon ließ er stehen und kehrte nach weiterem sinnlosem Herumirren wieder in sein Hotel zurück.
Beim Durchqueren
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