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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
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Emerenz antwortet nicht, und fragt auch nichts Neues. Beunruhigt drehe ich mich um und sehe doch tatsächlich, wie sie mit ihren Räucherfischfingern in dem Seidenpapier des halb ausgepackten Pakets herumzupft.
    »De… Do. . Dolze und Gabana! Ja, da schau her!«
    Ich fahre dazwischen, kann die Emerenz aber nicht mehr daran hindern, den Schuhkarton ganz zu öffnen.
    »Gibst du her!«, rufe ich empört.
    Gegen die Neugierde von der Emerenz ist der Schnappreflex vom Chiemseehecht ein Daumenlutschen. Und sie schaut mich von unten an mit ihren zusammengekniffenen Schweinsäuglein, eine Sensation witternd.
    »Sind die für dich? Da werns aber schaun, die Leut, wennst du in solchene Stöckelschuh an Fisch verkaufst, gell?«
    »Das geht dich gar nichts an! Das ist mein Geschenk. Und das sind genügend Fischfilets für heute. Danke!«
    Ich bugsiere die Emerenz energisch Richtung Küchentür, auch wenn sie die Fischfinger abspreizt wie eine Ente die Schwimmhäute, und haue die Tür hinter ihr zu. Noch eine halbe Stunde bis die Aushilfe kommt, und keine Spur von meinem Vater. Ich nehme mir trotzdem kurz die Zeit, die neuen Schuhe vor mich hinzuhalten und gebe der Emerenz total recht. Sandalen mit breiten goldenen Lederriemen, sauhoch, und mit knallroter Sohle. Total überflüssiges Schuhwerk.
    »Die Sandalen sind von der letzten Fotoproduktion – so große Füße wie du hat sonst niemand. Damit mal ein bisschen Farbe in deine Garderobe kommt! Ich drück Dich. Fränzi.«
    Netter Versuch. Manchmal frage ich mich, ob das Hochglanz-Getue in Fränzis Verlag sie total vergessen lässt, wo sie eigentlich herkommt – sie müsste doch wissen, dass ich mich hier mit solchen Schuhen komplett zum Wolperdinger mache. Und dass sie als mein Zwilling genauso große Füße hat wie ich. Ich verstecke das Paket im unteren Teil des großen Küchenbuffets, schüttle den Kopf und greife mir die nächste Renke.
    Die erste Räucherfischsemmel des Tages geht wie immer zur Hälfte an mich, zur Hälfte an den Blasi, unseren schwarzen Kater mit der weißen Nase und den weißen Pfoten, der ungefähr die gleiche Figur hat wie Ottfried Fischer in Irgendwie und Sowieso , ein Sir Quickly der Katzenwelt sozusagen. Der zarte Fisch ist noch handwarm, die Semmel auch, und die Meerrettichsahne bitzelt in der Nase: Das schmeckt auch im größten Stress einfach saumäßig gut. Ich wische mir die Brösel meines Katerfrühstücks aus dem Mundwinkel, schaue dem gespinnerten Blasi zu, wie er an der Semmel schleckt, als wäre Meerrettich für eine Katze das Allerfeinste überhaupt und bedaure zum ersten Mal, dass ich nicht weiß, wo mein Papa seine Nopi-Vorräte aufbewahrt. Nach dem Streit mit der Emerenz würde ich zu gerne meinen Rausch von heute Nacht ein wenig aufwärmen, wenn ich schon nicht die Zeit habe, um mich endlich ins Bett zu legen. Und dafür reicht die Dosis, die ich meinem Vater heute Morgen abgenommen habe, garantiert nicht. Aber ich kann jetzt unmöglich zu Schwester Sebastiana, um mir einen Klosterlikör zu besorgen. Ja, unmöglich. Zu peinlich, und zeitlich auch gar nicht drin. Außer natürlich, ich geh jetzt sofort.

Schwester Sebastiana sortiert vor dem Laden Ansichtskarten in die Ständer ein, die Ärmel ihrer schwarzen Tracht bis zum Ellbogen zurückgeschlagen. Wie angenehm, dass manche Menschen noch da sind, wo man sie erwartet, und nicht auf dem See herumgurken, hinter Hecken auftauchen und einem unter Vortäuschung von Hilfsbereitschaft in den eigenen vier Wänden nachspionieren. Obwohl sie jeden Tag ab halb fünf auf den Beinen ist, sieht die Benediktinerin im Gegensatz zu mir total ausgeruht aus. Schnapsproduktion und Klosterleben scheinen ein echter Jungbrunnen zu sein. Sebastianas Gesicht leuchtet, als würde davor ein warmes Teelicht brennen, und es ist mir total vertraut, weil Schwester Sebastiana im Gegensatz zur Emerenz ziemlich oft auf uns Zwillingsmädels aufgepasst hat.
    »Setz dich, mein Engelchen! Möchtest du ein Druidenwasser?«
    Schwester Sebastiana deutet auf die weiß lackierte Bank neben den Kirchenmusik-CDs und bringt mir ein Teeglas mit einer klaren Flüssigkeit, in der ein paar Blätter schwimmen.
    »Mit Misteln. Wirkt Wunder!«
    Schon immer insgeheim davon überzeugt, dass diese Frau Miraculix in Gestalt einer Benediktinerschwester ist, probiere ich gehorsam einen Schluck von dem heißen Zeug, setze mich aber nicht.
    »Eigentlich wollte ich nur einen No…«
    Moment mal. Nonnenpisse ist hier nicht der richtige

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