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Zipfelklatscher

Zipfelklatscher

Titel: Zipfelklatscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hohner
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immer gleichen Kulisse fischt. Aber noch ist es nicht so weit. Ich mag es nicht einmal, wenn mein Vater mitfährt, denn auch er ist ein fürchterlicher Gschaftlhuber [29] , der mich ständig verbessert: »Etzad pass halt auf, du stehst aufm Seil, pass auf, jetzt haut’s di glei eini, ned so vui Gas, mehr Gas, frühers hamm wir die Netz auch mit ohne dem GPS gfunden.« Ganz bestimmt hätte er die Fischerei lieber an einen Sohn übergeben, obwohl er mir das nie so ins Gesicht gesagt hat, um dann mit seinem tollen Sohn tolle Männergespräche führen zu können im Boot. Aber nach den Zwillingsmädels war bei meiner Mama Schluss mit der Familienplanung.
    »Du hast deine zwei Mädln, Boni, mach was draus!«, habe ich sie einmal durchs offene Kinderzimmerfenster zu meinem Vater sagen hören, in einem der seltenen Momente, als sie beide nebeneinander auf der Bank neben der Haustür hockten. Ab diesem Tag jedenfalls hatte mein Vater kapiert, dass bei der Mama der Laden zu war, jedenfalls was die Produktion eines Juniorfischers anging. Und mein Vater machte was draus. Ich erinnere mich, dass er mich, die Erstgeborene, ab da immer ermutigte, noch eine Portion mehr zu nehmen, was bei der Kochkunst der Mama eine ziemliche Herausforderung war. Und weil ich ihm immer ohne Aufforderung alle leeren Benzinkanister an der Zapfsäule neben dem Feuerwehrhaus auffüllte, kam er eines Abends in mein Zimmer, küsste mich auf die immer noch nach Benzin riechende Wange und sagte: »Vielleicht hätt’st du doch das Zeug zur Fischerin. Manchmal bist a besserner Bua, als ein Bua ein Bua sei kannt.«
    Manchmal . Ich erinnere mich, dass ich dieses Lob als zu halbherzig empfand und deshalb tief beleidigt beschloss, nicht das zu tun, was er von mir erwartete und Jahre später an die Uni ging. Weil ja auch die fleißige Mama da war, und der Papa noch so fit, und ich nicht wusste, wo ich denn da eigentlich meinen Platz hatte. Na ja, und dann kam alles anders, und mein Vater hielt sich am Grab von der Mama an mir fest und sagte nur: »Ich brauch dich, Kati, ich brauch dich. Ohne dich geht’s bei mir nimmer weiter, und mit der Sonnfischerei auch nimmer. Ich will nicht zusperren, und ich will mir keinen Fremden ins Haus holen. Kommst?«
    Bis heute warte ich darauf, dass er noch einmal zu mir ins Zimmer kommt und zugibt, dass ich ein besserer Sohn bin, als ein Sohn sein könnte, weil ich nämlich ein Frau bin und ihm deshalb auch noch den Haushalt schmeiße, dem schludrigen Herrn Sonnfischer senior.
    Das Netz bleibt mir an einem der Haken hängen, die an die rechte Bootsseite geschweißt sind, und ich reiße ein armlanges Loch hinein, weil ich viel zu schnell unterwegs bin. Wenn ich mein sauteures Doppel-Netz nicht vollends ruinieren will, dann muss ich mich endlich entspannen, denn hektisch fischen geht nicht. Ich stelle den Motor aus, halte das Netz fest, und denke erst einmal in Ruhe nach. Denn so wie es aussieht, muss ich sowieso nur so viele Renken fangen, wie ich im Biergarten verkaufen kann. Weil ich nämlich seit heute Nacht gar keinen Großkunden mehr habe.
    Die SMS meiner Schwester sehe ich erst daheim, aber beim Lesen hebt sich meine Laune augenblicklich, und ich bin mir sicher, dass sich das Fischen bald wieder lohnen wird:
    Heute um sieben kommt der Beitrag über dich!
    Denn dieser Beitrag wird bestimmt den David und den Zoran wieder davon überzeugen, dass ich eine ernstzunehmende Geschäftsfrau bin. Es wundert mich nur, dass der Hubsi mir nicht Bescheid gesagt hat.
    »Hat eigentlich der Mann vom BR mal angerufen und gesagt, dass der Beitrag heute gesendet wird?«
    »Bei mir ned«, brummelt meine Vater und sticht mit seinem Taschenmesser an einem kleinen Päckchen herum. »Und was ist jetzt des?«
    Er wurstelt in rosa Seidenpapier herum und zieht einen iPod heraus, kaum größer als sein rechter Zeigefinger. Lackweiß und mit pinken Ranken und Schmetterlingen verziert.
    »Schau, schau!«, ruft er aufgeregt, und will den iPod erst mir unter die Nase halten, besinnt sich dann eines Besseren und wendet sich an den Michi-Mike, der übertrieben begeistert nickt. »Super, Boni. Kannst damit umgehen?«
    »Logisch. Wennst mir sagst, was des is, kein Problem.«
    »Da spielen wir dir deinen Grönemeyer drauf, gell, Papa? Dann bist du maximal flexibel und kannst deine Musik immer und überall hören«, werbe ich für das neue Gerät, und der Michi-Mike nimmt ihm das kleine Ding aus den großen Fischerpratzen.
    »Schau, da drückst drauf, aber nur

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