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Zirkus zur dreizehnten Stunde

Zirkus zur dreizehnten Stunde

Titel: Zirkus zur dreizehnten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassy Fox
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Zischen erklang. Jack senkte die Lider. Mary konnte nur erahnen, was in ihm vorging. Sie hatte nicht alles mitbekommen, aber sie hatte gesehen, dass diese Faith Jack abgelehnt hatte. Es nagte augenscheinlich an ihm. Mary spürte, dass etwas in ihm zu zerbrechen begann. Etwas, das sie ohnehin hatte vernichten wollen, damit er ganz ihr kleiner Junge wurde.
    Langsam setzte er sich in Bewegung. Immer noch etwas schwankend. Er ging mit schleppenden Schritten auf den Tisch zu und blickte auf den Körper. Jack sah sich jedes Detail genau an. Vorsichtig begannen seine Finger das Innenleben zu erkunden. Er prägte sich offensichtlich alles genau ein.
    „Willst du es wieder zusammensetzen?“, Mary ging zu ihm. Die Freude musste sich in ihrem Blick widerspiegeln. Sie hatte sich lange nicht mehr so glücklich gefühlt.
    Einen Augenblick sah Jack sie an, dann folgte ein zaghaftes Nicken.
    Sofort holte Mary die Gläser wieder herbei. Nach und nach holten sie die Organe heraus und der Schüler setzte nach Marys Anweisungen alles an Ort und Stelle wieder ein.
    Es dauerte nicht lange und Jack hatte sich augenscheinlich alles genau eingeprägt. Wie von Sinnen arbeitete er daran.
    Jack war nicht mehr von dem Körper wegzubekommen. Immer und immer wieder begann er aufs Neue. Sein Ehrgeiz war unglaublich und erfüllte sie mit Stolz.
    Mary beobachtete ihn und ein zufriedenes Lächeln schlich sich auf ihre Lippen. Er hatte das Mädchen schon vergessen, hatte eine neue Liebe entdeckt, eine wahre Liebe.
    Bald ging Mary mit Jack wieder nach draußen. Sie hüllte ihn in einen langen Mantel, setzte ihm einen Hut auf und versteckte seine Gestalt darunter. Dann führte sie Jack durch einige Straßen und Gassen. Er musste neues Material bekommen. Er musst mehr lernen, noch besser werden. Seine Talente mussten gefördert werden.
    „Was tun?“ Der Junge wurde ungeduldig.
    „Nur mit der Ruhe, Jack.“ Mary lächelte. Unter ihrem eigenen Mantel zog sie ein ledernes Etui heraus und gab es Jack. „Hier ist ein Geschenk für dich. Du wirst es gut gebrauchen können.“ Sie hatte diese Werkzeuge früher selbst benutzt, hatte sie gehegt und gepflegt. Jetzt war es an der Zeit, sie an ihren Sohn weiterzugeben. Er brauchte schließlich richtiges, gutes Werkzeug, nicht nur einfache Messer.
    Etwas skeptisch nahm Jack das Bündel entgegen und rollte es vorsichtig aus. Scharfe Skalpelle und Klingen in unterschiedlichen Größen kamen zum Vorschein. Als hätte man das Handwerkszeug eines Arztes und eines Lederers zusammengepackt. Jacks Augen wurden groß. Das Licht, das sich auf den feinen Klingen brach wurde von seinen Augen aufgefangen und verstärkt widergespiegelt. Seine Finger strichen sanft über die Griffe und folgten dem Stahl.
    „Komm mit, mein Junge.“ Mary drehte sich mit einem Lächeln um. „Ich zeige dir noch einmal, woher du ausreichend Material bekommst.“ Sofort war er an ihrer Seite, griff nach ihrer Hand und folgte ihr.
    Die beiden schlenderten durch die Straßen. Überall standen Frauen an den Ecken, zeigten ihre Reize und versuchten, jedem Mann damit zu imponieren.
    „Was tun?“, zischte Jack nach einer Weile. Ihm war dieses ständige Anbiedern offensichtlich zuwider. Er war wahrlich ihr Sohn.
    „Nur Geduld.“ Mary winkte ihm und die beiden folgten einigen Straßen, die noch mehr im Schatten lagen. Ein paar Ecken weiter trafen sie auf eine leere Kutsche. Eine dürre Gestalt saß auf dem Kutschbock und regte sich nicht. Erst als die Frau einstieg und mit einem Klopfen signalisierte, dass sie bereit waren, fuhr der Wagen los. Holpernd ging es über das Pflaster.
    „Hör zu, mein Junge“, sie lehnte sich zurück, „es ist wichtig die richtige Wahl zu treffen. Du musst schnell sein. Sie dürfen nicht schreien, wie beim letzten Mal, verstehst du? Dann kannst du mit ihnen machen, was du willst.“
    „Wen?“, fragte Jack und ein Leuchten trat in seine Augen. Er schien immer aufgeregter zu werden.
    „Es gibt sehr viele leichte Mädchen.“ Mary beugte sich vor und lachte. „Wir wählen sie, denn sie können sich nur schwach wehren und sie sind …“
    „Frauen!“, ein Zischen und Fauchen kam aus Jacks Kehle noch bevor Mary ausgesprochen hatte. „Frauen schlecht!“
    „Die meisten Frauen sind schlecht. Richtig.“ Mit einem zufriedenen Seufzen lehnte sich Mary wieder zurück. „Ihr Zweck auf Erden ist begrenzt.“
    Jack beschäftigte sich mit seinem Geschenk. Die Klingen tanzten in seiner Hand als hätten sie ein Eigenleben.

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